Dr. Harald Heker
Dr. Harald Heker, Vorstandsvorsitzender der GEMA  
Foto:  Manuel Vescoli

Vom 17. bis 19. Mai 2022 fand die GEMA Mitgliederversammlung statt, als Präsenzveranstaltung in Berlin und gleichzeitig virtuell. Die Mitglieder beschlossen eine Reihe von Anpassungen des Regelwerks, darunter Änderungen, die aus dem modernisierten Urheberrecht folgen oder die Auswirkungen der Coronapandemie abmildern sollen. Die faire Vergütung der Musiknutzung auf Streamingplattformen bleibt ein wesentliches Ziel der GEMA. Im Rahmen der Hauptversammlung erhielten Dr. Helga Trüpel und Günther H. Oettinger die GEMA Ehrennadel.

Gleich zu Beginn der Hauptversammlung brachte der GEMA Vorstandsvorsitzende, Dr. Harald Heker, die Solidarität der GEMA mit den Opfern des Krieges in der Ukraine zum Ausdruck: „Wo die Freiheit unter Beschuss liegt, wird auch die freie Kunst zum Opfer. Gemeinsam mit vielen Schwestergesellschaften haben wir auf internationaler Ebene Initiativen gestartet, um insbesondere die Kulturschaffenden in der Ukraine konkret zu unterstützen.“

Coronapandemie: Verlängerung der Hilfsmaßnahmen für Branche wichtig

In seiner Rede reflektierte Heker auch die Folgen der Coronapandemie für die Kultur- und Kreativschaffenden: „Die wirtschaftliche Lage vieler Musikschaffender bleibt im Jahr 2022 schwierig.“ Er versicherte den anwesenden und den digital zugeschalteten Mitgliedern, dass sich die GEMA weiterhin gegenüber der Politik für zusätzliche Maßnahmen und neue Programme einsetzen werde, um von der Pandemie betroffene Kreative und kulturelle Einrichtungen zu unterstützen.

Ehrenamt wichtige Säule der GEMA

Der Aufsichtsratsvorsitzende, Dr. Ralf Weigand, lobte das breit angelegte ehrenamtliche Engagement zahlreicher Mitglieder für ihren Verein, sei es im Aufsichtsrat, in den verschiedenen Gremien und Arbeitsgemeinschaften oder als Delegierte der außerordentlichen Mitglieder: „Die Rechteverwertung, mit der wir unsere GEMA beauftragt haben, ist unglaublich komplex geworden. Die Digitalisierung hat uns in ganz andere Sphären geschossen und stellt uns vor sehr viele Herausforderungen. Wir müssen diese Entwicklungen eng begleiten und aktiv mitgestalten. Ohne Eure tolle ehrenamtliche Arbeit wäre all das nicht möglich.“ Eine weitere tragende Säule des Vereins sei die kulturelle und soziale Förderung, so Weigand, um etwa Nachwuchs- oder besonders innovative Musiker bzw. sozial bedürftige Mitglieder zu unterstützen.

GEMA ist Vorreiterin mit hybrider Jahreshauptversammlung

Die GEMA Mitgliederversammlung fand 2022 erstmals als Hybrid-Veranstaltung statt, nachdem die Mitglieder in den vergangenen zwei Jahren aufgrund der Pandemie rein virtuell getagt hatten. In kurzer Zeit entwickelte die GEMA ein hybrides Versammlungsformat, das den Mitgliedern alle notwendigen Komponenten der digitalen und physischen Teilnahme bot: die direkte Kommunikation untereinander sowie gemeinsame Mitwirkung bei Wahlen und Abstimmungen. Damit ist die GEMA erneut Vorreiterin unter den Verwertungsgesellschaften.

Rund 400 Mitglieder nutzten die Gelegenheit, wieder vor Ort präsent zu sein und sich persönlich auszutauschen, etwa 200 Mitglieder nahmen digital an den Veranstaltungen teil. Ebenfalls gut besucht war das Mitgliederfest am ersten Abend der Versammlung: 450 Musikschaffende genossen den festlichen Abend und feierten gemeinsam den Fred Jay Preisträger Axel Bosse. Der Singer-Songwriter nahm den mit 15.000 Euro dotierten Preis von Preisstifter Dr. Michael J. Jacobson, dem Sohn von Fred Jay, entgegen und spielte live drei seiner Songs: „Vater“, „Paradies“ und „Schönste Zeit“. Die Laudatio hielt die Journalistin und Moderatorin Dunja Hayali.

Beschlüsse der Mitgliederversammlung

Wesentliche Diskussionsthemen betrafen Fragen der künftigen Gestaltung des Vereins und Entscheidungen über Neuerungen im Regelwerk, vor allem in Satzung und Verteilungsplan. So kann die GEMA für ihre Mitglieder künftig mehrere neue gesetzliche Vergütungsansprüche wahrnehmen, die das Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG) den Urheberinnen und Urhebern gewährt. Zudem stimmten die Mitglieder einer Satzungsänderung zu, die es der GEMA ermöglicht, von dem neuen und in anderen Ländern bereits erfolgreich erprobten Lizenzierungsmodell einer „Kollektiven Lizenz mit erweiterter Wirkung“ (Extended Collective Licence = ECL) Gebrauch zu machen. Weitere Anträge befassten sich wie schon im Vorjahr mit den Auswirkungen der Coronapandemie und dem Ziel, Aufkommensausfälle vieler Mitglieder, vor allem im Live-Bereich, abzufedern und Verzerrungen entgegenzuwirken.

