Die Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten, das JeKits-Programm zu evaluieren und bedarfsgerecht weiterzuentwickeln. Mit über 1.000 Schulen in mehr als 180 Kommunen aus dem gesamten Bundesland und ca. 78.000 Schülerinnen und Schülern ist JeKits das größte und bekannteste Programm kultureller Bildung im Bundesgebiet. Die JeKits-Stiftung hat im Jahr 2019 eine entsprechende Evaluation an die Agentur edukatione vergeben, die sich auf die Beratung und Begleitung von Projekten und Programmen im Bereich der musikalischen Bildung spezialisiert hat. Die Forschungsergebnisse liegen nun vor.

Durchgeführt wurde die Evaluation unter Federführung von Dr. Thomas Busch von der Universität zu Köln und Prof. Dr. Andreas Lehmann-Wermser von der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, der auch Geschäftsführer der Agentur edukatione ist. Beide haben bereits an dem im Jahr 2009 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) innerhalb des Rahmenprogramms zur Förderung der empirischen Bildungsforschung aufgelegten interdisziplinären Forschungsschwerpunkt zu "Jedem Kind ein Instrument“ in Nordrhein-Westfalen und in Hamburg mitgewirkt. Die Evaluation des JeKits-Programms ist als Mixed Methods-Design ausgerichtet. So setzen sich die Daten aus einer qualitativen und einer quantitativen Erhebung zu einem komplexen Gesamtsample zusammen. Befragt wurden neben Schulleitungen und Lehrkräften der außerschulischen Bildungspartner (Musikschulen, Tanzinstitutionen etc.) und der Grundschulen auch Eltern, JeKits-Kinder sowie Akteur*innen auf kommunaler Ebene wie Kulturamtsleitungen etc. Die Daten wurden in den Monaten April bis Juli 2019 erhoben.

Die Evaluation ist in drei thematische Bereiche unterteilt, die an den drei Hauptzielen von JeKits ausgerichtet sind. Der erste Forschungsbereichbezieht sich dabei auf die Qualität der Angebote in den drei Programmschwerpunkten Instrumente, Tanzen und Singen. Dabei geht es um die Frage, in welchem Maße JeKits ästhetisches Erleben und Handeln ermöglicht. Der zweite Forschungsbereich bezieht sich auf die Teilhabegerechtigkeit: Da ästhetische Bildung in besonderer Weise von milieuspezifischen Zugängen geprägt ist und für Kinder bildungsferner Schichten hohe Zugangshürden bestehen, hat das Programm hier eine wichtige Aufgabe. Der dritte Forschungsbereich untersucht die Wirkung von JeKits in den kommunalen Bildungslandschaften.

Insgesamt hat die Evaluation ergeben, dass das JeKits-Programm von der überwiegenden Anzahl der am Programm Beteiligten für seine Leistungen in den drei genannten Forschungsbereichen sehr wertgeschätzt und in vielen Teilen als wirksam angesehen wird. Prozesse ästhetischer Wahrnehmung, Erfahrung und ästhetischen Handelns werden grundsätzlich in allen drei Schwerpunkten (Instrumente, Tanzen, Singen) initiiert. Vor allem im Schwerpunkt Tanzen werden Räume für eigenes Gestalten geschaffen. In den Schwerpunkten Instrumente und Singen sind improvisatorische Aktionsformen und das Erfinden von Musik im Vergleich zum Schwerpunkt Tanzen etwas seltener zu finden.

Insgesamt legen die Kinder bei der Teilnahme an JeKits viel Freude, Gefallen und Genuss und eine hohe Konzentration an den Tag. Auch haben sich Effekte des Künstlerischen auf das soziale Miteinander gezeigt. JeKits bietet darüber hinaus auch inklusive Chancen für Schülerinnen und Schüler. Im Hinblick auf Teilhabegerechtigkeit ergibt sich ein differenziertes Bild: Gerade Schulen in sozialen Lagen mit höherer Belastung nehmen am JeKits-Programm teil. Offensichtlich ist es für alle Akteur*innen ein wichtiges Anliegen, in diesen Schulen stark kompensatorisch zu wirken. JeKits erreicht diese Schulen also in besonderer Weise.

Insgesamt ergibt sich das Bild, dass sozial Benachteiligte mit dem kostenfreien und verpflichtenden JeKits 1 gut erreicht werden, deren Teilhabe mit dem kostenpflichtigen und freiwilligen JeKits 2 aber leider nachlässt. In den Schwerpunkten Tanzen und Singen fallen die Übergängerquoten geringer aus als im Schwerpunkt Instrumente. Trotzdem werden die verschiedenen Möglichkeiten zur Beitragsbefreiung bzw. -ermäßigung in der Regel gut angenommen. Finanzielle Schwierigkeiten bei der Teilnahme an JeKits 2 ergeben sich insbesondere für Familien mit geringem Einkommen, die nicht unter die Beitragsbefreiungen fallen. Eltern führen vor allem das Interesse ihres Kindes als Grund für einen Verbleib bzw. auch Nichtverbleib im Programm an.

Der dritte Forschungsbereich widmet sich der Fragestellung, inwieweit JeKits die institutionelle Zusammenarbeit in der Kommune beeinflusst hat und sich überdies auch berufliche Rollen, Zuständigkeiten sowie die Nutzung von Ressourcen (Raum, Personal, Finanzen) verändert haben.

Die Evaluation hat ergeben, dass Grundschulleitungen, Bildungspartner und Kulturämter generell ein größeres Ausmaß an Kooperation und Teamarbeit für Lehrkräfte durch die Tätigkeit im JeKits-Programm festgestellt haben. Die "Tandem“-Beziehung zwischen der Lehrkraft des außerschulischen Bildungspartners und der Lehrkraft der Grundschule in JeKits 1 wird als potentiell bereichernd, aber durchaus noch als inhaltlich ausbaufähig angesehen. Als besondere Verdienste des Programms benennen vor allem die Grundschulleitungen die sichtbare Freude der Kinder am Programm und positive Effekte auf die Schulkultur, auch durch viele Aufführungen. Bei vielen Befragten findet sich der Wunsch nach einem verpflichtenden zweiten JeKits-Jahr, um weiterhin möglichst lange alle Kinder einer Klasse zu erreichen. Viele Bildungspartner, Grundschulleitungen und Lehrkräfte favorisieren zudem eine Ausdehnung des derzeit auf zwei Jahre angelegten Programms über die komplette Grundschulzeit.

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