In dieser Woche hat EU-Handelskommissarin Cäcilia Malmström mitgeteilt, dass das mit Kanada ausgehandelte Freihandelsabkommen CETA nach der Entscheidung durch den Europäischen Rat und den Beratungen sowie der Ratifizierung durch das Europäische Parlament auch den Mitgliedstaaten zur Ratifizierung vorgelegt werden soll. Sie unterstrich zugleich weiterhin ihre rechtliche Auffassung, dass es sich bei CETA um ein reines Handelsabkommen handele, das laut den Europäischen Verträgen ausschließlich von den europäischen Institutionen, Rat und Parlament, verabschiedet werden müsste. Zugleich wurde deutlich gemacht, dass Teile des Abkommens nach der Ratifizierung durch den Europäischen Rat und das Europäische Parlament in Kraft gesetzt werden sollen, bevor die EU-Mitgliedstaaten über CETA beraten und abgestimmt haben. In Deutschland wird zudem darüber diskutiert, ob nicht, wie inhaltlich und verfassungsrechtlich geboten Bundestag und Bundesrat, nur der Deutsche Bundestag und nicht die Länderkammer über das Freihandelsabkommen beraten und entscheiden soll.

Der Deutsche Kulturrat fordert die Bundesländer auf, sich jetzt aktiv einzubringen und ihre Beteiligungsrechte einzufordern. Das Gutachten von Martin Nettesheim im Auftrag der Staatsregierung von Baden-Würtemberg vom 17. März 2016 zu den Auswirkungen von CETA auf die Bundesländer fördert zu Tage, dass die kultur- und bildungspolitischen Handlungsspielräume der Bundesländer durch CETA deutlich eingeschränkt werden. Kultur-, Bildungs- und Wissenschaftspolitik gehören zu den Kernkompetenzen der Bundesländer. Sie müssen ihre Verantwortung wahrnehmen und den CETA-Vertrag beraten. Vor allem müssen sich die Länder mit aller Kraft dagegen stellen, dass das Abkommen bereits in Kraft gesetzt wird und damit gegebenenfalls Fakten zum Schaden der Länder geschaffen werden, die kaum noch rückgängig gemacht werden können.

Das Gutachten von Martin Nettesheim hat erstmals in der erforderlichen Klarheit aufgezeigt, wie stark durch das CETA-Abkommen die Handlungsspielräume der Bundesländer in kultur-, bildungs- und medienpolitischen Fragen eingeschränkt werden.

Der Deutsche Kulturrat fordert von den Bundesländern, im eigenen Interesse dafür zu sorgen,

  • dass im CETA-Vertrag noch Maßnahmen ergriffen werden, um den Kulturbereich umfassend mittels Ausnahme- und Vorbehaltsklauseln freizustellen, damit Bundesländer und Kommunen weiterhin Handlungsspielräume in der Kulturförderung weiterhin behalten,
  • dass im CETA-Vertrag klargestellt wird, welche UN-Handelsklassifikation bei den audiovisuellen Dienstleistungen zugrunde gelegt wird,
  • dass im CETA-Vertrag sichergestellt wird, dass die Verantwortung der Bundesländer zur Regelung des Rundfunks nicht eingeschränkt wird,
  • dass im CETA-Vertrag noch Schutzmaßnahmen ergriffen werden, um sicherstellen, dass die Bundesländer auch bei einer Zuordnung von audiovisuellen Dienstleistungen in den Regelungsbereich der Telekommunikation ihre medienpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten behalten,
  • dass im CETA-Vertrag Tatbestände eingefügt werden, um die Vielfalt des deutschen Filmangebots und der deutschen Filmförderung umfassend zu schützen – hier haben andere EU-Mitgliedstaaten weitergehende Vorbehalte im Vertragstext verankert,
  • dass im CETA-Vertrag, noch umfassende Vorbehalte bei den Unterhaltungsdienstleistungen eingefügt werden.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: "CETA darf nun nicht durch die kalte Küche einfach in Kraft gesetzt werden. Die Beratungen im Europäischen Parlament müssen ernsthaft und ergebnisoffen erfolgen. Die danach anstehenden Diskussionen in den nationalen Parlamenten in den Mitgliedstaaten sowie in Deutschland selbstverständlich auch im Bundesrat sind kein Placebo, sondern die erforderliche Beteiligung der nationalen Parlamente an einem so bedeutsamen Abkommen für die Mitgliedstaaten der EU und für Kanada. Gerade mit Blick auf die möglichen Auswirkungen auf die Kulturförderung, die medienpolitischen Spielräume der Länder und die Zukunft der Filmförderung ist CETA auch eine Angelegenheit der Bundesländer. Jetzt wird sich zeigen, welchen kultur-, bildungs- und medienpolitischen Gestaltungswillen die Länder haben.“

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