Der Deutsche Klangkunst-Preis wird 2010 zum fünften Mal verliehen.
Seit 2002 wird der europaweit einzigartige Preis vom Skulpturenmuseum
Glaskasten Marl, dem Kulturradio WDR 3 und der INITIATIVE HÖREN mit
insgesamt rund 20.000 Euro ausgeschrieben.
Die Preisverleihung 2010 findet am 20. Juni ab 11.00 Uhr im Rathaus
Marl im Rahmen der Vergabe der Marler Medienkunst-Preise statt.
Aus den 10 Nominierungen für den Deutschen Klangkunst-Preis 2010
wählte die Fachjury, bestehend aus Christina Kubisch, Markus Heuger,
Karl Karst, Uwe Rüth, Bernd Schulz und Harry Vogt, folgende Künstler/
innen als Preisträger des Deutschen Klangkunst-Preises 2010:
Peter Ablinger (*1959), Berlin
Für sein Projekt „Sitzen und Hören 1-6“
Unterschiedliche Orte im Zentrum Marls werden zum zeitweiligen
Auditorium: skulptural aufgestellte Stuhlreihen laden den Besucher ein
zum Performer zu werden. Die Situation vor Ort wird ohne jegliche
Zufügung auditiven Materials zum Angebot konzentrierten Hörens, der
Hörvorgang selbst wird zur Skulptur, der Ort zum Klangraum. In der
„Konzentration“ auf Wahrnehmungsvorgänge werden in Peter Ablingers
Arbeit sowohl verschiedene Ebenen der Musikrezeption der Moderne, wie
auch gleichzeitig ein Bruch mit ihnen inszeniert.
Florian Dombois (*1966), Köln
Für sein Projekt „Angeschlagene Moderne“
Der ironische Titel „Angeschlagene Moderne“ ist Programm für Florian
Dombois´ Projekt. Als Basismaterial sammelt der Künstler die
Eigenklänge der modernen Außenskulpturen im Umkreis des Museums, wobei jede Skulptur mit einem kleinen Hammer „angeschlagen“ und so zum
Klingen gebracht wird. Diese „spezifischen“ Klänge der Skulpturen
dienen als Klangmaterial für eine Installation, bestehend aus dem
Ziffernblatt einer Uhr und einem Lautsprecher, die viermal in der
Stunde nach einem Zufallsprinzip Klänge einzelner Skulpturen tönen
lässt. Durch den Klang entstehen neue Beziehungen der angeschlagenen
Skulpturen untereinander – jenseits der „offiziellen“
Kunstgeschichtsschreibung, wie auch der Besucher die Skulpturen in
erfrischend neuer Sinnlichkeit erlebt.
Denise Ritter (*1971), Saarbrücken
Für ihr Projekt „Bandfahrung“
Mit versteckten Klangquellen bespielt Denise Ritter den 32 m langen
Gang zwischen Büro- und Sitzungstrakt des Marler Rathauses mit zwei
Klang-Kompositionen, die die starke Wirkung des Ortes in assoziativer
Weise mit neuen Bedeutungen aufladen und die subjektive Wahrnehmung/
Erfahrung des Raumes über den Hörsinn subtil erweitern und
verschieben. Beide Kompositionen spielen mit Semantiken der Bewegung,
einmal mit den Förderbändern des Bergbaus, zum zweiten mit Rolltreppen
des Marler Einkaufszentrums, die beide die architektonische Statik des
Verbindungsgangs auflösen und seine Funktion als dynamischen
Verkehrsweg betonen.
Die Ehrenpreisträger des Deutschen Klangkunst-Preises 2010
Neben den drei Preisträgern des Deutschen Klangkunst-Preises 2010
zeichnen die Initiatoren des Deutschen Klangkunst-Preises, Prof. Karl Karst und Dr. Uwe Rüth, zwei Ehrenpreisträger aus, die sich zum einen künstlerisch, zum anderen theoretisch um das Genre der Klangkunst verdient gemacht haben.
Paul Panhuysen, Eindhoven/NL
Ehrenpreisträger des Deutschen Klangkunst-Preises 2010
Der 1934 geborene niederländische Künstler Paul Panhuysen hat die
Klangkunst in drei unterschiedlichen Weisen beeinflusst. Nachdem er in
Maastricht Malerei und Bildhauerei und parallel dazu in an der
Universität von Utrecht Kunstsoziologie studiert hat, kam er in den
60er Jahren in engen Kontakt zur Fluxus-Bewegung. Seit dem Beginn der
70er Jahre schaffte er neben Gemälden immer häufiger Werke im
Zusammenhang mit Klängen und seit 1980 wandte er sich mehr und mehr
der Klangkunst zu. So begleitete er das Entstehen der neueren
Klangkunst von Beginn an. Seine raumgreifenden Klangseiten-
Installationen, mit denen er 1982 an die Öffentlichkeit trat, wurden
zu seinem Markenzeichen, doch war sein Schaffen von Klangkunst-Werken
weitaus breiter und umfassender. Bis heute ist seine künstlerische
Tätigkeit ein originärer Beitrag zur Fortentwicklung des jungen Genres.
