Ob im Multi-Media-Musical, in der Radiowerkstatt, im Museum oder im Theater – Jugendliche, die sich an kulturellen Projekten beteiligen, erlangen nicht nur fundiertes Wissen darüber, wie Kulturarbeit funktioniert. Sie entwickeln gleichzeitig Kompetenzen wie Selbstbewusstsein, Kreativität, Toleranz und Kritikfähigkeit, die im Alltag wie im Beruf sehr gefragt sind. Der Kompetenznachweis Kultur (KNK), der von der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) e.V. entwickelt wurde, zertifiziert die von Jugendlichen in Kulturprojekten erworbenen und gezeigten Stärken. Am 16. März 2007 präsentierte die BKJ erstmals die Ergebnisse einer aktuellen Studie zum Nutzen und zur Wirkung des Kompetenznachweises Kultur.
„Das Theaterspielen hat mir die Angst genommen, wenn ich vor Menschen handeln oder sprechen soll“, beschreibt eine 18-jährige Jugendliche. Sie ist eine von mehr als 70 Jugendlichen aus sieben verschiedenen Kulturprojekten, die am vergangenen Freitag ihren KNK entgegennahmen. Es gehört zum Konzept, dass Jugendliche aktiv an der Erstellung ihres Bildungspasses, gemeinsam mit einer Fachkraft der Kultureinrichtung, mitarbeiten. Das hilft den Jugendlichen, die eigenen Kompetenzen zu entdecken, zu formulieren und zu kommunizieren. „Durch den Kompetenznachweis Kultur sind mir meine Stärken erst richtig bewusst geworden. Manches war mir so selbstverständlich, dass ich es gar nicht als eine Kompetenz erkannt habe. Das waren echte Aha-Erlebnisse“, so ein Jugendlicher, der sein Engagement in einem Radioprojekt genauer unter die Lupe genommen hatte. Darüber hinaus dient das Zertifikat als Ergänzung der Bewerbungsunterlagen.

Auch die aktuelle Studie zum Kompetenznachweis Kultur, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und vom Deutschen Jugendinstitut und der Bildungs- und Managementgesellschaft mbH Langer (BMG) aus Zwickau im Auftrag der BKJ durchgeführt wurde, legt in ihren Ergebnissen den positiven Nutzen für Jugendliche wie für Fachkräfte der kulturellen Bildung offen. Im Rahmen einer dreistündigen Veranstaltung gab Prof. Dr. Joachim Thomas von der Universität Eichstätt am vergangenen Freitag die Ergebnisse erstmals öffentlich bekannt.

Mehr als 500 Jugendliche sowie 480 Wirtschaftsunternehmen wurden im Rahmen der Evaluation in Telefoninterviews bzw. in mehrseitigen Fragebögen um ihre Einschätzung zum Kompetenz-nachweis Kultur gebeten. Dabei wurde deutlich, dass besonders die 12- bis 15-jährigen Haupt- und RealschülerInnen vom Bildungspass profitieren. „Im Vergleich zu Jugendlichen ohne Kompetenznachweis Kultur besitzen die 12- bis 15-Jährigen mit Kompetenznachweis Kultur ein höheres Kompetenzempfinden als Gleichaltrige in der Kontrollgruppe. Dies ist ein Hinweis darauf, dass das dialogische Verfahren zum Erwerb des KNK dahingehend Wirkungen zeigt, dass sie ihre Fähigkeiten bewusster wahrnehmen und einschätzen“, so Ulrike Richter vom Deutschen Jugendinstitut.

Positiv war auch die Reaktion der befragten Personalverantwortlichen in den Unternehmen, die dem Kompetenznachweis Kultur einen großen Nutzen für die Orientierung der Jugendlichen bescheinigten. Denn Kompetenzen wie Durchhaltevermögen, Kommunikationsfähigkeit oder Selbstbewusstsein sind wichtig und immer mehr Personalverantwortliche schauen nicht nur auf die Noten, sie wollen wissen, was junge Menschen außerhalb der Schule gemacht haben und halten deshalb zusätzliche Zertifikate in der Bewerbung für hilfreich: „Es ist wichtig für uns, detaillierte Informationen über die soziale Kompetenz unserer Azubis zu bekommen und der Kompetenznachweis Kultur ist sicher ein weiterer fundierter Beitrag für unsere Auswahl“.
„Der Kompetenznachweis Kultur zielt exakt auf die Punkte ab, die dafür entscheidend sind, ob eine Ausbildung funktioniert oder nicht; Fachwissen ist zu vermitteln; dagegen ist Verhalten schwer zu ändern.“ (Personalverantwortlicher eines mittleren Unternehmens)

„Wir unterstützen den Kompetenznachweis Kultur seit langem“, so Reinhard Mohaupt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), „weil wir wissen, dass Qualität Zeit braucht, um sich zu entwickeln. Die Ergebnisse der Evaluation zeigen, dass der Weg richtig war.“

Heidi Traub, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Kulturarbeit in der evangelischen Jugend (bka) e.V. und Insa Lienemann, Vorstandsmitglied der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) e.V. bekräftigten beide, dass ihre Verbände sich auch in Zukunft für den Bil-dungspass einsetzen. „Wir wollen den Kompetenznachweis Kultur vor allem auch Jugendlichen zugänglich machen, die mit schulischen Leistungen weniger glänzen“, erklärte Insa Lienemann.

Zwischen den Ausflügen in die Welt der Forschungsergebnisse boten die rund 70 Jugendlichen in Berlin Einblicke in die Projekte, an denen sie aktiv beteiligt waren und in denen sie ihren Kompetenznachweis Kultur erwarben. Mit dabei waren Jugendliche aus Leipzig mit Bildern aus dem internationalen Begegnungsprojekt „Frieden hat ein Gesicht“, RealschülerInnen aus Bergkamen mit Ausschnitten aus dem Multi-Media-Musical „Coole Monkeys“, Jugendliche des Radioprojekts „Cross Channel“ aus Wetzlar und des Theaterprojekts „Erziehung der Engel“ aus Leipzig, eine Gruppe aus dem Gottesdienstprojekt „Message for you", eine Klasse des Berufskollegs Lippstadt mit dem Multi-Media-Projekt „Rap für Courage – XXL“ und fünf Jugendliche des Dietrich-Keuning-Hauses Dortmund als VertreterInnen des Global Dance Projects.