Die Deutsche Jazzunion unterstützt das "Statement zu angekündigten Vergütungsänderungen bei Spotify: Wir fordern sofortigen Stopp!" von Pro Musik, das auch vom Bundesverband Popularmusik (BV Pop), dem Deutschen Komponist:innenverband, der Fair Share Initiative, den Freien Ensembles und Orchester in Deutschland (FREO), dem Interessenverband Musikmanager & Consultants (IMUC), LiveKomm, mediamusic - Berufsverband Medienmusik, Music Women* Germany sowie Unisono - Deutsche Musik- und Orchestervereinigung mitgezeichnet wurde.

Der Wortlaut des Statements

"Keine 6 Wochen vor Neujahr bestätigt Spotify die Gerüchte um die Anpassung seines Abrechnungsmodells: Ab 2024 werden nur noch Songs vergütet, die jährlich mindestens 1000 Streams sammeln. Zusätzlich wird nach Angaben von Spotify ein Song erst dann als „berechtigt“ eingestuft, wenn er zum ersten Mal überhaupt insgesamt 1.000 Streams erreicht - alle Monate vorher fallen aus der Zählung raus. Und was den angekündigten Schritt noch unglaublicher macht, ist, dass die Mindestgrenze von Streams an eine Mindestzahl von Hörer*innen gekoppelt ist - die aber aufgrund von befürchtetem Missbrauch geheim gehalten wird. Damit wird Künstler*innen mit kleiner engagierter Fanbase zusätzlich erschwert, diese Grenze zu erreichen. Die Erträge aller Songs, die diese Schwellen nicht erreichen (pro Jahr ca. 40 Millionen $), werden dann an die Künstler*innen verteilt, die nach den Kriterien des Streamingdienstes Anspruch auf Vergütung haben.

Steht das Geschäftsmodell von Spotify schon seit Jahren aus unserer Sicht berechtigt in der Kritik, so ist nun eine Stufe erreicht, die nicht mehr hinnehmbar ist und gegen die sich die unterzeichnenden Verbände und Musiker*innen im Sinne der Künstler*innen und der kulturellen Vielfalt aktiv positionieren.

Bestand durch den öffentlichen wie politischen Diskurs Hoffnung, das Vergütungsmodell „pro Rata“ eines Tages zugunsten eines gerechteren und noch zu definierenden User-Centric Modells abzulösen, ist diese Meldung ein herber Rückschritt. Wollte man Musiker*innen tatsächlich besserstellen, böten sich genug Möglichkeiten, die nicht zulasten kleiner Acts gehen. Durch die angekündigten Änderungen sorgt Spotify dafür, dass die Schere zwischen besonders erfolgreichen Musiker*innen und kleineren Musiker*innen immer weiter auseinander geht und vor allem große Acts und Labels von den Änderungen auf Kosten der kleineren profitieren: Survival of the fittest, Turbokapitalismus at its best.
Vorgebrachte Argumente, dass sich die jährliche Abrechnung von Songs unter 1000 Streams nicht lohne, sind zum einen durch das eigens eingebrachte schlechte Vergütungsangebot hausgemacht und zudem in Zeiten von erfolgreichen FinTech-Unternehmen im Bereich der Mikrotransaktionen (s. Paypal, Patreon, etc.) unglaubwürdig.

Die Ankündigungen, dass Geräusche wie White-Noise in Zukunft erst nach zwei Minuten Spielzeit vergütet werden, begrüßen wir. Ebenso die Ankündigung, dass vermehrt gegen betrügerische Streams vorgegangen werden soll - aber dass Spotify als ein hochmodernes Tech-Unternehmen mit fortschrittlichen Algorithmen etwaige Betrugs-Accounts nicht anders aussortieren könne, als Songs mit unter 1000 Streams pro Jahr nicht mehr zu vergüten, ist schlicht eine Farce. Darüber hinaus ist der Hinweis wichtig, dass der Streamingdienst durch seine Algorithmen und kuratierten Playlisten zu großen Teilen selbst in der Hand hat, welche Künstler*innen erfolgreich und sichtbar auf seiner Plattform sind. Mit dem „Discovery-Mode“ lässt sich Spotify zudem in Zukunft auch dies zusätzlich vergüten.

Mit großer Sorge beobachten wir, dass die Pläne Spotifys bislang keinen größeren Aufschrei verursacht haben. Das liegt womöglich an der komplexen Thematik, an dem Vermischen mit weiteren, durchaus positiven Ankündigungen, sowie der vermeintlichen „Bagatellgrenze“ von 1000 Streams. Spotify weiß um seine Marktbedeutung und dass Musiker*innen Angst haben, in der Industrie nicht stattzufinden, wenn sie ihre Musik dort nicht veröffentlichen. Diese Marktmacht erlaubt es dem Streamingdienst, Änderungen auch gegen Widerstände durchzusetzen. Spotify ist aktuell nicht nur der Streaminganbieter mit dem größten Marktanteil, sondern auch einer von denen, die am schlechtesten pro Stream bezahlen.

Die Willkür der Grenze und die Kurzfristigkeit, mit der so weitreichende Änderungen vorgenommen werden, kritisieren wir ausdrücklich und möchten Musikschaffende und Verbände aufrufen, unseren Appell mitzuzeichnen und zu unterstützen.
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Wir fordern daher Spotify auf:

  1. Die für Anfang 2024 geplanten Änderungen zu stoppen.
  2. Weitere Gespräche mit Musiker*innen und Independent- Vertreter*innen der Branche zu führen.
  3. Daten zur Berechnung der Streamshares transparent zu machen, um zu ermöglichen, die möglichen Konsequenzen einer Veränderung der Abrechnungsmodelle nachzuvollziehen."

 
Das Statement auf Change.org mitzeichnen