Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) und die Privatbank Berenberg haben zum vierten Mal nach 2012, 2014 und 2016 die 30 größten Städte Deutschlands im Hinblick auf ihr Kulturleben untersucht. Das Ergebnis: Stuttgart baut seinen Vorsprung weiter aus und kann zum vierten Mal seinen Spitzenplatz als Deutschlands Kulturmetropole Nr. 1 behaupten. Dresden und Berlin liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den zweiten Platz, wobei Dresden knapp gewinnt. München und Karlsruhe erreichen die Plätze vier und fünf. Wiesbaden macht beim diesjährigen Ranking den größten Sprung nach vorn und verbessert sich um zehn Plätze, während die nordrheinwestfälischen Städte Gelsenkirchen, Mönchengladbach und Duisburg wieder auf den letzten Rängen zu finden sind.
Die Attraktivität und Vielfalt der Kulturlandschaft sind Aspekte der Lebensqualität, die die Wohn- und Arbeitsortwahl von Menschen und damit die Position von Städten im Wettbewerb um Fachkräfte beeinflussen. "Die kulturelle Vielseitigkeit bestimmt nicht nur die Attraktivität einer Stadt, sie ist auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und Impulsgeber für die dynamische Entwicklung von Städten. Ganze Wirtschaftsbereiche konzentrieren sich rund um die Kulturwirtschaft“, sagt Dr. Hans-Walter Peters, Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter von Berenberg. Die Kulturwirtschaft ist in vielen der 30 größten Städte Deutschlands ein bedeutender Arbeitgeber. In den vier deutschen Millionenstädten sind derzeit in München 7,1 %, in Köln 5,9 %, in Berlin 5,0 % und in Hamburg 4,9 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in diesem Wirtschaftszweig angesiedelt – Tendenz steigend. Stuttgart liegt mit 7,6 % an der Spitze. Durch die Nachfrage von Einwohnern und Touristen entstehen weitere, über die Kulturwirtschaft hinausgehende ökonomische Entwicklungsimpulse. "Investitionen in die Kulturinfrastruktur, überregional wahrgenommene Kulturveranstaltungen oder auch Kulturstätten können dazu beitragen, Städte auf einen neuen Entwicklungspfad zu bringen“, so Peters. "Die Hamburger Elbphilharmonie ist dafür ein Paradebeispiel.“
Das HWWI/Berenberg Kultur-Städteranking greift die vielseitige Bedeutung des kulturellen Klimas für die Stadtentwicklung auf und vergleicht zahlreiche Aspekte der Kulturproduktion und -rezeption. Dabei bezieht sich die Kulturproduktion auf Elemente und Grundlagen, die für die Entstehung von Kunst und Kultur notwendig sind, wie etwa das Angebot an Theater-, Opern- oder Kinositzplätzen, Bibliotheken, Museen, kulturellen Bildungsangeboten oder Beschäftigten in der Kulturwirtschaft. Die Kulturrezeption umfasst die Aufnahme und Nachfrage des kulturellen Angebotes durch die Bewohner und Besucher der Städte. Sie zeigt sich beispielsweise in der Anzahl der Theater- oder Museumsbesucher oder den Umsätzen der Kulturwirtschaft. Das Ranking misst ausgesuchte Bereiche der Kultur anhand von quantitativen Indikatoren, die für alle 30 Städte vorliegen. Über die Qualität und die Bedeutung der Angebote und Einrichtungen werden keine Aussagen getroffen. Auszeichnungen von Theatern bleiben ebenso unberücksichtigt wie die Bewertungen der Kunstsammlungen von Museen.