Sein Einfluss und seine Bedeutung wurden aber durch die von ihm und
seiner Frau 1980 vorgenommenen Gründung des Ausstellungshaus ‚Het
Apollohuis’ in Eindhoven, dessen Direktor er bis 2001 war, noch
gesteigert: Hier schufen sie einen Platz, an dem die Klangkunst und
viele der anderen grenzüberschreitenden Künste eine einmalige
Plattform erhielten. Fast alle wichtigen Klangkünstler durften im
‚Apollohuis’ experimentieren und neue Wege des Ausdrucks suchen. Dass
neben diesen beiden Aktivitäten dann auch noch die theoretische
Durchdringung der Klangkunst einen wichtigen Beitrag durch den
vielseitigen und umtriebigen Künstler erhielt, rundet das Gesamtwerk
Panhuysens entscheidend ab. Panhuysen ist aus der Geschichte der
Klangkunst nicht weg zu denken und hat wesentlich zu ihrer Entwicklung
beigetragen.
Folkmar Hein, Berlin
Ehrenpreisträger des Deutschen Klangkunst-Preises 2010
Folkmar Hein leitete von 1974 bis 2009 das Elektronische Studio der
Technischen Universität von Berlin. Seinem unermüdlichen Engagement
verdankt dieses Studio seinen internationalen Ruf als Ort der Lehre
und der Produktion. Einer der Schwerpunkte war von Anfang an, auch als
dieser künstlerische Bereich noch kaum bekannt war, die Klangkunst.
Zahllose Komponisten und Klangkünstler aus aller Welt hatten hier die
Möglichkeit, unter fachmännischer Betreuung ihre oft mehrkanaligen
Arbeiten zu realisieren und auszutesten. Die oft noch heute bestehende
Unterscheidung zwischen Klangkunst und Komposition war im TU-Studio
kein Thema, und aus diesem Grund entstanden auch Klanginstallationen
von Komponisten, die sich diesem Bereich vorher eher selten gewidmet
hatten. Das vom DAAD 1982 zusammen mit dem TU Studio gegründete
Festival "Inventionen", das jährlich stattfindet, gab den
Klangkünstlern auch die Plattform, neue und ungewöhnliche Experimente
umsetzen zu können und einem größeren Publikum erfahrbar zu machen.
Die von Folkmar Hein 1985 gegründete Reihe EM-Hören, die während des
Semesters jeden Donnerstagabend stattfand (und auch heute noch
fortgeführt wird), wurde bald zum wichtigen Treffpunkt von Komponisten
und Klangkünstlern, die dort ihre Arbeiten vorstellten und darüber
diskutierten. Neben all seinen Tätigkeiten hat Folkmar Hein auch noch
eine umfassende öffentlich zugängliche Audiothek der zeitgenössischen
Musik und Klangkunst eingerichtet und das Elektronische Studio der TU
zu einem der wichtigen Treffpunkt für Klangkünstler gemacht.
Der WDR 3 Produktionspreis des Deutschen Klangkunst-Preises
Marc Behrens, Darmstadt
WDR 3 Produktionspreis für eine Produktion im Studio Akustische Kunst
WDR 3
Marc Behrens versteht es mit einfachen Mitteln unsere Sinne für
komplexe Themen zu schärfen und schafft dabei Zwischenwelten aus
Zwischentönen. Seine Klangstudien betreibt er nicht als fröhliche
Wissenschaft von den selbstgesammelten Alltagsklängen und er gehört
auch nicht zu denen, die Soundscape-Komposition als Trendsportart
betrachten. Andererseits erstarren seine Arbeiten aber auch nicht in
Ehrfurcht vor der Tradition der Radiokunst. Wie auch in seinen
visuellen Werken und seiner Aktionskunst lotet er immer wieder das
Potenzial der guten alten Avantgarde aus, bevor er sich unverkrampft
von ihr verabschiedet, um eigene Wege zu gehen.
Weitere Informationen:
http://www.klangkunstpreis.de
http://www.soundart-nrw.de.
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