Jörg Löwer, Präsident der GDBA, und Tobias Könemann, Geschäftsführer der VdO, erklären:

Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung das Tarifeinheitsgesetz gebilligt. Damit ist der Kunstfreiheit in Deutschland ein weiterer Bärendienst erwiesen.

Das Gesetz würde, sollte es in Kraft treten, das Ende des deutschen Ensembletheaters einläuten. An vielen Häusern besteht auf mittlere Sicht die Gefahr, dass die bisher klar abgegrenzten Tarifverträge des öffentlichen Dienstes auch für das künstlerische Personal angewendet werden müssten, weil vielfach der nichtkünstlerische Bereich den größeren Anteil der Beschäftigten stellt. In der Folge würde speziell das Solopersonal – also unter anderem Schauspieler, Solo-Sänger, Tänzer, Dramaturgen, Theaterpädadogen, Regieassistenten – keine Jahresverträge auf Basis des NV Bühne mehr erhalten können, sondern nur noch kurzfristige Gast- oder Stückdauerverträge. Keine Intendanz würde die künstlerisch Beschäftigten auf kunstfernen Verträgen beschäftigen, weil sie ihr künstlerisches Konzept dann nicht mehr frei in die Praxis umsetzen könnte.

Allein die Ankündigung des Tarifeinheitsgesetzes hat an manchen Häusern ausgereicht, einen „Häuserkampf“ der Gewerkschaften loszutreten – auf dem Rücken der Beschäftigten. Die Personalfluktuation an Theatern ist besonders hoch, folglich ändern sich die Mehrheitsverhältnisse jährlich. Die Folge wäre Tarifchaos statt der angeblich gewünschten Tarifeinheit.

GDBA und VdO werden deshalb Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz einlegen. Die Interessen der Künstlergewerkschaften vertritt Bundesjustizministerin a. D., Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin.

Das Gesetz, das schon am 1. Juli in Kraft treten soll, braucht allerdings noch die Unterschrift des Bundespräsidenten. Wir fordern Joachim Gauck zu einer kritischen verfassungsrechtlichen Prüfung auf.