Der am 5. Januar 1931 im nordmährischen Wiesenberg (heutige Tschechische Republik) geborene Pianist Alfred Brendel erhält in diesem Jahr den internationalen Ernst von Siemens Musikpreis, dotiert mit 150.000 €. Die Bayerische Akademie der Schönen Künste überreicht ihm die hohe Auszeichnung am 14. Mai 2004 bei einem Festakt in den Münchner Kammerspielen. Die Laudatio hält Michael Krüger, der Verleger des Carl Hanser Verlages, in dem fünf Bücher des auch als Lyriker und Essayist bekannt gewordenen Künstlers herausgekommen sind.

Alfred Brendel, der 1998 sein 50-jähriges Bühnenjubiläum feiern konnte, ist einer der großen Pianisten unserer Zeit. Im Zentrum seiner interpretatorischen Tätigkeit steht der Kanon der Werke aus Klassik und Romantik, mit dem er sich immer wieder neu auseinander gesetzt hat. Doch erstreckt sich sein weit gefächertes Repertoire auch auf Kompositionen, die lange als randständig galten, und denen er durch sein rückhaltloses Eintreten als Interpret und Musikschriftsteller zu erneuter Resonanz im Konzertleben verhalf. Beispiele dafür sind Busonis Klaviermusik, Schuberts Sonaten, das Spätwerk von Franz Liszt oder das Klavierkonzert von Arnold Schönberg.

Mit seinen unzähligen Aufnahmen hat Alfred Brendel Schallplattengeschichte gemacht. Er war der erste, der das Gesamtwerk Beethovens für Klavier einspielte. Mit seinen frühen Aufnahmen mit Kompositionen von Franz Liszt schuf er ein neues, modernes Bild des als Tastenlöwe verkannten Romantikers. Viele bedeutende Werke und Zyklen der Klavierliteratur nahm er im Lauf der Zeit mehrfach auf, so dass sich der jahrzehntelange Reifeprozess von Brendels Klavierkunst auf Tonträgern eindrucksvoll nachvollziehen lässt.
Alfred Brendel verkörpert den Typus des Interpreten, der seine Tätigkeit als Musiker stets mit historischer Forschung und einem wachen Bewusstsein für die Gegen wart verbunden hat. Seine profunden Reflexionen über das Metier des Interpreten, über Musik und Musikleben weisen ihn als Musikschriftsteller von hohem Rang aus. Seine Aufsätze veröffentlichte er in den Büchern „Musical Thoughts and Afterthoughts“ (London 1976; deutsch: „Nachdenken über Musik“, München 1977) und „Music sounded out“ (London 1990; deutsch „Musik beim Wort genommen“, München 1992). Unter dem Titel „Ausgerechnet ich“ erschienen seine Gespräche mit Martin Meyer (München 2001). Seine einzigartige Doppelbegabung als Musiker und Schriftsteller zeigt sich auch in seiner Gedichtsammlung „Spiegelbild und schwarzer Spuk“ (München 2003), die von der Groteske über die scharfe intellektuelle Reflexion bis zum versöhnlichen Humor einen weiten Bogen zu schlagen versteht.

Alfred Brendel entstammt einer österreichisch-deutsch-italienisch-slawischen Familie. Er studierte Klavier, Komposition und Dirigieren in Zagreb und Graz und schloss seine Klavierstudien bei Edwin Fischer ab. Seine Karriere begann 1949 mit einem Preis beim Busoni-Wettbewerb. Er lebt seit über 30 Jahren in London, hat zahlreiche internationale Ehrungen erhalten und ist u.a. Ehrendoktor der Universitäten Oxford, Exeter und Yale.

Die Förderpreise 2004:

Die drei Komponisten-Preise gehen an den Franzosen Fabien Lévy, den Österreicher Johannes Maria Staud und den Deutschen Enno Poppe.

Mit weiteren Förderpreisen werden ausgezeichnet:
Donaueschinger Musiktage; Lucerne Festival Akademie unter Pierre Boulez; ensemble mosaik, Berlin; Chor der Bamberger Symphoniker; Verband Deutscher Schulmusiker e. V., Hannover; ensemble Intégrales, Hamburg; Ralph Paland über Bernd Alois Zimmermann, Köln; Pietro Cavallotti über Avantgarde-Musik, Berlin; Hans Pfitzner-Gesellschaft e. V., Mainz/München; Gesellschaft für Musik & Ästhetik, Horben; Ensemble Phoenix Basel; South Bank Centre/ Royal Festival Hall, London; K.Rainer Nonnenmann über Helmut Lachenmann und Luigi Nono, Köln; Sommerliche Musiktage Hitzacker; Festival d’Automne à Paris; 10 Jahre Rundfunkorchester und -chöre GmbH Berlin; ensemble chronophonie, Freiburg; Institut für Neue Musik und Musikerziehung, Darmstadt; Fondazione L’Unione Europea, Berlin; Ensemble Sospeso, New York; Novoflot, Berlin; Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, Ludwigshafen am Rhein; via nova – zeitgenössische Musik in Thüringen e. V., Weimar; Schauspielhaus Zürich; Deutsche Staatsoper Berlin; Zeitgenössisches Europäisches Orchester- Seminar, Landesakademie Ochsenhausen;

Wie schon im vorigen Jahr gehen weitere Unterstützungen an:

„Musik in Deutschland 1950-2000“, Deutscher Musikrat, Bonn; Volontariate für polnische Musikwissenschaftler; JEUNESSE - Musikalische Jugend Österreichs, Wien.

Auf der Kuratoriumssitzung am 13. Mai 2004, dem Vorabend der Preisverleihung in München, werden weitere Förderpreise vergeben