Das Forum Musikwirtschaft begrüßt die Initiative von 1.145 Bands, Musikerinnen und Musikern rund um den Erstunterzeichner Peter Maffay, die am Dienstag dieser Woche in einem Offenen Brief an Bundestagsabgeordnete fundamentale Kriktik am aktuellen Regierungsentwurf zur Urheberrechtsreform geübt und "massive Eingriffe“ in ihre "künstlerischen Freiheiten zu Gunsten global operierender Digitalkonzerne“ beklagt haben. Sie fordern deutliche Korrekturen am Gesetzentwurf wie unter anderem die Rücknahme der sogenannten "mutmaßlich erlaubten Nutzungen“, nach der faktisch bis zu 15 Sekunden aus einem Musikstück von nicht-kommerziellen Nutzer:innen erlaubnis- und haftungsfrei öffentlich verwendet werden können. Weitere zentrale Forderungen betreffen den Schutz von Lizenzverhältnissen statt der Schaffung wirtschaftlich nachteiliger neuer pauschaler Vergütungsansprüche, die In-Verantwortungnahme der Uploadplattformen für die dort stattfindende Nutzungen durch klare Lizenzierungspflichten für die Plattformen sowie insgesamt die Abkehr vom deutschen Alleingang.

Aus Sicht des Forums Musikwirtschaft unterstreicht der Offene Brief ein weiteres Mal die erheblichen Mängel des deutschen Gesetzentwurfs. Darüber hinaus offenbart er, wie sehr in der Debatte seit Monaten die Realität und die klar adressierten Sorgen der Branche negiert werden: Bereits im November hatte sich eine Gruppe von damals 657 Künstler:innen mit einem Brief an die Politik zu Wort gemeldet, der bis heute unbeantwortet geblieben ist. Auf der andere Seite aber zeigt der Zusammenschluss von 1.145 Künstler:innen quer durch alle Genres und Bekanntheitsgrade das klare Zusammenstehen und die große Solidarität innerhalb der engverzahnten Musikbranche, die seit Sommer 2020 immer wieder lautstark für eine Korrektur der deutschen Urheberrechtsentwürfe eintritt.

Der Offene Brief ist in voller Länge hier zu lesen.

Mark Chung, Vorstandsvorsitzender des Verbandes unabhängiger Musikunternehmer*innen (VUT): "Wenn man den Netzpolitiker*innen der SPD und Julia Reda, die auf europäischer Ebene mit allen Mitteln gegen die Richtlinie gekämpft, aber im demokratischen Prozess verloren haben, in Deutschland dann die Federführung bei der Umsetzung derselben Richtlinie anvertraut, ist der jetzige Gesetzentwurf das Ergebnis. Die zunehmende Wut aller Musiker*innen ist absolut verständlich – die Richtlinie sollte endlich ihre Position verbessern, die deutsche Umsetzung bewirkt in der Praxis das Gegenteil. Man vertraut darauf, dass wir das alle bis zur Wahl vergessen.“

Dr. Florian Drücke, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI): "Im Gegensatz zu dem auf europäischer Ebene erreichten Kompromiss will der deutsche Ansatz die Rechteinhaber:innen teilentmündigen, indem er ihnen die Kontrolle über entscheidende Teile ihrer Inhalte entzieht und nicht zuletzt tief in die Vetragsfreiheit eingreift. Verhandeln heißt eben auch Neinsagen können, diese Möglichkeit darf den Rechteinhaber:innen, also den Künstler:innen und ihren Partnern, durch die Reform nicht genommen werden!“

Patrick Oginski, stellvertretender Vorsitzende des Interessenverbandes Musikmanager & Consultants (IMUC): "Das Wort Bagatellgrenze in Bezug auf die freie Nutzung von 15 Sekunden eines Stückes zeigt leider den Kern des Problems: Es fehlt die Wertschätzung für die künstlerische Leistung. Diese darf nicht Spielball bzw. unkontrollierbare Verschiebemasse der großen Plattformen werden. Kompositionen sind der Kern eines jeden Künstlers und niemals Bagatellen!“