Der Bundesverband Musikunterricht (BMU) schreibt in seiner Pressemitteilung vom 16. Februar 2024:
Die schlechten Ergebnisse Deutschlands in der jüngsten PISA-Untersuchung veranlassen die Kultusministerien der Bundesländer zum Nachdenken über die Verbesserung der Bildung u.a. im Grundschulbereich. „Alle sind sich einig, dass es jetzt vor allem auf die Stärkung der Basiskompetenzen ankommt, und das möglichst frühzeitig“, so die Berliner Bildungssenatorin. „Die KMK schärft derzeit ihre Empfehlungen für die Grundschulen und bereitet eine deutliche Stärkung des Deutsch- und Mathematikunterrichts vor. Wir brauchen insbesondere eine gezielte Sprachförderung, die in der Frühen Bildung ansetzt und die Lernenden länger begleitet.“
Dem kann man zunächst nur zustimmen. Hier ist von einer Stärkung eines Bildungsbereiches die Rede, nicht jedoch davon, andere Facetten der Bildung zu beschneiden. Wenig innovativ fordern jetzt Bildungspolitiker, zugunsten der sprachlich-mathematischen Basiskompetenzen an anderen Stellen zu streichen. In Bayern und Sachsen-Anhalt liegen recht konkrete Pläne wohl schon vor.
Jürgen Oberschmidt, Präsident des Bundesverbandes Musikunterricht, kritisiert: „Es wird verkannt, dass die künstlerischen Fächer einen Bildungswert an sich haben. Sie ermöglichen besondere Welt- und Selbsterfahrungen, die anderswo nicht möglich sind. So tragen gerade Kunst und Musik zur umfassenden Persönlichkeitsbildung bei. Die besondere Bedeutung dieser Fächer für die sprachliche Entwicklung und die soziale Integration wird einfach negiert.“
Es fehlt insgesamt an einem umfassenden Konzept, stattdessen werden Ressourcen umverteilt. Dies bedeutet einen Rückfall hinter die bereits vorhandenen Ansätze und führt zu einer Verhinderung des Möglichen. Georg Biegholdt, ebenfalls Präsident des Bundesverbandes Musikunterricht ergänzt: „Eine Ganztagsschule, die ihren Namen verdient, macht nicht vormittags herkömmlichen Unterricht in sogenannten Kernfächern und nachmittags ein bisschen Sport und Musik nach dem Zufallsprinzip. Stattdessen strebt sie ein integratives Konzept an, in dem alle Bildungsbereiche ihren Wert und ihren Platz haben, ohne sich gegenseitig aufzurechnen oder zu behindern.“ Lehrplananpassungen würden derzeit geprüft, sagte beispielsweise der Sprecher des Kultusministeriums in Sachsen-Anhalt, Elmer Emig. Vor einer Entscheidung werde man sich mit den bildungspolitischen Akteuren abstimmen, „da es sich um einen Prozess von politischer Bedeutung handelt“.
Es bleibt zu hoffen, dass dieser Abstimmungsprozess unter angemessener Beteiligung der Berufsverbände geführt wird. Hinsichtlich der großen gesellschaftlichen Herausforderungen und mit Blick auf die uns in den Schulen anvertrauten Kindern darf dieser Diskurs nicht zu einem solchen rückschrittlichen Ergebnis führen, wie es in Bayern bereits verkündet scheint. Dort antwortet das Staatsministerium für Unterricht und Kultus auf eine entsprechende Anfrage des BMU-Landesverbandes: „Im Wissen darum, dass eine breite Akzeptanz der Maßnahmen in der Schulfamilie maßgeblich für eine erfolgreiche Umsetzung ist, führt Frau Staatsministerin derzeit zahlreiche Gespräche. Hierbei spielt auch und insbesondere die Frage der Gewinnung der zusätzlichen Stunden für Deutsch und Mathematik durch eine Flexibilisierung des Unterrichts in den übrigen Fächern eine maßgebliche Rolle. […] Frau Staatsministerin wird nach Abschluss des laufenden Dialogprozesses sehr zeitnah über die Ergebnisse informieren.“
Der Bundesverband Musikunterricht als Fachverband für musikalische Bildung an Schulen fordert nachdrücklich, an diesem Dialogprozess beteiligt zu werden. Mit Blick auf die gravierenden Probleme und anstehenden gesellschaftlichen Transformationsprozesse darf die Diskussion über eine Schule in der wir lernen möchten über jene Welt, in der wir leben, nicht verhindert werden!