Der Titel "OPERNHAUS DES JAHRES" geht in diesem Jahr an die Oper Frankfurt. Das ergab die Umfrage der Zeitschrift "Opernwelt" unter 50 unabhängigen Musikkritikern in Europa und den USA. Gewürdigt wird ein Haus, das unter Intendant Bernd Loebe und seinem Team seit vielen Jahren durch ein klug ausbalanciertes Programm, starke Regiehandschriften, eine exzellente Repertoirepflege und hohe Ensemblekultur Aufsehen erregt. Damit kann die Oper Frankfurt nach 1996, 2003 und 2015 zum vierten Mal den Spitzenplatz in punkto Gesamtleistung verbuchen.
Auch zwei renommierte Künstler wurden u. a. für Arbeiten in Frankfurt ausgezeichnet. JOHANNES LEIACKER, der aus der Umfrage zum zweiten Mal nach 2008 als «BÜHNENBILDNER DES JAHRES» hervorging, punktete im Haus am Willy-Brandt-Platz mit einem für Brigitte Fassbaenders «Capriccio»-Inszenierung entworfenen Schloss-Salon, situiert im besetzten Frankreich von 1940. JOHANNES MARTIN KRÄNZLE erhält die Auszeichnung «SÄNGER DES JAHRES» – zum zweiten Mal nach 2011 – nicht zuletzt für seine Frankfurter Auftritte als Šiškov in Janáčeks Gulag-Oper «Aus einem Totenhaus»; zahlreiche Voten erhielt der Bariton zudem für sein ingeniöses Beckmesser-Porträt in den Bayreuther «Meistersingern», mit denen Barrie Kosky sein Regie-Debüt auf dem Grünen Hügel gab – es ist überdies die «AUFFÜHRUNG DES JAHRES». Die fantasievoll-historistische Garderobe dieser Produktion hat KLAUS BRUNS entworfen, der diesjährige «KOSTÜMBILDNER DES JAHRES».
In der Kategorie «REGISSEUR DES JAHRES» entfielen die meisten Stimmen auf PETER KONWITSCHNY. Der 73-Jährige erhält den Titel zum sechsten Mal, vor allem für drei exemplarische Arbeiten: In Stuttgart zeigte Konwitschny Cherubinis «Medea» in einer neuen deutschsprachigen Dialogfassung als atemraubendes Drama verinnerlichter Gewalt; an der Oper Bonn interpretierte er Othmar Schoecks «Penthesilea» als schwindelerregend konzentrierten Geschlechterkampf; und in Nürnberg verwandelte er Bernd Alois Zimmermanns hypertrophe «Soldaten» in ein beklemmendes Kammerspiel.
Klanglich in rauschhafte Dimensionen geweitet ist auch die «WIEDERENTDECKUNG DES JAHRES»: ERICH WOLFGANG KORNGOLDS erotisch aufgeladenes Mysterienspiel «DAS WUNDER DER HELIANE». Marc Albrecht und Christof Loy nahmen das 1927 uraufgeführte Weltumarmungsstück an der Deutschen Oper Berlin als Parabel ernst, mit der fulminanten Sara Jakubiak in der Titelrolle.
Die «URAUFFÜHRUNG DES JAHRES» komponierte HEINZ HOLLIGER auf ein Libretto von HÄNDL KLAUS: «LUNEA», eine Hommage in «23 Lebensblättern» an den Dichter Nikolaus Lenau. Das Auftragswerk des Opernhauses Zürich, dortselbst mit Holliger am Pult und in einer Inszenierung des Intendanten Andreas Homoki herausgebracht, setzte sich knapp gegen starke Konkurrenz durch. Jeweils mehrere Voten entfielen auf Aribert Reimanns «L’Invisible» nach Einaktern von Maurice Maeterlinck an der Deutschen Oper Berlin, auf Toshio Hosokawas «Erdbeben. Träume» nach Kleist an der Oper Stuttgart (die erneut den «CHOR DES JAHRES» stellt) sowie auf Arnulf Herrmanns in Frankfurt uraufgeführtes Horrorstück «Der Mieter» nach einem Roman von Roland Topor.
Die Bayerische Staatsoper in München darf sich über zwei Auszeichnungen freuen: Die Sopranistin ANNA EL-KHASHEM, Mitglied des Opernstudios, ist «NACHWUCHSKÜNSTLERIN DES JAHRES», das BAYERISCHE STAATSORCHESTER zum fünen Mal in Folge «ORCHESTER DES JAHRES». Am Münchner Nationaltheater offenbarte sich – pars pro toto – in Gestalt von Georg Baselitz’ werkfremden «Parsifal»-Kulissen freilich auch ein Trend, der manchen Kritikern als «ÄRGERNIS DES JAHRES» aufstieß: das Engagement prominenter, doch theaterferner Malerfürsten als Bühnenbildner.
«DIRIGENT DES JAHRES» ist JOHN ELIOT GARDINER. Der Gründer des Monteverdi Choir und der English Baroque Soloists wird vor allem für seine in mehreren europäischen Musikzentren präsentierten Zyklus mit den drei überlieferten Opern Monteverdis gewürdigt.
Das «BUCH DES JAHRES» hat der Musikwissenschaftler Richard Erkens herausgegeben: das «PUCCINI-HANDBUCH» (Metzler/Bärenreiter). Als «CD DES JAHRES» wurde die von John Nelson dirigierte Neuaufnahme von BERLIOZ’ «LES TROYENS» (Erato) prämiert.
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