Das Bundeskabinett hat heute grünes Licht gegeben für einen Sonderfonds in Höhe von bis zu 2,5 Milliarden Euro, mit dem der Bund ein breit gefächertes Angebot an Kulturveranstaltungen nach der langen Zeit der Pandemie wieder möglich machen will. Damit sollen Konzerte, Theateraufführungen, Kinovorstellungen und andere kulturelle Veranstaltungen wieder anlaufen können. Da der Wiederbeginn des kulturellen Lebens immer noch mit pandemiebedingten Unsicherheiten verbunden ist, soll der Sonderfonds Schutz vor Beschränkungen der Besucherzahlen und anderen Restriktionen und Risiken bieten.
Der Sonderfonds unterstützt die Wiederaufnahme und die Planbarkeit von Kulturveranstaltungen mit zwei zentralen Bausteinen: Zum einen einer Wirtschaftlichkeitshilfe für kleinere Veranstaltungen, die unter Beachtung Corona-bedingter Hygienebestimmungen der Länder mit reduziertem Publikum stattfinden. Diese Hilfe steht für Veranstaltungen mit bis zu 500 Personen ab dem 1. Juli 2021 und für Veranstaltungen mit bis zu 2000 Personen ab dem 1. August 2021 zur Verfügung. Damit können Künstlerinnen und Künstler ebenso wie die Veranstalter nun den Wiederanlauf planen. Der zweite Baustein ist eine Ausfallabsicherung für größere Kulturveranstaltungen, die für die Zeit ab dem 1. September 2021 geplant werden. Dies betrifft Konzerte und Festivals mit über 2.000 Besucherinnen und Besuchern, die einen langen Planungsvorlauf benötigen.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz: "Unser Land ist bunt und so soll es bleiben. Mit dem Sonderfonds unterstützen wir deshalb den Neustart von Kulturveranstaltungen. Der Bund stellt 2,5 Milliarden Euro bereit, um der Kulturbranche wieder auf die Beine zu helfen. Damit stellen wir sicher, dass bald wieder Theateraufführungen, Konzerte, Lesungen und Kinovorstellungen stattfinden können. Das ist wichtig, denn Künstlerinnen und Künstler haben in dieser Pandemie eine besondere Last zu tragen, die Kulturveranstalter, die Sängerinnen, die Schauspieler, die Musikerinnen und die Bühnenbauer. Außerdem haben Kunst und Kultur eine große Bedeutung für unser Gemeinwesen und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir wollen sicherstellen, dass Bürgerinnen und Bürger bald wieder die kulturelle Vielfalt gemeinsam erleben können. Der Sonderfonds für Kulturveranstaltungen ist das größte Kulturförderprogramm seit Gründung der Bundesrepublik. Und er kommt genau zur richtigen Zeit. Ich bin guter Dinge, dass es bald wieder losgehen kann mit dem vielfältigen kulturellen Leben in unseren Städten und Gemeinden.“
Kulturstaatsministerin Monika Grütters: "Viele Menschen haben in dieser Krise gespürt, wie sehr die Kultur als Gemeinschaftserlebnis fehlt – als Brückenbauerin, als Spiegel unserer Identität, als Einladung zum Zweifeln, Nachdenken und Diskutieren. Die Sehnsucht nach Kulturgenuss ist gewaltig – beim Publikum, vor allem aber bei den Künstlerinnen, Künstlern und Kreativen, die endlich wieder zum Einsatz kommen wollen. Nach dem Bundesprogramm NEUSTART KULTUR, das fit macht für die Zeit nach der Pandemie, und der Überbrückungshilfe III, die die Nöte von Künstlerinnen, Künstlern und Kreativen lindert, ergänzen wir die Coronahilfen des Bundes um einen dritten Schutzschirm für die Kultur. Mit dem Sonderfonds des Bundes drücken wir unsere Wertschätzung für die Kreativen und unsere Anerkennung dafür aus, wie sehr sie unsere Gesellschaft bereichern.“
