Foto Experimental Concert Research
Das Forschungsprojekt Experimental Concert Research untersucht das Konzerterleben erstmals mit systematischen Experimenten.  
Foto:  F. Bernoully  /  MPI für empirische Ästhetik

Das klassische Konzert ist seit etwa zwei Jahrhunderten ein hochentwickeltes Format von Performance und Rezeption. Doch welche Parameter dieses ritualisierten Ablaufs sind zentral für das Konzerterleben, welche irrelevant und welche vielleicht sogar hinderlich? In dem groß angelegten Forschungsprojekt Experimental Concert Research geht ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik in Frankfurt am Main dem Konzerterleben erstmals experimentell auf den Grund.

Absätze
„Die Frage ist: Was erleben Menschen eigentlich im Konzert? Und wie genau beeinflussen verschiedene Konzertelemente und -formate das Erleben der aufgeführten Musik? Das ist bisher kaum systematisch empirisch untersucht worden.“
Autor
Melanie Wald-Fuhrmann, Direktorin am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik

Experimental Concert Research erforscht, welche Erlebenspotenziale das Konzert als eine spezifische Darbietungs- und Rezeptionsform für bestimmte Musik erschließt. Die Leitfrage des von der VolkswagenStiftung und der Aventis Foundation geförderten Projekts lautet: Was macht das Erlebnis in einem Konzert mit klassischer Musik heute aus? Melanie Wald-Fuhrmann, Direktorin am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik, erklärt: „Die Frage ist: Was erleben Menschen eigentlich im Konzert? Und wie genau beeinflussen verschiedene Konzertelemente und -formate das Erleben der aufgeführten Musik? Das ist bisher kaum systematisch empirisch untersucht worden. Wir haben daher ein multimethodisches Forschungsdesign entwickelt, das während realer Konzerte zum Einsatz kommt.“

Dazu gehören sowohl psychologische als auch soziologische Messinstrumente, die das Team in den vergangenen vier Jahren erarbeitet hat. Die Konzertbesucher:innen werden unter Anwendung einer speziell konzipierten Methodenkombination verkabelt, beobachtet und befragt – und damit aktiv und passiv in die Untersuchung ihres Konzerterlebens einbezogen.

Nach einer „Sneak Preview“ im September 2020 startet das Projekt nun richtig: Am 12. und 13. April 2022 finden im Pierre Boulez Saal in Berlin die ersten Experimental-Konzerte statt. Vom 28. April bis 6. Mai 2022 geht es im Berliner Kulturzentrum Radialsystem weiter. Allabendlich spielen das international renommierte Kammermusikensemble Epitaph oder die hochkarätigen Newcomer Yubal Ensemble Streichquintette von Ludwig van Beethoven, Brett Dean und Johannes Brahms.

Das musikalische Programm bleibt an allen Abenden unverändert. Allerdings werden die Kompositionen von einem Konzert zum nächsten immer anders präsentiert und dramaturgisch verändert – beispielsweise durch Moderation, Lichtdesign oder das Mitwirken der Zuhörer:innen. Durch Befragungen, die Messung von körperlichen Reaktionen sowie Verhaltensbeobachtung will das Forschungsteam herausfinden, ob die unterschiedlichen Konzertsettings und Interventionen zu einer veränderten Wahrnehmung der Musik und einem veränderten Konzerterleben führen.

Die Gesamtprojektleitung von Experimental Concert Research liegt bei Prof. Dr. Martin Tröndle von der Zeppelin Universität Friedrichshafen, die Künstlerische Leitung hat Folkert Uhde vom Radialsystem inne. Der Kartenvorverkauf hat bereits begonnen: Interessierte können entweder ein reguläres Konzert-Ticket erwerben oder angeben, dass sie an der Studie teilnehmen wollen. Der Eintritt ist in diesem Fall ermäßigt. Die Forscher:innen hoffen auf bis zu 90 aktive Studienteilnehmer:innen pro Abend.