Welche Rolle spielt Musik für den Aufstieg populistischer Ideologien in Europa? Dieser Frage widmet sich in den kommenden drei Jahren ein internationales Forscherteam unter Leitung des Oldenburger Musikpädagogen Prof. Dr. Mario Dunkel. Die VolkswagenStiftung fördert das Projekt im Rahmen der Ausschreibung "Herausforderungen für Europa“ mit insgesamt knapp einer Million Euro. Neben den Forschern aus Oldenburg sind Wissenschaftler aus Ungarn, Österreich, Italien und den Niederlanden beteiligt. "Das Projekt leistet einen wichtigen Beitrag, den Aufstieg populistischer Bewegungen zu verstehen. Die Förderung würdigt die kulturwissenschaftliche Forschung der Universität und ihren Beitrag zu einem besseren Verständnis gesellschaftlicher Entwicklungen“, sagt Universitätspräsident Prof. Dr. Dr. Hans Michael Piper.
Die Experten richten ihren Blick auf kommerziell erfolgreiche Musiker und Bands, die in ihren Songs populistische Ideen und Bilder aufgreifen. "Wir gehen davon aus, dass es einen engen Zusammenhang zwischen dem Erfolg dieser Musik und der Verbreitung populistischer Ideologien in verschiedenen Ländern Europas gibt“, erklärt Dunkel. In insgesamt drei Projektphasen nähern sich die Wissenschaftler dem Phänomen populistischer, populärer Musik. Beispielländer sind Deutschland, Ungarn, Österreich, Italien und Schweden. Gemeinsam analysieren sie zunächst musikwissenschaftlich, welche populistischen Elemente in kommerziell erfolgreichen Musikstücken zu finden sind. Hierfür untersuchen sie die Verbindung zwischen Songtexten, Musikvideos und musikalischen Parametern wie Form, Rhythmus, Melodik, Harmonik und Sound. Anschließend geht es um die Rezeption dieser Lieder aus soziologischer Perspektive. Hierfür sind in den fünf Beispielländern moderierte Gruppendiskussionen mit Erstwählern geplant. In der letzten Phase des Projekts geht es darum, Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Ländern herauszustellen.
Mit ihrem Projekt richten die Forscher den Fokus auf die kulturelle Dimension des Populismus. Obwohl populistische Bewegungen gezielt auf die emotionale und identitätsstiftende Wirkung populärer Kultur setzten, werde dieser Aspekt in Studien bisher kaum berücksichtigt, so Dunkel. Eine zentrale Rolle komme dabei der Musik als europaweit führendem Zweig der Kultur- und Kreativwirtschaft zu. "Wir wollen mit unserer Grundlagenforschung einen zentralen Aspekt aktueller kultureller Veränderungen in Europa dokumentieren. Die Ergebnisse können außerdem Anknüpfungspunkte bieten, um didaktische Methoden zu entwickeln, die ein kritisches Bewusstsein gegenüber populistischen Kulturen fördern“, fasst Dunkel die Ziele des Projekts zusammen.
Mit der Ausschreibung "Herausforderungen für Europa“ fördert die VolkswagenStiftung den Aufbau europäischer Forschergruppen, in denen Wissenschaftler der Geistes- und Gesellschaftswissenschaften aus Deutschland und mindestens zwei weiteren europäischen Ländern zusammenarbeiten. Damit soll eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den vielfältigen Herausforderungen angeregt werden, vor denen Europa und die Europäische Union derzeit stehen. Zudem will das Programm neue Vergleichsperspektiven eröffnen und innereuropäische wissenschaftliche Kooperationen stärken.