Mit einem Festakt am 21. März 2011, dem Geburtstag Johann Sebastian Bachs, begeht die Klassik Stiftung Weimar die feierliche Wiedereröffnung des Liszt-Hauses. Nach Instandsetzung und Sanierung von Dach und Fassade sowie der restauratorischen Überarbeitung der Innenräume erstrahlt Liszts Wohnhaus an der Marienstraße in neuem Glanz. Ab dem 22. März ist es für Besucher wieder zugänglich.
1798/99 ursprünglich als Wohn- und Dienstsitz für den Gartenbauschreiber errichtet, gestaltete der Architekt Clemens Wenzeslaus Coudray die Hofgärtnerei bereits 1819 grundlegend um, so dass das heute als Liszt-Haus bekannte Gebäude nunmehr ein charakteristisches Beispiel des Weimarer Klassizismus darstellt. Ab 1854 hatten hier im Obergeschoss der Hofmaler Friedrich Preller d.Ä. sowie der Historienmaler Hermann Wislicenus ihr Atelier. Als Wohnhaus von Franz Liszt sowie als dessen Memorialstätte ist das Liszt-Haus ein bedeutendes Zeugnis für Weimars »Silbernes Zeitalter«, das zugleich das einzige authentisch überkommene Interieur dieser bedeutenden, an die Klassik anknüpfenden Epoche bietet.
Franz Liszt, der von 1848 bis 1861 als Hofkapellmeister und Komponist in Weimar gewirkt und von der Altenburg aus das sogenannte »Silberne Zeitalter« der Klassikerstadt maßgeblich beeinflusst hatte, kehrte im Januar 1869 erneut nach Weimar zurück und bezog bei seinen mehrmonatigen jährlichen Sommeraufenthalten nun das Obergeschoss der ehemaligen Hofgärtnerei. Dort ließ das Großherzogspaar Carl Alexander und Sophie eine elegante Wohnung für Franz Liszt einrichten, in der er ab 1869 bis kurz vor seinem Tod mehrere Monate im Jahr lebte. Liszt selbst lobte bei seinem Einzug im Januar 1869: »Tatsache ist, daß diese Wohnung von wagnerischem Luxus ist, an den man in dieser guten Stadt Weimar kaum gewöhnt war.« An drei Nachmittagen pro Woche unterrichtete Liszt hier seine zahlreichen Schüler aus aller Welt und prägte damit das internationale Pianistentum. Von besonderer Ausstrahlung waren auch die sonntäglichen Matineen in der Hofgärtnerei.
Auf Initiative des Großherzogs gelang es, nach dem Tod Liszts im Jahr 1886 seine Wohnung im Hofgärtnerhaus in ihrem Zustand zu bewahren. Während der zentrale Salon, das Musik- und Arbeitszimmer des Komponisten, sowie das Schlafzimmer weitgehend im Originalzustand verblieben, wurde das Speisezimmer bereits Ende des 19. Jahrhunderts mit Vitrinen und Erinnerungsstücken ausgestattet. Am 22. Mai 1887 wurde das Obergeschoss als Liszt-Museum feierlich eröffnet und am 24. Juni desselben Jahres der Öffentlichkeit als Gedenkstätte zugänglich gemacht. Seit 1918 wurde das Liszt-Museum vom Goethe-Nationalmuseum verwaltet. Im Zweiten Weltkrieg beschädigt, war die Belétage des Hauses ab 1952 wieder für Besucher zugänglich. Seit Juli 2006 wird die Präsentation der Wohnräume ergänzt durch eine Dauerausstellung im Erdgeschoss, die als Kooperationsprojekt zwischen der Klassik Stiftung Weimar, der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar und der Bauhaus-Universität Weimar entstand.
Das Jubiläum des 200. Geburtstages von Franz Liszt 2011 nahm die Klassik Stiftung Weimar zum Anlass, das äußere und innere Erscheinungsbild des Gebäudes zu überarbeiten.