Senator für Kultur und Europa des Landes Berlin und Vorsitzender der Kulturministerkonferenz Dr. Klaus Lederer: "Wir alle ersehnen den Moment, an dem Kultur in ihrer ganzen Vielfalt und Breite endlich wieder möglich sein wird. Auf zu viel haben wir verzichtet. Deshalb begrüße ich den Sonderfonds des Bundes ausdrücklich und bin davon überzeugt, dass diese Unterstützung dazu beitragen wird, Kunst und Kultur wieder allen zugänglich zu machen, die in den letzten Wochen und Monaten darauf verzichten mussten.“
Senator für Kultur und Medien Hamburg Dr. Carsten Brosda: "Gerade jetzt brauchen wir eine lebendige und vielfältige Kultur- und Kreativszene. Hamburg hat seit Beginn der Pandemie sehr erfolgreich und schnell den Künstlerinnen und Kreativen geholfen, damit die Vielfalt der Kultur erhalten bleibt. Die entsprechenden Instrumente haben wir im engen Schulterschluss mit der Branche entwickelt. Daran schließt auch der Sonderfonds des Bundes an. Er ist ein bislang beispielloses Hilfspaket für den Neustart der Kultur. Ich freue mich, dass dabei auf die guten Erfahrungen aus Hamburg aufgebaut werden konnte. Außerdem stellt Hamburg für alle Länder eine für die Hilfen des Sonderfonds erforderliche und darauf zugeschnittene IT-Plattform bereit, welche die Veranstalter für die Antragsstellung und die Länder für die Bewilligung nutzen können. Dies ist auch eine beispielgebende Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Rahmen der Digitalisierung.“
Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen Isabel Pfeiffer-Poensgen: "Nordrhein-Westfalen begrüßt als größtes Bundesland und als Heimat einer besonders dichten Kulturlandschaft den Sonderfonds für Kulturveranstaltungen des Bundes ausdrücklich. Die Hilfen sind für einen Bereich, der wie kaum ein anderer von den Einschränkungen der Corona-Pandemie betroffen ist, ein wichtiges Signal der Unterstützung und Ermutigung. Sie ermöglichen Kulturveranstaltern Planungssicherheit und tragen so entscheidend zur Stabilisierung der kulturellen Landschaft in Deutschland bei. Nordrhein-Westfalen unterstützt die Maßnahme mit der Bereitstellung einer bundeseinheitlichen Hotline, die Veranstalterinnen und Veranstalter bei der Antragsstellung beraten wird.“
Schon seit Beginn der Pandemie sorgt die Bundesregierung mit dem Programm NEUSTART KULTUR in Höhe von zwei Milliarden Euro dafür, die kulturelle Infrastruktur auch während der Schließungen zu stützen und zu erhalten. Auch unterstützt NEUSTART KULTUR die aktive Kulturproduktion. Weiteres wichtiges Hilfsinstrument der Bundesregierung für die Kulturbranche ist die Überbrückungshilfe III, hier vor allem der Baustein der Neustarthilfe für Solo-Selbständige. Als dritte Säule wird nunmehr der Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen eingerichtet. Er wird gemeinsam vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) und von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) verantwortet. Die Mittel in Höhe von bis zu 2,5 Milliarden Euro werden der BKM zur Bewirtschaftung zugewiesen. Diese übernimmt auch den Vorsitz in einem Lenkungsausschuss, der die Weiterentwicklung und Umsetzung des Programms koordiniert. Neben dem Bund werden auch die Länder und der Deutsche Kulturrat in diesem Gremium vertreten sein.
