Der internationale Ernst von Siemens Musikpreis geht 2015 an den deutschen Dirigenten Christoph Eschenbach. Die Auszeichnung für ein Leben im Dienste der Musik ist mit 250.000 Euro dotiert. Der Preis wird Christoph Eschenbach am 31. Mai 2015 im Münchner Herkulessaal durch den Präsidenten der Bayerischen Akademie der Schönen Künste überreicht. Insgesamt vergibt die Ernst von Siemens Musikstiftung drei Millionen Euro an Preis- und Fördergeldern.
Das Kuratorium der Ernst von Siemens Musikstiftung zeichnet mit Christoph Eschenbach eine künstlerische Ausnahmeerscheinung aus, die es – nicht nur vom Dirigentenpult herab – immer wieder aufs Neue vermag, Orchester, Solisten und das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Er ist ein hochvitaler Dirigent und beeindruckender Orchestererzieher, dessen Größe in einer Art natürlicher Autorität liegt, die Machtgesten und alles Übertriebene, allzu Plakative scheut. Dabei überzeugt Christoph Eschenbach als Dirigent genauso wie als Pianist und Pädagoge.
Der 1940 in Breslau geborene Christoph Eschenbach stellte nicht nur sein Leben in den Dienst der Musik, sondern zunächst tat die Musik Dienst an seinem Leben: Eschenbachs Mutter starb bei der Geburt, der Vater nur wenige Jahre später in einem Strafbataillon an der Kriegsfront. Nach dem Krieg erkrankt das Kind in einem Waisenhaus in Mecklenburg an Typhus. Die Adoption durch Wallydore Eschenbach, eine Cousine der leiblichen Mutter, empfindet Eschenbach als „Rettung“. Die Sängerin und Pianistin gibt dem über Leid und Krankheit verstummten Jungen nicht nur die Sprache zurück, als sie ihn fragt, ob er selbst Musik machen wolle und er nach einjährigem Schweigen „ja“ antwortet. Die Musik gab „meinem damals schwindenden Leben den Sinn zurück“, erklärt Christoph Eschenbach dieses entscheidende Erlebnis. „Ich bin deshalb dankbar, ganz in ihrem Dienst zu stehen.“
1955 wird er an der Musikhochschule Köln in die Klavierklasse von Hans-Otto Schmidt-Neuhaus, aufgenommen. Nach seinem Abitur 1959 nimmt er zudem ein Dirigierstudium bei Wilhelm Brückner-Rüggeberg in Hamburg auf. 1962 gewinnt er den ARD-Musikwettbewerb in München, bald darauf schließt er seinen ersten Schallplattenvertrag als Pianist mit der Deutschen Grammophon Gesellschaft ab. Weitere Preise und zahlreiche Einspielungen folgen. 1967 wird George Szell Eschenbachs Lehrer. 1982 wird er Chefdirigent und künstlerischer Leiter des Tonhalle Orchesters Zürich, ab 1988 ist er musikalischer Direktor der Houston Symphony, in den 90er Jahren wird er musikalischer Direktor des Ravinia Festivals und künstlerischer Leiter des Schleswig-Holstein Musik Festivals.
Christoph Eschenbach gibt immer wieder Zeugnis von der großen Bandbreite seines Repertoires. Der deutschen Romantik nähert er sich mit derselben Neugier wie Neuer Musik, um die er sich als Dirigent, aber auch als Pianist vielfach verdient gemacht hat. Christoph Eschenbach ist bis zum heutigen Tag hoch geschätzter Gastdirigent der großen Orchester und Opernhäuser der Welt. Er versieht seit September 2010 die doppelte Leitung des John F. Kennedy Center for the Performing Arts sowie des National Symphony Orchestra in Washington D.C. Er ist fest in die Planung der Spielzeiten, der internationalen Festivals und besonderen Projekte für diese beiden renommierten Institutionen eingebunden.
Zu den Höhepunkten der laufenden Spielzeit zählen neben Auftritten mit dem National Symphony Orchestra in den USA die Leitung des Leipziger Gewandhausorchesters, der Münchner Philharmoniker, der Staatskapelle Dresden sowie des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin. Mit den Wiener Philharmonikern, dem London Philharmonic Orchestra und dem Gustav Mahler Jugendorchester war bzw. geht er in dieser Spielzeit auf Europatournee und ist – wie jedes Jahr seit 1999 – Gast des Schleswig-Holstein Musik Festivals.
Christoph Eschenbach hat der Welt in seiner nunmehr über 40 Jahre andauernden Karriere unzählige Einspielungen beschert, von denen jede einzelne die Neugier des Interpreten auf das Werk erfahrbar macht. Jüngst wurde Schuberts Winterreise mit dem Bariton Matthias Goerne und Eschenbach am Klavier begeistert von Kritikern und Publikum aufgenommen. Anfang 2014 wurde seine Hindemith-Einspielung mit einem Grammy ausgezeichnet.
Die Unterstützung, die Eschenbach durch die beiden großen Persönlichkeiten George Szell und Herbert von Karajan vielfach auf seinem Schaffensweg erfuhr, gehört zu den Schlüsselerlebnissen, die sein Leben bis heute bestimmen: Christoph Eschenbach wird nicht müde, künstlerischen Nachwuchs zu fördern aber auch herauszufordern. Hervorragenden jungen Musikern gibt er mitunter ganze Tage lang Unterricht, wenn es sein muss, macht er sich für sie auch auf Veranstaltersuche. Szell und von Karajan „haben mir den Weg für andere gezeigt“. Seine große künstlerische Erfahrung gibt Christoph Eschenbach regelmäßig in Meisterkursen und Orchesterakademien wie der des Schleswig-Holstein Musik Festivals, der Kronberg Academy oder der Manhattan School of Music weiter.
Christoph Eschenbach ist Ritter der Légion d’Honneur, Offizier des französischen Nationalverdienstordens, Commandeur des Ordre des Arts et des Lettres, Träger des deutschen Bundesverdienstkreuzes und Gewinner des Leonard Bernstein Preises. Wenn er nicht auf Reisen ist, lebt Eschenbach abwechselnd in den USA und in Paris, denn eines gilt es ihm zu vermeiden, im Leben wie Arbeiten: Routine.
Preisverleihung am 31. Mai 2015 im Herkulessaal der Residenz München
Der Ernst von Siemens Musikpreis wird Christoph Eschenbach am 31. Mai 2015 im Münchner Herkulessaal bei einem musikalischen Festakt verliehen. Michael Krüger, Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, wird die hohe Auszeichnung überreichen. Unter der Leitung des Preisträgers werden die Bamberger Symphoniker spielen. Zudem verleiht die Ernst von Siemens Musikstiftung drei Förderpreise an junge vielversprechende Komponisten.
Die Preise werden durch den Vorsitzenden des Kuratoriums, Thomas Angyan, überreicht. Die Namen der Komponisten veröffentlicht die Ernst von Siemens Musikstiftung Ende Februar.
Die Ernst von Siemens Musikstiftung vergibt erneut drei Millionen Euro Insgesamt vergibt die Stiftung drei Millionen Euro an Preis- und Fördergeldern. Gefördert werden 2015 weltweit rund 150 Projekte im zeitgenössischen Musikbereich. Der größte Anteil der Förderung entfällt erneut auf Kompositionsaufträge, aber auch Festivals, Konzerte, Kinder- und Jugendprojekte sowie Publikationen werden mit Fördergeldern bedacht. 250.000 Euro entfallen auf die Dotierung des Hauptpreises und je 35.000 Euro sowie die Produktion einer Porträt-CD erhalten die Komponisten-Förderpreisträger.
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