"Die interkulturelle Kunst- und Kulturarbeit ist ein wichtiges Mittel, um aktuelle Veränderungen in der Gesellschaft besser verstehen zu können. Damit trägt sie wesentlich zu einer gelingenden kulturellen Integration bei und leistet einen essenziellen Beitrag zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Ich freue mich, dass wir in diesem Jahr landesweit 22 hervorragende interkulturelle Projekte und Kulturprojekte zur Integration und Partizipation von Flüchtlingen unterstützen können“, sagte Kunststaatssekretärin Petra Olschowski am Mittwoch (9. August 2017) anlässlich der Bekanntgabe der Programmentscheidung in Stuttgart. Förderungen gehen nach Esslingen, Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Lörrach, Mannheim, Oberkirch, Offenburg, Singen, Stuttgart, Tübingen, Ulm und Waiblingen.
"Der gesellschaftliche Wandel bringt auch eine ständige Veränderung der interkulturellen Kulturarbeit mit sich. Es freut mich daher sehr, dass sich die ausgewählten Projekte dem Zeitgeschehen und damit auch kritischen Fragen zu den Perspektiven unserer diversen Gesellschaft stellen. Dies ist ein deutliches Indiz dafür, dass sich die Kunst- und Kulturszene in Baden-Württemberg hier auf einem guten Weg befindet“, so die Staatssekretärin.
Unterstützt werden aus dem Innovationsfonds Kunst 22 künstlerische und kulturpädagogische Vorhaben, die auf partizipative Weise der besonderen Lebenssituation von Migranten und geflüchteten Menschen Rechnung tragen und die Begegnung und Vermittlung von Kulturen zum Inhalt haben. Dazu gehören insbesondere auch Kunst- und Kulturprojekte, die Kooperationen und Vernetzungen fördern, den Fokus auf Teilhabe richten sowie nachhaltige Strukturen aufbauen wollen. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst stellt hierfür knapp 400.000 Euro bereit.
Für die beiden Förderlinien "Interkultur“ und "Kulturprojekte zur Integration und Partizipation von Flüchtlingen“ lagen der unabhängigen Jury insgesamt 80 Projektanträge aus allen Kunst- und Kultursparten vor - von Theater, Musik, digitalen Kommunikationsformen, interkulturellen Bildungsformaten bis hin zu Film, Lyrik, Streetdance, interreligiösen Begegnungsangeboten und traditionellem Tanz. Ebenso vielfältig ist die Bandbreite der Zielgruppen der einzelnen Projekte, die geflüchtete Menschen, Migranten und Zuwanderer jeden Alters ebenso einbeziehen wie Einheimische ohne Migrationshintergrund.
Förderlinie Kulturprojekte zu Integration und Partizipation von Flüchtlingen
"Die Anträge zeigen, wie groß das Engagement der Kultureinrichtungen ist, sich mit den Themen Integration und Partizipation auseinandersetzen. Es freut mich besonders, dass die unterstützten Vorhaben sich bewusst gesellschaftsrelevanten Themen wie Gleichberechtigung und konfliktreichen Alltagssituationen widmen und dabei ein breites Spektrum an interdisziplinären Kunstsparten in sich vereinen “, unterstrich die Kunststaatssekretärin.
Zu den neun ausgewählten Projekten dieser Förderlinie gehört beispielsweise das Projekt "WoMen“ des Kulturzentrums Dieselstraße in Esslingen, bei dem anhand von Improvisation und Theater Gleichberechtigung und Geschlechterkommunikation thematisiert werden. In dem mutigen Freiburger Projekt "Hey!!!“ vom Theater Zerberus erarbeiten 35 junge Geflüchtete und Jugendliche aus schwierigen sozialen Verhältnissen im Rahmen der Ausbildungsvorbereitung ein Theaterstück, dessen Inhalt und Umsetzung sich an den Neigungen und aktuellen Lebenswirklichkeit der Teilnehmenden orientieren. Ein Vorhaben in Waiblingen sieht unter dem Titel "UPsideDOWN“ Diversität als Chance für persönliches und gesellschaftliches Lernen und erforscht mittels Tanz das Thema der eigenen Haltung. In Mannheim steht mit "Life Lines“ wiederum 70 Jugendlichen ein Coaching- und Workshop-Programm zur Verfügung, bei dem sowohl Subkultur, Rap, Tanz und neue Medien als auch Sprach- und Kulturkompetenzen im Fokus stehen.
