„Die sind großartig, herausragend!“ Peter Ruzicka, langjähriger Intendant der Hamburgischen Staatsoper und der Salzburger Festspiele, bringt seine Begeisterung über die Musikalität und die Spielfreude der jungen Musikerinnen und Musiker des Bundesjugendorchesters auf den Punkt: „Die Musiker sind ungemein diszipliniert. Sie beherrschen etwas, was man eigentlich bei Profiorchestern kaum je schafft: Dass wirklich nach dem Abbrechen Stille ist und jeder den Anweisungen nach bestem Wissen und Gewissen folgt, die man als Dirigent gibt“. Ruzicka ist nicht nur Dirigent, er hat sich als Komponist und Kulturmanager einen Namen gemacht. Während der mehrtägigen, intensiven Probenphase zu Beginn des neuen Jahres im baden-württembergischen Weikersheim hatten die Orchestermusiker Gelegenheit, den Allrounder in jeder seiner Facetten besser kennenzulernen: An zwei Abenden stand Ruzicka dem Orchester mit seinem fachlichen Know-How Rede und Antwort zu zahlreichen, auch kritischen Fragen zu seinen eigenen Werken, zum Komponieren im Allgemeinen und zu den Perspektiven junger Berufsmusiker.

Auf der sich anschließenden Tournee begeisterte die „U21 der Musik“ in der Laeiszhalle Hamburg, im Palatin Wiesloch, in der Meistersingerhalle Nürnberg und in der Beethovenhalle Bonn insgesamt rund 3800 Zuhörer mit außergewöhnlichen Konzerterlebnissen.

Eröffnet wurden die Konzerte mit einem Werk von Ruzicka selbst: Sein großbesetztes Werk „Maelstrom“, das 2008 in der Düsseldorfer Tonhalle uraufgeführt wurde. Das Werk bezieht sich zum einen auf die gleichnamige Erzählung von Edgar Allan Poe, in der ein Fischer mit seinem Schiff vor den norwegischer Lofoten in einen riesigen Gezeitenstrudel gerissen wird, doch dem Sog letztlich entkommen kann. „Zweiter Ursprung des Stückes war ein anderer: Ich hatte zuvor meine Oper ‚Hölderlin‘ komponiert und wenn ein Komponist ein solch abendfüllendes Stück abschließt, dann klingt die Musik nach, sie arbeitet weiter. Und so hatte ich den Gedanken, mit bestimmten musikalischen Materialien der Oper noch etwas Sinfonisches zu erarbeiten. Was im ‚Maelstrom‘ passiert, ist ein Kämpfen von Klangströmen, mit- und gegeneinander, ein ineinanderfließen und auseinanderfließen. Aber mit als-ob-Zitaten der Oper ‚Hölderlin‘. Ich hoffe, dass es gelungen ist, auch den Naturcharakter in die Musik einzulassen. Insofern haben die beiden Eckpunkte des Programms durchaus miteinander etwas zu tun, sie haben mit Natur zu tun. Für mich ist Strawinskys ‚Sacre‘ auch ein Naturstück, Naturstimmungen. Es beherbergt Konflikte, die im heidnischen Russland eine große Rolle gespielt haben. So mag dies also eine Basis ergeben, für das Hören des Gesamtprogramms“.

Bereits vor der Konzertpause konnte das Orchester gemeinsam mit dem weltweit renommierten Pianisten Fazil Say die Zuhörer zu Begeisterungsstürmen bewegen: Say interpretierte Ludwig van Beethovens 3. Klavierkonzert mit größter Intensität und Musikalität, beeindruckte Konzertbesucher und Orchestermusiker gleichermaßen mit seinem enthusiastischen Spiel, mit dem selbst für erfahrende Beethoven-Hörer unbekannten Herauskehren von Seitenthemen und einer Kadenz, die das Werk des Großmeisters mit großen Rubati und zarten Spieluhrklängen einen neuen, ungewohnten aber einzigartigen Anstrich verlieh. Vom Bundesjugendorchester war der 40-jährige Pianist begeistert: „Bravo“ – rief er während der Proben immer wieder in Richtung der jungen Musiker.

Glänzender Abschluss der Konzerte bildete Igor Strawinskys Ballettmusik „Le Sacre du Printemps“ - ein Werk, das bereits seit langer Zeit auf dem Wunschzettel der jungen Musiker stand. Provozierte dieses Werk 1912 bei seiner Uraufführung im Pariser Théâtre des Champs Elysées noch einen Skandal, bewegte es das Konzertpublikum heute zu tosendem Applaus und stehenden Ovationen für die jungen Musiker, die in diesem rhythmisch und harmonisch äußerst komplexen Werk zu Höchstform aufliefen und ihre ganze Spielfreude und Begeisterung für die klassische Musik zeigten. „Sacre zu spielen ist einfach Wahnsinn! Man kann sich richtig austoben, das macht wirklich Spaß“, erzählt die 16-jährige Geigerin Julia, die zum ersten Mal beim Bundesjugendorchester dabei ist.

Bereits in knapp drei Monaten wird das Bundesjugendorchester wieder auf Tournee gehen. Unter der musikalischen Leitung von Mario Venzago werden unter anderem Wolfgang Amadeus Mozarts Violinkonzert A-Dur mit dem Gründer des Freiburger Barockorchesters Gottfried von der Goltz sowie Bela Bartóks „Der wunderbare Mandarin“ aufgeführt werden. Konzerte finden statt am 9. April in der Philharmonie Köln, am 10. April in der Stadthalle Donaueschingen sowie am 12. April in der Berliner Philharmonie.