Am 26. Juni 2018 hat sich der Verein Freie Ensembles und Orchester in Deutschland – FREO im silent green Kulturquartier in Berlin erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.

Als Interessenvertretung auf Bundesebene setzt sich FREO für eine Verbesserung der Arbeits-und Rahmenbedingungen der professionellen freien Ensembles und Orchester ein. Ausschlaggebend ist dabei nicht ein spezifisches Genre, sondern die spezielle Organisationsform, in der die Musiker*innen selbst als Unternehmer auftreten. Dazu Michael Adick, Vorsitzender von FREO und Geschäftsführer des Mahler Chamber Orchestra: "Wir vertreten Kollektive von Musikern, die gemeinsam das unternehmerische Risiko für ihre Unternehmung tragen.“

Themen von FREO sind unter anderem die Fördersystematik, die soziale Absicherung der Musiker*innen und Fragen des internationalen Steuerrechts. Darüber hinaus wird FREO über die Arbeitsrealitäten freier Klangkörper informieren und sich im Dialog und Diskurs mit Politik und Öffentlichkeit vermittelnd und fordern für die Szene einsetzen.

Eugen Müller, Geschäftsführer der Aventis Foundation, eröffnete den Abend mit einem persönlichen Grußwort. Er hob nicht nur die Bedeutung der Freien Klangkörper als künstlerischer Innovationsmotor für die Theater- und Orchesterlandschaft hervor, sondern betonte auch die Vorreiter-Rolle dieser Organisationen für eine offene und in die Zukunft gerichtete Zivilgesellschaft.

Tobias Rempe, Vorstandsmitglied von FREO und Geschäftsführer des Ensembles Resonanzergänzt: "Die pure Exzellenz der Klangkörper, die internationale Präsenz, der Erfolg auf dem Plattenmarkt und die Innovationskraft ihrer Projekte stehen nicht nur in nichts zurück, sondern leisten darüber hinaus einen ganz eigenen, spezifischen Beitrag. Es sind sehr, sehr viele FREO in dieser Landschaft, sie leisten einen riesigen Beitrag zu Qualität und Weiterentwicklung.“

In ihrem Statement zu freien Arbeitsstrukturen und Fördersystematik wies Tanja Ratzke, Vorstandsmitglied von FREO und Geschäftsführerin des Ensembles Recherche auf den Missstand hin, dass freiberufliche Musiker und auch freiberufliche Klangkörper noch immer als "Musiker im beruflichen Übergang, z.B. in einer Phase zwischen Ausbildung und Festanstellung oder als Nebenberufler“ begriffen werden: "In den letzten 30 Jahren hat sich aber durch freiberufliche Ensembles eine feste Szene etabliert, die nicht neben- oder untergeordnet, sondern ein fester, bedeutsamer Teil der Orchesterlandschaft in Deutschland ist.“, so Ratzke.

Zum Thema Fördersystematik betonte Ratzke , dass freie Klangkörper trotz der Arbeit im Projektbetrieb gewachsene Strukturen sind, die einer entsprechenden Förderung bedürfen: "Das projektweise, experimentelle Arbeiten mit großem zeitlichen und persönlichen Einsatz ist gewollt und in Ordnung. Es braucht aber eine tragfähige Struktur, einen festen Unterbau.“ Die aktuellen Förderstrukturen auf allen Ebenen leisten diesen festen Unterbau nicht. Hier fordert FREO, über neue Modelle nachzudenken.

Andreas Bräunig, stellvertretender Vorsitzender von FREO und Justitiar und Referent des Intendanten des Freiburger Barockorchester erläuterte die Vorhaben von FREO im Bereich des internationalen Steuerrechts. Im Gegensatz zu anderen Unternehmen müssen Künstler gemäß den meisten Doppelbesteuerungsabkommen, die Art. 17 des OECD-Musterabkommen folgen, ihre Einnahmen zunächst im Auftrittsland nach den jeweils dort geltenden Regelungen versteuern, was zu immens großem bürokratischen und finanziellen Aufwand führt. Dies trifft insbesondere die FREO, da sie in besonderem Maße international tätig sind. "Allein die neun Gründungsmitglieder von FREO spielten in den Jahren 2016/2017 mehr als ein Viertel ihrer Konzerte im Ausland. Gerade den FREO fehlen aber die finanziellen Mitteln für die eigentlich notwendigen externen Spezialisten in jedem Land oder einen eigenen dafür angemessen großen Verwaltungsapparat“, ergänzt Bräunig. FREO fordert daher die Abschaffung des Art. 17 des OECD-Musterabkommen zur Doppelbesteuerung oder zumindest – dem Beispiel der Niederlande folgend – die Nichtanwendung des Besteuerungsrechts durch die Auftrittsländer.

FREO wird sich auch für den Erhalt und die Stärkung der Künstlersozialkasse (KSK) einsetzen. Bräunig betonte, dass die KSK nicht als Rettungsschirm für all diejenigen, die es nicht in eine sozialversicherungspflichtige Festanstellung geschafft haben, angesehen werden dürfe, sondern als "gleichberechtigtes, notwendiges und sinnvolles Modell neben den sozialen Sicherungssystemen für abhängig Beschäftigte, um den gesetzgeberisch anerkannten Status des freien Musikers zu erhalten.

Lena Krause, Geschäftsführerin von FREO berichtete von den bereits erreichten Erfolgen: FREO ist Gründungsmitglied der Allianz der Freien Künste (AFK) und stellt dort einen der beiden Sprecher*innen. Die AFK ist ein offener Zusammenschluss von 15 Interessenvertretungen der freien Künste. Sie agiert auf Bundesebene und hat sich mit einem umfangreichen Positionspapier an die Politik und Öffentlichkeit gewandt. FREO war außerdem als Vertreter der freien Klangkörper in den Nominierungsprozess der Deutschen Theater- und Orchesterlandschaft für die repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit involviert. FREO setzte sich in diesem Prozess u.a. für eine differenzierte Darstellung der Freien Klangkörper, die keinesfalls "lose Zusammenschlüsse“ sind, im Nominierungsdossier ein.

Im Ausblick erläuterte abschließend Michael Adick, dass FREO neben dem Anwerben von neuen Mitgliedern als nächsten Schritteine Forschungsstudie zur Geschichte der Orchesterlandschaft und der Rolle der FREO in Aufrage geben wird, um die Bedeutung von FREO mit belastbaren statistischen Material untermauern zu können. Zudem wird es darum gehen, die oben genannten Forderungen im Detail anzugehen.

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