Förderlinie Interkultur
"Die interkulturellen Projekte der diesjährigen Ausschreibungsrunde zeigen mit ihren spezifischen Ansätzen, dass angesichts der gesellschaftlichen Veränderungen in Europa ein gemeinsames und auf gegenseitigen Austausch basierendes kulturelles Verständnis notwendig ist, um die Herausforderungen einer von Diversität geprägten Gesellschaft zu bewältigen. Kunst und Kultur sind dabei besonders geeignet, Konflikte, Zukunftsszenarien oder Fragen des gemeinschaftlichen Zusammenlebens auf künstlerische Weise zu erarbeiten“, betonte Staatssekretärin Olschowski.
Unter den dreizehn von der Jury ausgewählten Vorhaben machten dies unter anderem das Projekt "Integration – Ein Spiel“ der Volkstheatersparte am Badischen Staatstheater in Karlsruhe auf spannende Weise deutlich, bei dem künftige gesellschaftliche Konflikte auf einer spielerischen Ebene thematisiert, provoziert und auf ihre Konsensfähigkeit hin getestet werden. In Heidelberg verfolgt die Veranstaltung der ersten "Jüdisch-Muslimischen Kulturtage“ das Ziel, mittels Kunst einen interreligiösen Dialog zu initiieren und somit die dauerhafte Vernetzung der muslimischen mit der jüdischen Community im Rhein-Neckar-Gebiet zu etablieren. Das Theaterhaus in Stuttgart will mit "Heimat X“ Künstlerinnen aus unterschiedlichen Kulturkreisen ermutigen, noch wirksamer in der Öffentlichkeit in Erscheinung zu treten. Das ZKM wiederum widmet sich bei "Open Codes - Code als interkulturelle Sprache“ ganz der Digitalisierung im interkulturellen Sinne und bietet neue Austauschformate wie einen Hackathon oder ein CodeCamp an. Im Ortenaukreis möchte der Kammerchor Oberkirch e.V. auf Basis von Michael Tippetts anspruchsvollem Oratorium "A Child of Our Time“ neue Möglichkeiten der Sensibilisierung für eine integrative, pluralistische und humane Gesellschaft eröffnen.
Weitere Informationen
Der im Jahr 2012 eingeführte Innovationsfonds Kunst ist ein wichtiger Baustein in der Kulturpolitik des Landes. Mit dem Fonds schafft die Landesregierung neue Spielräume in der Kunstszene - in sämtlichen Sparten. Die zusätzliche Förderung ermöglicht es, kulturelle Akzente zu setzen und Schwerpunkte auszubauen. Seit der Einführung des Innovationsfonds wurden insgesamt 488 Projekte mit mehr als 11,6 Mio. Euro unterstützt.
Adressaten des Innovationsfonds Kunst sind Kunsteinrichtungen und Kultur-schaffende. Antragsberechtigt sind in der Regel nur gemeinnützige Institutionen, wie Stiftungen, Vereine, öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Körperschaften, die dem Ressortbereich Kunst des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst zuzuordnen sind.
Die Jury der zweiten Ausschreibungsrunde 2017 bestand aus:
- Sabine Schirra (Kulturamtsleiterin Stadt Mannheim)
- Dr. Gertraud Kinne (Interkulturelle Trainerin und Expertin für interkulturelle Themen)
- Lucia Braß (Caritas Biberach-Saulgau Bereich Flüchtlingsarbeit und Migrationsdienst, 1. Vorsitzende Flüchtlingsrat Baden-Württemberg e.V.)
- Andreas Kern (Diplom-Sozialpädagoge und System-Coach im Bereich Kulturvermittlung und Interkultur)
- Rainer Nolte (Sozialministerium, zuständig für den Bereich Integration)