Beim Deutschen Theaterpreis DER FAUST werden auch in diesem Jahr herausragende künstlerische Leistungen in acht Kategorien geehrt, den Preis für das Lebenswerk erhält der Choreograf William Forsythe. Die Verleihung findet am 21. November 2020 am Staatstheater Hannover statt, aufgrund der aktuellen Situation allerdings in anderer Form als in den Vorjahren und in sehr kleinem Rahmen. "Der Deutsche Theaterpreis DER FAUST macht auf die herausragenden künstlerischen Leistungen aufmerksam, die im vergangenen Jahr in ganz Deutschland geboten wurden. Diese Leistungen wurden vor der Corona-Pandemie vollbracht und dürfen nicht vergessen werden“, sagte Bühnenvereinspräsident Ulrich Khuon heute in Köln. "Wir sind sehr froh, dass die Veranstaltung überhaupt stattfinden kann, und dass wir heute die Nominierungen und das Lebenswerk verkünden können.“ Die Veranstalter haben sich für diesen kleinen Veranstaltungsrahmen entschieden, um unter den derzeit möglichen Umständen die ausgezeichneten Künstler*innen gebührend zu ehren. Bei der Verleihung werden wie immer die Preisträger*innen verkündet. Für das nächste Jahr besteht die Hoffnung, dass DER FAUST wieder in größerer Form gefeiert werden kann.

In einem Jahr, das für alle Theater weltweit große Unsicherheiten bringt, ist William Forsythe mit seinem ästhetisch, pädagogisch wie strukturell in die Zukunft gerichteten Lebenswerk der ideale Preisträger für den Deutschen Theaterpreis DER FAUST. Forsythe hat den zeitgenössischen Tanz durch seine unvergleichlichen Choreografien entscheidend beeinflusst. Ganze Generationen von Tänzer*innen und Choreograf*innen der Gegenwart hat Forsythe ausgebildet, gefördert und nachhaltig geprägt. Damit hat er Spuren hinterlassen, die für den Tanz kreativ nach vorne weisen.

Die Nominierungen in acht Kategorien:

Regie Kinder- und Jugendtheater:

  • Theresa Henning, "Ankommen ist Wlan – The Arrival“, GRIPS Theater Berlin, in Kooperation mit Uganda Pioneers Association und Kulturstiftung des Bundes, Fonds Turn;
  • Antje Pfundtner, "Ich bin nicht Du“, Junges Theater Bremen MOKS;
  • Alexander Riemenschneider, "Die sexuellen Neurosen unserer Eltern“, Junges Schauspielhaus Hamburg

Regie Schauspiel:

  • Moritz Nikolaus Koch, "Michael Kohlhaas“, TfN Theater für Niedersachsen Hildesheim;
  • Ewelina Marciniak, "Der Boxer“, Thalia Theater Hamburg;
  • Tilo Nest, "Tyll“, Hessisches Staatstheater Wiesbaden

Darsteller/Darstellerin Schauspiel:

  • Gina Haller, Ophelia in "Hamlet“, Schauspielhaus Bochum;
  • Astrid Meyerfeldt, Mary Tyrone in "Eines langen Tages Reise durch die Nacht“, Schauspiel Köln;
  • Stefanie Reinsperger, Rottin in "Glaube und Heimat“, Berliner Ensemble

Choreografie:

  • Bryan Arias, "29 May 1913“, Hessisches Staatstheater Darmstadt/Wiesbaden
  • Im Rahmen des Doppeltanzabends "Le Sacre du Printemps“;
    Florentina Holzinger, "Tanz – Eine sylphidische Träumerei in Stunts“, Sophiensæle Berlin, Eine Produktion von Florentina Holzinger in Koproduktion mit SOPHIENSÆLE (realisiert mit Mitteln aus dem Theaterpreis des Bundes), Spirit und Tanzquartier Wien, Spring Festival, Productiehuis Theater Rotterdam, Künstlerhaus Mousonturm, Arsenic, Münchner Kammerspiele,Take Me Somewhere Festival, deSingel, Beursschouwburg, Frascati Productions, asphalt;
  • Jeroen Verbruggen, "Dornröschen - Once upon a dream“, Oper Leipzig

Darsteller/Darstellerin Tanz:

  • Alina Cojocaru, Laura Rose Wingfield in "Die Glasmenagerie“, Hamburg Ballett John Neumeier;
  • Gesamtes Ensemble in der Produktion "New Ocean“, Schauspiel Köln;
  • Lucy Wilke/Pawel Duduś in "Scores that shaped our friendship“, Tanztendenz München/Schwere Reiter

Bühne/Kostüm:

  • Sebastian Ellrich, Bühne, "Lohengrin“, Theater Chemnitz;
  • Markus Selg, Bühne, "Ultraworld“, Volksbühne Berlin;
  • Katrin Lea Tag, Bühne und Kostüme, "Salome“, Oper Frankfurt

