Myung Whun Chung, Peter Hill, Roger Muraro, Bettina Aust – vier von 52 Namen, die auf besondere Weise mit einem Ort und einem musikalischen Ereignis verbunden sind. Es sind die Namen exzellenter Solisten und Solistinnen, die das "Quartett auf das Ende der Zeit“ von Olivier Messiaen am Ort der Uraufführung gespielt haben – auf dem Gelände des ehemaligen deutschen Kriegsgefangenenlagers Stalag VIII A am Stadtrand von Görlitz-Zgorzelec.
Seit 2008 wird dort jährlich an die Uraufführung vom 15. Januar 1941 erinnert, als Olivier Messiaen mit drei Mitgefangenen sein Werk in der Theaterbaracke des Lagers erstmals einem Publikum vorstellte. Noch heute erinnern sich die damaligen Musiker und Musikerinnen der Sächsischen Staatskapelle Dresden an den 15. Januar 2008. An ein Zelt im Schnee, an kalte Finger, an den Wind, der am Zelt rüttelte, an fast 400 Menschen aus Polen, Deutschland und Tschechien, die fasziniert waren von diesem ungewöhnlichen Gedenkkonzert.
Der Görlitzer Verein Meetingpoint Music Messiaen e.V. und die Zgorzelecer Stiftung Erinnerung, Bildung, Kultur erinnern seither Jahr für Jahr nicht nur an Messiaen und seine Uraufführung, sondern vor allem an 120.000 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, die in den Kriegsjahren 1939 – 1945 im Stalag VIII A gelitten haben; etwa 10.000 Männer starben hier und liegen anonym in einem Massengrab unweit des Aufführungsortes.
Prominente Solistinnen und Solisten und namhafte Ensembles haben seither diese acht Sätze für Violine, Klarinette, Violoncello und Klavier ebenso an diesem Ort gespielt wie junge und noch wenig bekannte Virtuosinnen und Virtuosen. Und obwohl das Januar-Konzert seit 2015 nicht mehr in einem Zelt aufgeführt wird, sondern im neu entstandenen Europäischen Zentrum Erinnerung, Bildung, Kultur "Meetingpoint Music Messiaen“, bleibt es ein ungewöhnlich intensives Erlebnis – für MusikerInnen wie Auditorium gleichermaßen.
Seit 2017 ist das "Quatuor pour la fin du temps“ eingebettet in einen Reigen von Konzerten, Vorträgen und Führungen. Die "Internationalen Messiaen-Tage Görlitz-Zgorzelec“ entwickeln sich zu einem anregenden und hochkarätigen Jahresauftakt für Kulturinteressierte und Freunde zeitgenössischer Musik.
Im Januar 2021 jährt sich die Uraufführung zum 80. Mal. Für diesen besonderen Anlass lobt der Meetingpoint Music Messiaen einen Wettbewerb aus: Gesucht wird das Ensemble, das am 15. Januar 2021 Olivier Messiaens Quartett interpretieren wird. Musikerinnen und Musiker aus mindestens zwei Ländern sollten es sein, idealerweise aus Polen, Frankreich und Deutschland. Sie dürfen zum Zeitpunkt der Bewerbung nicht älter als 35 Jahre sein. Einsendeschluss ist der 31. Juli 2020.
Die Gewinner des Wettbewerbs dürfen nicht nur am 15. Januar 2021 am Ort der Uraufführung Messiaens Quartett vor einem internationalen Publikum spielen. Sie sind auch am Wochenende des 29./ 30./ 31. August nach Görlitz/Zgorzelec eingeladen. Hier können sie eine Filmproduktion für den Kultursender ARTE erleben. In deren Mittelpunkt steht die Aufnahme des "Quartetts auf das Ende der Zeit“ mit vier herausragenden Musikern und Musikerinnen aus Frankreich und Deutschland: Pierre-Laurent Aimard (Klavier), Jörg Widmann (Klarinette), Jean-Guihen Queyras (Violoncello) und Isabel Faust (Violine).
Die Höhe der Honorare für die Aufführung am 15.01.2021 wird im Anschluss an die Juryentscheidung mit dem Gewinner-Ensemble im August verhandelt.
Die Preisträgerinnen und Preisträger lernen im Rahmen einer exklusiven Führung die Geschichte des Stalag VIII A und den Ort kennen, an dem 80 Jahre zuvor Olivier Messiaen als Kriegsgefangener lebte.
Interessierte Musiker und Musikerinnen können ihre Bewerbung mit Künstler-Vita bzw. Künstlerin-Vita und Referenzen per E-Mail an die Veranstalter schicken: music@themusicpoint.net.
Weitere Informationen über Messiaens Werk, die Uraufführung und das Kriegsgefangenenlager Stalag VIII A im Internet unter www.meetingpoint-music-messiaen.net und www.messiaen-tage.eu
------
Nachtrag vom 22.07.2020:
Inzwischen wurde ein Ausschreibungsvideo erstellt, das hier eingesehen werden kann.