Zum ersten Mal in Deutschland hat am Samstag Abend das Heidelberger Theater eine Opernaufführung für Blinde und Sehbehinderte barrierefrei zugänglich gemacht. Rund 140 blinde und sehgeschädigte Besucher aus dem gesamten Bundesgebiet erlebten eine Vorstellung der Mozart-Oper „Titus“ mit Live-Audiodeskription – detaillierten Beschreibungen zu Bühnenbild, Akteuren und Handlung.
Den Musikgenuss nicht zu stören und trotzdem ausreichend akustische Hilfestellung zu leisten ist gerade bei der Oper eine große Herausforderung. Punktgenau wurden daher die Einsätze der Beschreiberin Anke Nicolai, Vorsitzende des Vereins Hörfilm e. V., auf die Musik abgestimmt. Mit den bereitgestellten Audioguides konnten die Zuschauer im Saal die live eingesprochenen Deskriptionen problemlos empfangen. Schon seit Jahren hatte Anke Nicolai den Plan, eine Oper für Sehgeschädigte barrierefrei zugänglich zu machen: „Dass wir diese Idee nun endlich verwirklichen konnten, macht mich sehr glücklich!“ Ermöglicht wurde diese besondere Vorstellung in Heidelberg durch die Unterstützung von Stiftungen, Sponsoren und Blindenverbänden sowie des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg.
Aus Nürnberg reiste gleich ein ganzer Bus mit 21 sehbehinderten Schülern nach Heidelberg, um sich dieses außergewöhnliche Musikerlebnis nicht entgehen zu lassen. „Es freut mich sehr, dass meine Schüler einen ganz neuen Zugang zur Oper gewinnen konnten“, so die Lehrerin der musikinteressierten Schüler. Beim anschließenden Nachgespräch im Foyer des Theaters gab es begeisterte Rückmeldungen. „Für mich ist heute ein Traum in Erfüllung gegangen“, sagte eine blinde Besucherin voller Freude. Es gab lebhafte Anregungen für kommende Opernprojekte, denn, so der Tenor: Oper für Blinde soll es bald wieder geben.
Der Heidelberger Intendant Peter Spuhler setzt sich aktiv dafür ein, dass die für Hörtheater notwendige Übertragungstechnik im Zuge der umfassenden Sanierung des Theaters fest installiert wird. So kann in Zukunft eine größere Regelmäßigkeit von Hörtheater gewährleistet werden. Die für den gesamten Stadtrat stellvertretend anwesende Stadträtin Margret Hommelhoff befürwortet dieses Vorhaben und auch Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner hat seine Unterstützung zugesichert.
Für das kommende Jahr ist bereits das nächste Projekt in Planung: „Die Zauberflöte“, von Wolfgang Amadeus Mozart soll im OPERNZELT – der Interimspielstätte während der Theatersanierung – für Sehgeschädigte barrierefrei zugänglich gemacht werden. Sowohl das Heidelberger Theater und seine Besucher als auch Anke Nicolai und ihre Kollegen von Hörfilm e. V. freuen sich schon jetzt darauf.
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