Durch die Direktion Schlösser, Gärten und Bauten erfolgten die Sanierung des Daches und der Fassade. Neben der notwendigen Ertüchtigung des Dachtragwerkes wurde das Dach mit einer Neueindeckung mit Biberschwanzziegeln und Schiefergraten sowie einer neuen Blitzschutzanlage versehen. Durch Reparaturen und Ergänzungen konnten große Partien der historischen Putze des 19. Jahrhunderts erhalten werden. Die Natursteingesimse wurden ebenfalls einer Überarbeitung und Konservierung unterzogen. Auf der Grundlage von Fassungsuntersuchungen und Quellenrecherchen zeigt sich das Liszt-Haus nun in der Farbigkeit der Zeit seines berühmten Bewohners. Die Gedenktafel – eine der frühesten in Weimar – befindet sich nach ihrer Restaurierung wieder am ursprünglichen Platz an der Südfassade. Im direkten Umfeld des Liszt-Hauses kam es sowohl zur Instandsetzung der Hofmauer an der Marienstraße einschließlich der Restaurierung der Schmuckvasen als auch der Torpfeiler und Zaunanlage im Süden. Im kleinen Hausgarten wurden die Beeteinfassungen und der gepflasterte Weg sowie das Blumenrondell überarbeitet.
Die Direktion Museen leitete ihrerseits die restauratorische Überarbeitung der historischen Ausstattung der Wohnräume, vor allem des zentralen Musiksalons, der in die Musikgeschichte einging. Neben der Restaurierung der Möbelstücke und der kostbaren kunstgewerblichen Objekte aus dem Privatbesitz Liszts stand vor allem die denkmalgerechte Rekonstruktion der Draperien – der Raumportieren und Vorhänge – im Mittelpunkt. Diese den neuen Raumeindruck des Musiksalons bestimmende Rekonstruktion beruht auf dem ersten Bestandsverzeichnis von 1887 sowie zeitgenössischen Darstellungen und Fotografien des Weimarer Hoffotografen Louis Held. In Ergänzung wurden außerdem der gesamte Fußbodenbelag und die Beleuchtung der Innenräume erneuert.
Für die verschiedenen Nutzer des Hauses, so auch für Liszt, wurden immer wieder Umbauten im Obergeschoss durchgeführt. Diese Veränderungen des Baus im Innern stellte die Rekonstruktion der farblichen Fassung der Räume vor besondere Herausforderungen. Nach ihrer Überarbeitung zeigen die historischen Wohnräume mittels einer Korrektur der Raumfassungen auf der Grundlage von Fassungsuntersuchungen und Quellenrecherchen die nachgewiesenen Farbigkeiten der Lisztzeit. Die von Goldleisten gerahmten manufakturgefertigten weißen Glanztapeten im Musiksalon prägen den reich ausgestatteten gründerzeitlichen Raum. Die übrigen Räume auf der Westseite des Gebäudes, Schlaf-, Speise- und Dienerzimmer, zeigen sich im Gegensatz zum Musiksalon in einer eher kräftigen Farbigkeit. Diese sorgfältige Annäherung an eine möglichst authentische Ausstattung lässt den Charakter des für Weimar ausnehmend seltenen gründerzeitlichen Interieurs und seiner eleganten Tapezierkunst stärker als bislang hervortreten.
Ebenfalls die im Erdgeschoss befindliche mediale Dauerausstellung zu Liszts Leben, Wirken und Werk wurde überarbeitet. In einem Ecksalon wurde ein neues Hörkabinett eingerichtet, in dem täglich um 11 und um 14 Uhr Klavier- und Orgelwerke von Franz Liszt zu hören sind. Die Betreuung der Dauerausstellung im Erdgeschoss liegt mit der Wiedereröffnung wieder ausschließlich in den Händen der Direktion Museen der Klassik Stiftung.
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