Absätze
„Die Vergütungssituation für die Musikurheber über Streamingdienste ist vieles, nur nicht angemessen. In diesem Bereich ist es noch ein weiter Weg zu mehr Fairness und Transparenz.“
Autor
Dr. Harald Heker, Vorstandsvorsitzender der GEMA

Faire Musikvergütung durch Streaming- und Onlineplattformen: Großer Handlungsdruck

Die Vergütungssituation für die Musikurheber im Onlinebereich ist weiterhin unbefriedigend. Zwar haben Bundestag und Bundesrat im Mai 2021 die Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie beschlossen und damit einen wichtigen Schritt hin zu mehr Fairness für Urheberinnen und Urheber im Internet eingeleitet. Die Regelungen des neuen Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetzes (UrhDaG) gelten allerdings nur für Upload-Plattformen wie YouTube und nicht für Streamingdienste wie Spotify. Daher besteht Handlungsbedarf: „Die Vergütungssituation für die Musikurheber über Streamingdienste ist vieles, nur nicht angemessen. In diesem Bereich ist es noch ein weiter Weg zu mehr Fairness und Transparenz“, betonte Heker. „Es kann nicht sein, dass diejenigen, die Musik erschaffen, weniger vom Kuchen der Streamingerlöse abbekommen als die Plattformen oder Labels“, sagte Weigand. „Unser vordringliches Ziel ist es, dass die Gelder gerecht weitergegeben werden, und zwar an diejenigen, denen sie zustehen.“

Weigand und Heker präsentierten elf Forderungen an die Politik, deren Umsetzung die Situation der Kreativschaffenden verbessern soll. Insbesondere müsse Streaming besser auf die Bedürfnisse der Kreativen zugeschnitten sein und ihnen ein wirtschaftliches Auskommen ermöglichen, so Heker. Wichtig sei es auch, dass nicht nur populäre Angebote gefördert würden, sondern durchaus auch kulturelle Nischen, Wagnis und Experiment, ergänzte Weigand. Dies sei schon immer der Nährboden gewesen, auf dem neue, später höchst erfolgreiche Musikformen entstanden seien.

Weitere Forderungen in diesem Zusammenhang sind verbesserte Nutzungsmeldungen und mehr Sichtbarkeit der Kreativen hinter der Musik. An die Mitglieder appellierte Weigand: „Es ist essentiell, dass wir hier Konsens untereinander herstellen und hart an diesen Zielen arbeiten, denn das trägt uns als Solidargemeinschaft von über 85.000 Musikschaffenden in die Zukunft.“

GEMA Ehrennadel für Dr. Helga Trüpel und Günther H. Oettinger

Für ihre besonderen Verdienste um die Belange der GEMA und die von ihr vertretenen Mitglieder erhielten Dr. Helga Trüpel und Günther H. Oettinger die GEMA Ehrennadel. Beide nahmen die Auszeichnung persönlich entgegen. „Sie haben sich unermüdlich auf europäischer Ebene für die Rechte der Kreativen eingesetzt“, wandte sich Heker in seiner Laudatio an Dr. Helga Trüpel und Günther H. Oettinger und bekräftigte: „Mit Ihrer Beharrlichkeit und Ihren Impulsen haben Sie zu der umfassendsten Modernisierung des Urheberrechts seit 20 Jahren entscheidend beigetragen. Dafür sind wir Ihnen zu großem Dank verpflichtet.“  

Dr. Helga Trüpel war bis 2019 Abgeordnete und stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Bildung im Europäischen Parlament. Anlässlich der Auszeichnung resümierte sie: „Die Urheberrechtsreform war für mich immer ein Teil der notwendigen Plattformregulierung. Jetzt sind Digital Services Act und Digital Markets Act verhandelt worden. Ein weiterer Schritt zur angemessenen Regulierung. Das war in der Öffentlichkeit viel weniger kontrovers als die Urheberrechtsreform. Eine Zensur des Internets wurde an die Wand gemalt. Nichts lag uns ferner. Sondern es ging und geht um Gerechtigkeit für Urheberinnen und Urheber. Zum Glück hat der EuGH jetzt die Rechtmäßigkeit des so umstrittenen Artikel 17 bestätigt und die Klage Polens abgewiesen. Das ist mir eine Genugtuung.“

Günther H. Oettinger, ehemaliges Mitglied und Vizepräsident der Europäischen Kommission sowie Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg a. D., sagte: „Die Modernisierung des europäischen Urheberrechts und die Umsetzung in der deutschen Gesetzgebung waren eine Herkulesarbeit gegen massiven ideologischen Widerstand. Dabei waren der Rat und das Fachwissen der GEMA für mich eine wichtige Unterstützung. Es bleibt zu beobachten, ob die Entwicklung in der Praxis unsere Erwartungen erfüllt.“