Der Vorstand der Kulturpolitischen Gesellschaft hat die Ankündigung des Rundfunks Berlin Brandenburg (RBB), zum Jahresende den Betrieb von Radio Multikulti einzustellen, mit Bestürzung zur Kenntnis genommen. Er wendet sich entschieden gegen das Vorhaben von RBB-Intendantin Dagmar Reim, ein bundesweit einmaliges Radioprogramm für die multikulturelle Vielfalt der Hauptstadt aus vermeintlichen Kostengründen auslaufen zu lassen.
Präsident Prof. Dr. Oliver Scheytt erklärte dazu: „Finanzielle Sachzwänge dürfen kein Ersatz für fehlende kulturpolitische Argumente sein, zumal das Einsparungspotenzial im keinem Verhältnis zum integrativen Nutzen von Radio Multikulti steht. Berlin braucht einen eigenständigen Radiosender, der die kulturellen Belange der zahlreichen MigrantInnen und ZuwanderInnen aufgreift und zu seiner Angelegenheit macht. In dieser Hinsicht wäre auch die ersatzweise Übernahme des WDR-Programms von »Funkhaus Europa« keine Alternative.“
Im Europäischen Jahr des Interkulturellen Dialogs und nicht einmal 6 Monate nach Verabschiedung des Nationalen Integrationsplans – so Scheytt weiter – werde mit der Entscheidung des RBB ein kulturpolitisches Zeichen gesetzt, das den zahlreichen integrationspolitischen Bemühungen von Bund, Länder und Kommunen einen Schlag ins Gesicht versetze. Er frage sich, wie man kulturelle Vielfalt als gesellschaftlichen Reichtum begreifen und deren Gestaltung als öffentliche Aufgabe definieren könne, „wenn man gleichzeitig zentrale Medien für interkulturelle Teilhabe und Kommunikation einstellt?“
Bereits im Jahre 1995, ein Jahr nach der Gründung von »SFB 4 Multikulti«, dem später vom Rundfunk Berlin Brandenburg weitergeführtem Programmangebot, erhielt der damals wie heute vorbildliche Sender den »Kulturpreis der Kulturpolitischen Gesellschaft« für sein beispielhaftes Wirken in der multiethnischen Gesellschaft. In der damaligen Begründung für die Preisvergabe heißt es: „Radio Multikulti ist in umfassendem Sinn ein Modell für eine zeitgemäße Medienpolitik in einer multikulturellen Gesellschaft. Es gibt heutzutage keine Alternative zur kulturellen Vielfalt unserer Gesellschaft. Nicht ob sie sein soll, ist die entscheidende Frage, sondern wie wir sie gestalten wollen.“
Dieser kulturpolitische Gestaltungsauftrag ist für die Kulturpolitische Gesellschaft heute so aktuell wie vor 13 Jahren, wenn nicht aktueller. „Um ihn verantwortungsvoll wahrnehmen zu können, braucht es engagierte Journalisten und »Gesinnungstäter«, die aus eigener Erfahrung wissen, was kulturelle Vielfalt bedeutet, wo die Probleme damit, aber auch die Chancen dabei liegen. Diese Menschen haben bei Radio Multikulti eine effektive Wirkungsstätte gefunden – und ihre Hörerinnen und Hörer ein einmaliges interessantes Programmangebot“, erklärte Oliver Scheytt.
„Beides darf nicht wegen finanzieller Engpässe infragegestellt werden. Hier gilt es, Prioritäten zu setzen. Deshalb appellieren wir eindringlich an alle Verantwortlichen, Radio Multikulti zu erhalten und weiterzufühen.“
Die Kulturpolitische Gesellschaft e.V. ist ein bundesweiter Zusammenschluss von z.Zt. ca. 1.400 kulturpolitisch engagierten Mitgliedern aus den Bereichen Kulturarbeit, Kunst, Politik, Wissenschaft, Publizistik und Kulturverwaltung. 1976 von reformorientierten KulturpolitikerInnen gegründet, setzt sie sich für eine aktive Kulturpolitik ein, die kulturelle Vielfalt und künstlerische Freiheit als Grundlagen einer demokratischen multikulturellen Gesellschaft sichert und möglichst vielen Menschen den Zugang zu Kunst und Kultur ermöglicht.
Absätze
Quelle
http://www.kupoge.de