Träume zu verwirklichen und Genregrenzen zu überschreiten: Das sind zwei Ziele des GLENN GOULD BACH FELLOWSHIP, das alle zwei Jahre von der Stadt Weimar an Musikerinnen und Musikern vergeben wird, die mit dem Stipendium ihre anspruchsvollen und innovativen musikalischen Medienprojekte zur Musik Johann Sebastian Bachs und der Barockzeit realisieren können. Das GLENN GOULD BACH FELLOWSHIP ist mit 70.000 Euro jährlich für die Stipendiaten sowie die zugehörigen Projektkosten dotiert. Ermöglicht wird das Stipendium durch die Philip Loubser Foundation. Koordiniert wird es von den Thüringer Bachwochen.
Im Mai 2020 wurde der irische Pianist Peter Tuite, Mitbegründer des Fellowships, zum Gründungsstipendiaten ernannt; anschließend wurde das Fellowship an die deutsche Cellistin Tanja Tetzlaff vergeben. Ihr Projekt, der Dokumentarfilm "Suites for a Suffering World", setzt Bachs Cellosuiten mit der Natur und dem Klimawandel in Beziehung und erforscht Ideen von Kultur, Erbe und bürgerlicher Verantwortung. Nach seiner Veröffentlichung wurde der Film mit dem OPUS-Klassik-Preis 2023 ausgezeichnet.
Nun steht der nächste Stipendiat fest. Der Gambist Liam Byrne hat nun die Möglichkeit, sich die nächsten zwei Jahre mit seinem Projekt zu beschäftigen. Dabei konzentriert er sich auf eine musikalische Nische, die aber ein außergewöhnlich schönes Repertoire bietet: Die englische Lyra-Viol Repertoire des frühen 17. Jahrhunderts. „Diese intime und introspektive lautenähnliche Musik spielt mit den subtilsten Aspekten der Resonanz der Viola da Gamba, die sich allerdings mit traditionellen Aufnahmetechniken nicht so einfach festhalten lassen“, erklärt Liam Byrne, der sich am 14. April mit seinem Fellowship-Projekt im Rahmen der Thüringer Bachwochen 2024 in Weimar vorstellen wird.
Sein Projekt verfolgt einen experimentellen Ansatz für die Aufnahme und Übertragung von Lyra-Viol-Musik und nutzt dieses Repertoire als Fallstudie, um allgemeinere Fragen zur Klangästhetik bei klassischen Musikaufnahmen zu stellen. Dieses Projekt ist stark von Glenn Goulds engagierter Beziehung zur Aufnahme inspiriert und umfasst den künstlich konstruktiven Aspekt des Aufnahmeprozesses als Mittel, um dem Hörer eine tiefere Beziehung zur Musik und zur Körperlichkeit des Instruments, das sie produziert, zu vermitteln. „Das Stipendium bietet die große Chance, etwas zu schaffen, was darüber hinausgeht, was im professionellen Alltag möglich ist. Mit der Zeit und der Unterstützung, alle Aspekte des Aufnahmeprozesses zu hinterfragen, haben wir die Möglichkeit, etwas wirklich Neues zu machen und hoffentlich einige Aspekte dieses esoterischen Repertoires einzufangen, die noch nie zuvor gehört wurden“, so Liam Byrne.
Liam Byrne ist einer der vielseitigsten Vertreter seines Fachs. Er hat in jungen Jahren mit vielen führenden europäischen Ensembles für Alte Musik gespielt und aufgenommen, darunter das Huelgas Ensemble, Dunedin Consort, Academy of Ancient Music und Fretwork. Im letzten Jahrzehnt arbeitete er auch häufig mit Komponisten, Volks- und Elektronikmusikern zusammen, die mit seinem Instrument aus dem 17. Jahrhundert neue Klänge in ihre Musik bringen. Er ist Mitglied des isländischen Künstlerkollektives und Labels Bedroom Community, mit dem sein Debüt-Soloalbum Concrete in 2019 erschien. In 2022 schloss er eine Promotion über experimentelle Aufführungsformate von Barockmusik am Londoner Victoria & Albert Museum in Kollaboration mit der Guildhall School of Music and Drama ab.
„Wiederum ist es der Jury gelungen einen kreativen und hochinteressanten Musiker zum neuen Fellow zu küren. Die Stadt Weimar heißt den Gambisten Liam Byrne herzlich willkommen und dankt der Philip Loubser Foundation sehr für die Einrichtung und Finanzierung des Glenn Gould Bach Fellowship“, sagt Weimars Bürgermeister Ralf Kirsten.