Der Kulturstädtevergleich zeigt, dass die Kulturlandschaft in den deutschen Städten deutliche Unterschiede aufweist. "Die vier bestplatzierten Städte erzielen sowohl in der Kulturproduktion als auch in der -rezeption gute Ergebnisse, sodass die kulturellen Bedingungen hier sehr vorteilhaft ausgeprägt sind“, sagt Dr. Jan Wedemeier, Volkswirt beim HWWI. Stuttgart liegt zum vierten Mal auf Platz 1 und kann den Abstand zu seinen Verfolgern sogar noch deutlich ausbauen. Diese Spitzenstellung verdankt die Schwabenmetropole ihrem umfassenden Kulturangebot (Platz 1 in der Kulturproduktion) bei einer nochmals besser bewerteten Kulturnachfrage (von Platz 3 auf Platz 1 in der Kulturrezeption). "Ob bei der Zahl der Plätze in Opern und Theatern (Platz 1) sowie im Hinblick auf die Theaterbesucher (1), ob bei den laufenden Ausgaben für Bibliotheken (1) oder bei der Anzahl der Bibliotheksnutzer (1) – Stuttgart erzielt erneut TopPlatzierungen“, begründet Wedemeier das gute Abschneiden der Schwabenmetropole. "In Stuttgart sind außerdem der Anteil der Beschäftigten sowie die Umsätze in der Kulturwirtschaft je Einwohner im Vergleich am höchsten.“ Oberbürgermeister Fritz Kuhn wertete das Ergebnis als "hervorragende Bestätigung“ für Stuttgart als eine lebenswerte Stadt und als "tolles Lob für alle Kulturschaffenden und Kulturinteressierten“. Kuhn erklärte: "Stuttgart ist ein kultureller Hotspot und eine feste Größe in der nationalen und auch internationalen Szene. Die Liebe zur Kultur – in der Spitze wie in der Breite – prägt unser Stadtleben und schafft einen kreativen Nährboden für gesellschaftliche und wirtschaftliche Innovationen.“ Dresden (Platz 2) und Berlin (Platz 3) liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das Dresden mit einem knappen Vorsprung gewinnt. Die Elbmetropole glänzt mit den meisten Museumsbesuchern und führt das Feld bei den Kinositzplätzen an. Bei den Theater- und Opernbesuchern sowie der Anzahl der Ausstellungen in Museen und der Ausgaben für Bibliotheken erzielt Dresden jeweils dritte Plätze. Berlin schiebt sich nach drei vierten Plätzen in Folge im Gesamtranking erstmals an München vorbei. Als Drittplatzierter verfügt die Bundeshauptstadt mit über 39.000 Künstlern über die höchste Künstlerdichte (Künstler je Einwohner), gefolgt von Köln und München. Auch beim Anteil der Unternehmen in der Kulturwirtschaft sowie beim Denkmalschutz liegt Berlin an der Spitze, bei den Umsätzen der Kulturwirtschaft je Einwohner reicht es allerdings nur für einen Platz im Mittelfeld.
München rutscht im diesjährigen Ranking auf Platz 4 (2016: Platz 2). Die bayerische Landeshauptstadt liegt im Städtevergleich bei der Kulturrezeption nur noch auf dem zweiten Platz, während in der Kulturproduktion wieder der sechste Platz erzielt wird. München punktet bei der Anzahl der Galerien und Auktionshäuser (Platz 1), den laufenden Ausgaben für öffentliche Bibliotheken sowie dem Anteil der Beschäftigten in der Kulturwirtschaft (jeweils Platz 2) und weist sowohl eine hohe Künstlerdichte als auch einen hohen Anteil an Unternehmen in der Kulturwirtschaft (jeweils Platz 3) auf. Der Städtevergleich zeigt, dass man auch in mittelgroßen Städten wie Dresden (Platz 2), Karlsruhe (Platz 5) und Bonn (Platz 6) auf ein vielfältiges Kulturleben trifft. Karlsruhe belegt bei den Festivalbesuchern wie auch bei der Anzahl der Ausstellungen in Museen den zweiten Platz. Bonn punktet unter anderem mit dem größten Ausstellungsangebot je Einwohner bei den Museen. Wiesbaden (Platz 11) und Bochum (Platz 12) konnten ihre Positionierung im Gesamtranking seit 2012 kontinuierlich verbessern. Aufsteiger Wiesbaden (+10 Ränge) verbesserte sich vor allem in der Kulturrezeption und erreichte bei der Anzahl der Auktionshäuser und Galerien (Platz 6) sowie den Umsätzen in der Kulturwirtschaft je Einwohner (Platz 5) gute Positionierungen. Die fünf Städte am Ende des Feldes (Duisburg, Mönchengladbach, Gelsenkirchen, Dortmund, Wuppertal) konnten seit 2012 nie einen Platz unter den besten 25 Städten erzielen.
Das Ergebnis im Einzelnen gibt es hier.