„Freischütz am Hindukusch“, so lautete nur eine von vielen Schlagzeilen Mitte Februar. Bei einem Grünkohlesssen in der Rettbergkaserne in Eutin hatte Oberstleutnant Stephan Leistenschneider die Eutiner Festspiele zu einem Gastspiel ins Feldlager der Isaf-Truppe im afghanischen Kunduz eingeladen. Was einige Skeptiker zunächst noch als „Schnapsidee“ abgetan hatten, ist jetzt „in trockenen Tüchern“, wie Intendant Jörg Fallheier feststellt, der bereits mitten in den Reisevorbereitungen steckt.
Am 30. Mai geht es mit einer Bundeswehrmaschine vom Flughafen Köln/Bonn via Termez (Usbekistan) nach Kunduz. Dort halten sich seit Anfang März über hundert Soldaten des Panzeraufklärungsbataillons 6 aus Eutin auf, ein sowohl militärischer, als auch humanitärer Auftrag zur Stabilisierung der vom Krieg gebeutelten Region.
Mit zwei Konzerten, zu denen jeweils mindestens 300 Gäste erwartet werden, sollen sich die Eutiner Festspiele „im Garten Afghanistans“ (Leistenschneider) präsentieren dürfen. An einem Abend sind die Soldaten eingeladen und zahlreiche Gäste der „International Community“, wie der Kommandeur verrät, der mit diesem Konzert mit Hiighlights aus Musicals, Chansons und Popsongs das „Neue Feldlager Kunduz“ feierlich eröffnen möchte. An einem anderen Abend werden externe Gäste, also Gouverneure, Bürgermeister und die Mitglieder des Provinzrates sowie zivile Mitarbeiter erwartet, denen sich das Eutiner Ensemble mit einem Programm aus Oper, Operette und Musical zeigen wird. Rhythmische Musik sei bei den Afghanen besonders populär, so hat Leistenschneider den Eutiner Künstlern mit auf den Weg gegeben. Die Konzerte werden Open Air stattfinden, also für die Eutiner fast schon in „gewohnter Umgebung“!
Neben Intendant Jörg Fallheier, der auch moderieren wird, werden sich Heike Wittlieb (Sopran), die im Sommer dieses Jahres im „Vogelhändler“ und in der „Verkauften Braut“ ihr Eutiner Festspieldebüt geben wird, und Thomas Kiessling (Tenor), den man dann als Adam aus Tirol im „Vogelhändler“ in der Schlossgartenoper erleben kann, auf den fast 6000 km langen Flug gen Osten machen. Stephanie Theiss, Schauspielerin und Sängerin, die gerade gestern in der ausverkauften Eutiner Opernscheune mit einem Chanson-Abend begeisterte, wird das Ensemble ergänzen und zusätzlich den englischsprachigen Teil der Moderation übernehmen. Bettina Rohrbeck vom Kieler Opernhaus wird die Künstler am (eigens eingeflogenen) Klavier begleiten. Damit Licht und Technik (Beschallung) stimmen, gehören auch Jörg Schütt und Karol Cybolla von der Lübecker Musikhochschule, die beide in der nahen Festspielzeit zum Eutiner Technik-Team zählen werden, zum kleinen Reisestab. Beide Techniker kennen Land und Leute, waren sie jedoch bereits zur Schulung einheimischer Kollegen in Afghanistan. Auch ein Vertreter des Aufsichtsrats der Eutiner Festspiele wird sich auf die Reise machen: Hans-Georg Rieckmann, ehemals Präses der Lübecker IHK.
Trotz der Medienberichte der letzten Tage über die kritische Gefahrenlage in Kunduz und trotz der Anschläge vom 6. April, bei denen vier deutsche Soldaten verletzt wurden und ausgeflogen werden mussten, hat Intendant Fallheier keinerlei Bedenken, gemeinsam mit seinem kleinen Team, begleitet von einigen Journalisten, diese Reise ins Krisengebiet anzutreten: „Uns wurde mitgeteilt, dass die Sicherheitslage ruhig sei. Ich verlasse mich voll und ganz auf diese Beurteilung von Oberstleutnant Leistenschneider!“, gibt sich Fallheier zuversichtlich.
Auch die Finanzierung der insgesamt fünftägigen Konzertreise ist, u.a. mit Hilfe der Sparkasse Holstein. bereits gesichert.
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