Der Tonträgermarkt mag sich in einer Umbruchsituation befinden, DVD und iPod drohen der Compact Disc das Wasser abzugraben – doch wer glaubt, die CD sei bereits am Ende ihrer Kräfte, der wurde am Sonntag bei der Verleihung der Jahrespreise der deutschen Schallplattenkritik im Berliner Musikinstrumenten-Museum eines Besseren belehrt: Die Plattenbranche präsentierte sich in ungebrochener Vitalität. Vor einem prominent besetzten Publikum machte nicht zuletzt die live dargebotene Musik Appetit auf die prämierten Alben und Editionen: Das Gewandhausquartett eine Kostprobe seines lebendigen Zugriffs auf die Streichquartette Beethovens, die die Leipziger komplett für das Label NCA aufgenommen haben. Der Pianist Pierre-Laurent Aimard ließ den außerordentlich virtuosen zweiten Satz von Charles Ives’ „Concord“-Sonate, die er für Warner eingespielt hat, in allen erdenklichen Farben funkeln. Jazzpianistin Aki Takase und Bassklarinettist Rudi Mahall stellten eine energiegeladene, lustvoll vorgetragene Kurzfassung des Albums „Aki Takase plays ‚Fats’ Waller“ (enja) vor.

Das wohl mutigste der prämierten Alben, die Hochzeit von Hiphop und Klezmer „Hiphopkhasene“, bezeichnete der Chef des Labels Piranha Akbar Borkowsky als „eine Platte für die Geschichtsbücher“, spielte dabei aber auch auf die kommerziellen Risiken eines solchen Produktes an. Dass koproduzierende Radiosender solche Risiken minimieren können, zeigte sich an zwei weiteren Preisträgern: Sowohl die Realisation von Luigi Nonos „Io, frammento da Prometeo“ (col legno) als auch die Radioessays „Nachrichten von Büchern und Menschen“ von Arno Schmidt (cpo) sind aus der Zusammenarbeit mit dem SWR hervorgegangen. Christian Kellersmann von der Firma Universal würdigte einerseits den Entdeckergeist einer Cecilia Bartoli, die für ihr wunderbares „Salieri Album“ ausgezeichnet wurde, andererseits das Wagnis, einer gealterten, aber authentischen Stimme wie der Johnny Cashs in einer opulent ausgestatten CD-Box („Unearthed“) zu huldigen. Nikolaus Harnoncourt sendete ein Grußwort in Zusammenhang mit der Auszeichnung für seine Interpretation zweier Bartók-Werke (BMG).

Die Ehrenurkunden-Empfänger René Jacobs und Bruno Monsaingeon nahmen ihre Auszeichnungen persönlich entgegen. Jacobs hatte sich am Vortag in Form eines Vortrags über Monteverdi bedankt, Monsaingeon führte seinen Film über Jahrhundertsänger Dietrich Fischer-Dieskau vor – in Anwesenheit des Künstlers.

Die vollständige Liste sowie die Jahresbroschüre „Ausgezeichnet!“ als pdf-Dokument finden Sie unter http://www.schallplattenkritik.de/news/2004/preise.html