Wissen Sie eigentlich, wer Luigi Cherubini war? Selbst die Forscher stehen vor Hindernissen: Die Quellenlage für das Studium seiner Werke ist weitgehend diffus, es stehen nur wenige verlässliche Werkausgaben zur Verfügung und große Teile des Oeuvres dieses Mozart- und Beethoven-Zeitgenossen sind unbekannt. Anlässlich seines 250. Geburtstags (*14.09.1760 in Florenz) befasst sich nun ein internationaler Kongress mit dem italienischen Komponisten: Unter dem Titel „Cherubini – vielzitiert, bewundert, unbekannt“ findet die Tagung vom 25. bis 27. November 2010 im Festsaal Fürstenhaus der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar statt. Die Leitung des Kongresses hat die Weimarer Musikwissenschaftlerin Prof. Dr. Helen Geyer, die derzeit auch eine wissenschaftlich-kritische Cherubini-Werkausgabe im Simrock-Verlag herausgibt.

Verschiedene Aspekte des Cherubini-Werkes werden beleuchtet und das bisher nur in Teilen erforschte Wirken und Schaffen des Komponisten in den Fokus der Betrachtung gerückt. Die Frage nach der ästhetischen Einordnung vor allem des mächtigen Opernschaffens bildet einen zentralen Aspekt. Es werden auch Fragen zum Sublimen und Erhabenen gestellt: Diese Bereiche betreffen Kirchenmusik und Oper gleichermaßen. Aus Cherubinis umfangreichem sakralem Schaffen werden unter anderem völlig unbekannte frühe Messen vorgestellt und die späteren sinfonisch anmutenden Werke neu diskutiert.

Den Kongress flankieren eine kleine Ausstellung, die die Cherubinischen Werke in ihrer Rezeption an den mitteldeutschen Bühnen – speziell Thüringens – veranschaulichen soll, sowie drei Konzerte, in denen einige der diskutierten Werke zu hören sein werden. So erklingen in Weimar unbekannte Arien aus Cherubinis Opern, frühe Messkompositionen und einige seiner Streichquartette.

Veranstalter des Kongresses ist die Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar in Kooperation mit dem gemeinsamen Institut für Musikwissenschaft der Hochschule und der Friedrich- Schiller-Universität Jena, der Internationalen Cherubini-Gesellschaft und dem Deutschen Studienzentrum Venedig. Finanziell unterstützt wird die Tagung von der der Gerda Henkel Stiftung, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Internationalen Cherubini-Gesellschaft.

Luigi Cherubini (1760-1842) war ein außerordentlich vielseitiger Künstler und Kosmopolit. Neben seinem Wirken als Komponist und Direktor des Pariser Conservatoire betätigte er sich auch als Maler und Botaniker. Seine Werke erfreuten sich auf deutschen Bühnen großer Beliebtheit, seine Ouvertüren empfand Richard Wagner als vorbildhaft. Robert Schumann verglich seine Streichquartette mit Dichtungen Dantes, und Cherubinis Messe in d-Moll von 1811 sprengte in mancher Hinsicht die Maßstäbe der Missa Solemnis Beethovens.

Beim Kongress werden Aspekte seines Opernschaffens diskutiert: die Problematik der kritischen Auseinandersetzung mit der Kolonialisierung Südamerikas (L’Idalide), des Ifigenien- oder Démophoon-Stoffes sowie der Blick auf den bedeutenden Lehrer und Wegbereiter Cherubinis, Giuseppe Sarti. Auch das spätere französische Opernwerk (Médée/Les Abençérages) wird Gegenstand der Betrachtung sein. Ein weiteres Thema bildet eine Neubewertung der Quellen der Streichquartette. Wenig berücksichtigt wurden überdies bislang die widersprüchlichen Rezensionen von Cherubinis Kompositionen: Das Echo reichte von vorbehaltloser Bewunderung (Beethoven, Haydn, Brahms) bis hin zu harscher Kritik (Berlioz). Einen wichtigen Beitrag zu editorischen Problemen soll ein Roundtable leisten.