Im Jahr 2021 war die Arbeit des Goethe-Instituts geprägt von den großen globalen und regionalen Krisen, etwa in Belarus und Afghanistan. Auf seiner Jahrespressekonferenz berichtete das Goethe-Institut aus der Kulturarbeit in illiberalen Kontexten und setzte sich für einen stärkeren Schutz von gefährdeten Kulturschaffenden sowie Orten der freien Meinungsäußerung ein. Ein Fokus liegt im kommenden Jahr auch auf der Fachkräfteeinwanderung. Als Beitrag zu einer offenen und solidarischen Gesellschaft in Deutschland werden außerdem in fünf deutschen Städten Zentren für internationale Kulturelle Bildung aufgebaut. Optimistisch zeigte sich das Goethe-Institut mit Blick auf den Koalitionsvertrag, der die Mittlerorganisationen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik stärken will.

Die Präsidentin des Goethe-Instituts Carola Lentz berichtete von einem bewegten Jahr: "Wir beobachten, dass die Freiräume insgesamt enger werden. Neben die USA und Europa sind weitere Machtzentren getreten wie China oder Russland. An vielen Orten der Welt sehen wir uns mit anderen Wertvorstellungen konfrontiert. Viele unserer Partner sind zivilgesellschaftliche Akteure, die in unruhigen Zeiten besonders unter Druck geraten. Pluralismus und Kunst- und Meinungsfreiheit müssen aktiv geschützt werden, auch die Kulturschaffenden selbst. Das Goethe-Institut steht für langfristigen kulturellen Austausch und intellektuellen Dialog und ist sich der großen Verantwortung bewusst, die damit einhergeht." Derzeit plane man Programme für Kulturschaffende, die gezwungen sind, ihr Land zu verlassen - etwa indem man in Deutschland oder Anrainerstaaten Räume für kulturelle Produktion anbiete. Die Martin Roth-Initiative, die das Goethe-Institut gemeinsam mit dem Institut für Auslandsbeziehungen betreue, kümmere sich schon jetzt um gefährdete Kulturschaffende. Eine Ausweitung des Programms sei geplant. "Wir sind froh, dass diese Schutzprogramme auch als Regierungsvorhaben im Koalitionsvertrag genannt sind. Dass die Regierungskoalition aus SPD, den Grünen und der FDP die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik und deren Mittlerorganisationen explizit stärken will, freut uns sehr. Auch zu anderen Vorhaben der künftigen Bundesregierung leistet das Goethe-Institut schon jetzt einen wichtigen Beitrag, beispielsweise zur Stärkung der Deutschangebote an Schulen im Ausland, zur Aufarbeitung des Kolonialismus, zur Förderung der Kreativwirtschaft und zur Entwicklung einer nachhaltigen Kulturarbeit", so Lentz weiter.

Der Generalsekretär des Goethe-Instituts Johannes Ebert sagte: "Außen- und Innenkulturpolitik sind zunehmend miteinander verschränkt und sollten in einer globalisierten Welt klug ineinandergreifen. Das Goethe-Institut sieht es schon lange als seine Aufgabe, Positionen aus dem Ausland in deutsche Debatten einzubringen, etwa mit großen Kulturveranstaltungen in Berlin, Weimar und anderen Städten. Wir wollen damit gemeinsames Lernen über die Grenzen hinweg ermöglichen. Künftig wollen wir auch einen Beitrag leisten, die Kulturelle Bildung in Deutschland internationaler zu gestalten und damit zu einer offenen Gesellschaft beizutragen. An den Goethe-Instituten in Bonn, Dresden, Hamburg, Mannheim und Schwäbisch Hall richten wir neue Anlaufstellen für die internationale Kulturelle Bildung in Deutschland ein. Dass dieses Thema im Koalitionsvertrag Erwähnung findet, ermutigt uns." Mit den Zentren für internationale Kulturelle Bildung solle einen Beitrag zu Diversität und Chancengleichheit geleistet werden. Ihre Arbeit speise sich aus den Programmen im Ausland und dem globalen Netzwerk der Goethe-Institute, unterstützt werde das Programm vom Auswärtigen Amt. Auch Johannes Ebert begrüßt die von den Regierungsparteien vereinbarte Stärkung der kulturellen Mittlerorganisationen: "Die Arbeit der Goethe-Institute weltweit ermöglicht den weltweiten Kultur- und Bildungsaustausch und schafft Vertrauen in unruhigen Zeiten. Sie ist nur möglich durch das große Engagement unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gerade die Häuser der 158 Goethe-Institute sind wichtige Lern-, Begegnungs- und Schutzräume. Hierfür ist eine stabile, bedarfsgerechte und verlässliche Finanzierung elementar. Wir hoffen daher, dass wir auch in diesem Sinne weiterhin konstruktiv und engagiert vom Deutschen Bundestag und dem Auswärtigen Amt im Sinne des Koalitionsvertrages unterstützt werden."

Der Kaufmännische Direktor des Goethe-Instituts Rainer Pollack führte zum Haushalt aus: "Wir sehen, dass sich in der Spracharbeit der Trend zu Online-Kursen fortsetzt, das Präsenzgeschäft konnte an vielen Orten wieder gestärkt werden. Die Eigeneinnahmen haben sich deshalb 2021 im Vergleich zum Vorjahr leicht erholt, bleiben aber weltweit volatil und stark von der Entwicklung der Pandemie abhängig."

In der Spracharbeit will das Goethe-Institut im kommenden Jahr insbesondere den Bereich der Fachkräfte-Zuwanderung ausbauen. Johannes Ebert: "Deutschland braucht die Welt - und ausländische Fachkräfte. Zuwanderung ist ein Gesamtprozess, und das Goethe-Institut kann mit seinen Standorten im Ausland und in Deutschland diesen Prozess vom Moment der Vorbereitung und der Abreise bis hin zur Ankunft in der deutschen Gesellschaft begleiten. Ob Pflegekräfte, Logistiker oder Akademiker: An den Vorintegrationsangeboten des Goethe-Instituts wie etwa Informationen zu Ausbildungsmöglichkeiten und dem deutschen Arbeitsmarkt, Bewerbungstrainings oder der Vermittlung von Kultur und Werten nehmen bereits jetzt über 16.000 Personen pro Jahr teil."

Im ersten Halbjahr 2022 setzt das Goethe-Institut mit seinen Kulturprogrammen in Deutschland wieder den Fokus auf Stimmen aus dem Ausland: Unter dem Titel Lockdown Lehren befassen sich Intellektuelle und Künstler*innen aus aller Welt mit der Frage, ob die Pandemie bei allem Leid, das sie verursacht hat, dennoch Treiber für gesellschaftlichen Wandel sein kann. Vom 19. bis 21. Mai 2022 bietet das Festival "Frequenzen - Feminismen Global" auf dem Berliner Pfefferberg-Gelände einen offenen Resonanzraum für feministische Bewegungen und Konzepte - global, multiperspektivisch und divers. Das Festival soll zu einem besseren Verständnis der Vielfalt feministischer Bewegungen in der Welt beitragen.

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