Regie Musiktheater:

  • Martin G. Berger, "Ariadne auf Naxos“, Deutsches Nationaltheater und Staatskapelle Weimar;
  • Jochen Biganzoli, "Tristan und Isolde“, Theater Hagen;
  • Yona Kim, "Carmen“, Nationaltheater Mannheim

Sängerdarsteller/Sängerdarstellerin Musiktheater:

  • Lise Davidsen, Elisabeth in "Tannhäuser“, Bayreuther Festspiele;
  • Marlis Petersen, Marietta in "Die tote Stadt“, Bayerische Staatsoper München;
  • Patrick Zielke, Baron Ochs in "Der Rosenkavalier“, Theater Bremen

Informationen zum Lebenswerkpreisträger:

Forsythe, geboren 1949, hat den zeitgenössischen Tanz durch seine Arbeit entscheidend beeinflusst. Nach seiner Zeit als Tänzer bei John Cranko in Stuttgart war er vom klassischen Ballett geprägt, das er doch als Choreograf radikal zu revolutionieren wusste: Besonders als Ballettdirektor in Frankfurt (von 1984 bis 2004), aber auch anschließend als Leiter der "Forsythe Company“ brach er bewusst immer wieder mit Konventionen, erweiterte und vervielfältigte das traditionelle Vokabular und rückte die Bedeutung des Tänzers / der Tänzerin in den Vordergrund. Als ewig Forschender hat er die Kunstform Tanz, aber auch seine eigene strenge und zugleich sinnliche Tanzsprache immer wieder neu erfunden. Auch die digitale Zukunft spielte direkt und indirekt in seinen Choreografien eine große Rolle. Er entwickelte mit der "Motion Bank“ eine digitale Bibliothek für die Notation von Tanzchoreografien und zeigte damit in mühevoller Pionierarbeit, dass digitale Techniken helfen können, Tanz überlieferbar zu machen. Forsythe wuchs in New York auf und begann seine Ausbildung bei Nolan Dingman und Christa Long in Florida. Er tanzte mit dem Joffrey Ballet und später mit dem Stuttgarter Ballett, dessen Hauschoreograf er 1976 wurde. Ab 1984 leitete er als künstlerischer Direktor und später als Intendant das Ballett Frankfurt, mit dem er einige der herausragenden Werke des zeitgenössischen Tanzes kreierte. Nach der Auflösung des Balletts Frankfurt im Jahr 2004 gründete Forsythe " The Forsythe Company“, die er bis 2015 leitete. Unter den zahlreichen Auszeichnungen, die William Forsythe und sein Ensemble erhielten, sind der New Yorker Tanz- und Performance Bessie Award (1988, 1998, 2004, 2007) sowie der Laurence Olivier Award der Stadt London (1992, 1999, 2002). 2008 erhielt er für "Yes, we can’t“ den Deutschen Theaterpreis DER FAUST. Forsythe entwickelte Architektur- und Performance-Installationen für Daniel Libeskind in Groningen und die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Seine Installationen und Film-Arbeiten wurden in zahlreichen Museen und Ausstellungen gezeigt. In Zusammenarbeit mit Medien-Spezialisten und Pädagogen entwickelt William Forsythe darüber hinaus auch innovative Ansätze der Tanz-Dokumentation, -Forschung und –Lehre, unter anderem die "Motion Bank“. Forsythe leitet regelmäßig Workshops und hält Vorträge an Universitäten und anderen kulturellen Einrichtungen. Von 2009 bis 2015 war er A.D. White Professor-at-Large an der Cornell University, seit 2015 ist er als Professor of Dance und Künstlerischer Berater des Choreografischen Instituts an der University of Southern California Glorya Kaufman School of Dance sowie als beratender Choreograf des Balletts der Pariser Oper tätig.

Die Jury und die Veranstalter:

Über die Preisträgerinnen und Preisträger entscheidet eine fünfköpfige Jury, die von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste benannt wurde. Die Jury setzt sich zusammen aus folgenden Akademiemitgliedern: Tatjana Gürbaca (Regisseurin), Regina Guhl (Professorin für Schauspiel und Dramaturgie an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover), Tim Plegge (Hauschoreograf am Hessischen Staatsballett), Marion Tiedtke (Ausbildungsdirektorin Schauspiel an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main) und Jürgen Zielinski (Regisseur und Intendant a.D.).

Der Deutsche Theaterpreis DER FAUST 2020 wird veranstaltet und gefördert durch die Kulturstiftung der Länder, die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste und den Deutschen Bühnenverein.

Veranstaltungspartner 2020 ist das Staatstheater Hannover, Medienpartner sind 3sat und Die Deutsche Bühne.