Orchester müssen bei der Auswahl und Verlängerung ihrer Chefdirigenten beteiligt und respektiert werden, fordert die Deutsche Orchestervereinigung. Aktueller Hintergrund ist der Fall der Niederbayerischen Philharmonie Passau: Entgegen der Bitte des Orchesters nach einer künstlerischen Neuausrichtung und Beteiligung an diesem Prozess wurden die Verträge von Intendant Stefan Tilch und GMD Basil H.E. Coleman am Landestheater Niederbayern nochmals um drei Jahre bis 2026 verlängert.
„Die Mitglieder der Niederbayerischen Philharmonie wurden von der Verlängerungsentscheidung überrascht. Dabei hatten sie zuvor den kommunalen Vertretern des Theater-Zweckverbands die Notwendigkeit einer betrieblichen Weiterentwicklung und eines künstlerischen Abwechslungsbedürfnisses überzeugend dargelegt“, sagt Gerald Mertens, Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung. „Es ist mehr als bedauerlich und für engagierte Orchestermitglieder auch frustrierend, dass der Wunsch des Orchesters ignoriert wurde. Um neue Impulse zu setzen und Abwechslung zu schaffen, ist es in Orchestern und Theatern üblich, dass Dirigenten bzw. Intendanten in der Regel nach fünf bis zehn Jahren wechseln.“ Tilch und Coleman sind bereits seit 20 bzw. 23 Jahren in Passau tätig.
"Austausch auf Augenhöhe bilden die Basis für Innovation im modernen Orchester- und Theaterbetrieb."
„Immerhin ist die nunmehr vom Zweckverband angekündigte Aufwertung einer seit mehreren Jahren unbesetzten Kapellmeister-Stelle zur Position eines Chefdirigenten ein erster Schritt in die richtige Richtung. So wird die von den Orchestermitgliedern erhoffte künstlerische Weiterentwicklung wenigstens im Konzertbereich vorbereitet“, sagt Mertens. Die Chefdirigentin oder der Chefdirigent soll die Niederbayerische Philharmonie ab kommendem Jahr gemeinsam mit Coleman leiten. Mertens: „Es ist allgemein wünschenswert, dass die verantwortlichen Entscheidungsträger bei der Auswahl künstlerischer Leitungen mit den Orchester- und Theatervertretungen konstruktiv zusammenarbeiten. Klare Zielvorstellungen der Träger, wechselseitiges Vertrauen und Austausch auf Augenhöhe bilden die Basis für Innovation im modernen Orchester- und Theaterbetrieb.“