Die Jury für das Horst und Gretl Will Stipendium 2018 hat beschlossen, die Vokalistin Tamara Lukasheva für den Preis vorzuschlagen. Tamara Lukasheva, geboren 1988 in Odessa, Ukraine, ist unter den Bewerberinnen und Bewerbern dieses Jahres durch die überragende Qualität und die erstaunlichen stilistische Weite der eingereichten Arbeitsproben aufgefallen.

Zu den Bands, in denen sie arbeitet, für die sie komponiert, arrangiert und singt, gehören beispielsweise Bigbands, etliche kleinere Formationen – zum Beispiel verschiedene Trios, dann das Quartett, das ihren Bandleaderinnen-Namen trägt, sowie mehrere Duo-Konstellationen – und auch Solo-Konzepte, bei denen sie etwa ihre Vokalisen virtuos und effektsicher selbst am Klavier begleitet. Tamara Lukasheva ist also eine außergewöhnlich variable und ideenreiche Musikerin und eine überaus sorgfältig und präzise arbeitende Komponistin. Als Sängerin verfügt sie über ein intensiv ausgearbeitetes Repertoire von Klängen, Geräuschen, Artikulationsweisen zwischen klassischem Jazz-Gesang und dadaistisch pointierter Vokalkunst. Sie ist eine kundige Sängerin vor und über den satten Klangströmen einer Bigband.

Sie setzt, etwa im Duo mit dem Schlagzeuger ihres Quartetts, die Stimme selbst perkussiv und geräuschhaft ein und dosiert ihre Dynamik mit dramatischem Gespür und feinsinnigem Timing; sie schreibt einen großen Teil ihrer Stücke selbst, hat bestechende melodische Einfälle, interpretiert eindringlich und verfremdend eigene Liedtexte. Kurz: Es gibt praktisch keine Spielart der fortgeschrittenen, kreativen und improvisierten Bühnenmusik, in der sie nicht auf außerordentlich souveräne Art zu Hause ist.

Hans-Jürgen Linke für die Jury