Die Kulturministerinnen und -minister der Länder hatten am 12. Mai 2021 zugestimmt, dass der Sonderfonds des Bundes von den Ländern operativ umgesetzt wird. Sie werden über ihre Landeskulturbehörden oder beauftragte Stellen die Antragsbearbeitung und Bewilligung durchführen. Es wird eine einheitliche IT-Plattform geben, über die Veranstaltungen registriert werden können. Die Freie und Hansestadt Hamburg betreut diese IT-Plattform für alle Länder. Um Rückfragen von Veranstalterinnen und Veranstaltern beantworten zu können, wird eine telefonische Beratungs-Hotline der Länder geschaltet. Das Land Nordrhein-Westfalen organisiert den Aufbau und die Betreuung dieser bundeseinheitlichen Hotline.
Zu den Einzelheiten der beiden Bausteine des Kulturfonds:
Wirtschaftlichkeitshilfe für kleinere Kulturveranstaltungen (bis 2.000 Personen)
Grundidee: Zentrales Element des Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen ist eine Wirtschaftlichkeitshilfe. Sie macht es Veranstaltern möglich, Konzerte, Theateraufführungen, Kinovorstellungen oder andere Kulturveranstaltungen durchzuführen, obwohl wegen der Corona-Auflagen nur eine reduzierte Anzahl von Zuschauerinnen und Zuschauern teilnehmen kann. Ohne die Hilfe wären diese Veranstaltungen unwirtschaftlich. Die Hilfe steht für Kulturveranstaltungen zur Verfügung, die im Juli 2021 für bis zu 500 und ab August 2021 für bis zu 2.000 Besucherinnen und Besuchern geplant werden. Dabei sind die geltenden Corona-Schutzkonzepte und die zugelassene Höchstzahl an Zuschauerinnen und Zuschauern des Landes zu beachten.
Höhe: Mit der Wirtschaftlichkeitshilfe werden Verluste der Veranstalter ausgeglichen. Bei Pandemie-bedingter Verringerung der Zahl der Teilnehmenden um mindestens 20 Prozent bezuschusst die Wirtschaftlichkeitshilfe die Ticketeinnahmen aus bis zu 500 verkauften Tickets im Juli 2021 bzw. den ersten 1.000 verkauften Tickets ab August 2021 um bis zu 100 Prozent. Für jedes verkaufte Ticket erhalten die Veranstalter also den gleichen Ticketpreis nochmals als Zuschuss. Bei besonders strengen Hygieneauflagen und einer Begrenzung der Zahl der Teilnehmenden auf unter 25 Prozent der Maximalauslastung kann der Zuschuss aus dem Sonderfonds bis zur Höhe der doppelten Ticketeinnahmen Tickets ansteigen.
Die Förderung durch die Wirtschaftlichkeitshilfe ist kostenbasiert und kann nicht höher sein als die auftretende Finanzierungslücke zwischen den Kosten der Veranstaltung und den erzielten Einnahmen. Die Wirtschaftlichkeitshilfe ist bei 100.000 Euro pro Kulturveranstaltung gedeckelt. Es ist eine gesonderte Regelung für Veranstaltungen vorgesehen, die regulär am selben Veranstaltungsort wiederholt werden - etwa für Filmvorführungen im Kino.
Beispiel: Eine Veranstalterin verkauft 400 Tickets zu je 50 Euro für ein Konzert in einem Veranstaltungsort, der maximal 2.000 Zuschauerinnen und Zuschauer fasst. Die Corona-Schutzregeln des Landes begrenzen die maximale Kapazität auf 1.000 Teilnehmende. Die Wirtschaftlichkeitshilfe beträgt dann 20.000 Euro, da die Ticketeinnahmen von 20.000 Euro verdoppelt werden (400 Tickets á 50 Euro).
Dies gilt, sofern die Förderhöchstgrenze nicht erreicht wird. Wann die Förderhöchstgrenze erreicht ist, hängt von den Kosten der Veranstaltung ab. Angenommen die Kosten der beschriebenen Veranstaltung betragen 30.000 Euro. In diesem Falle läge die Höchstgrenze der Förderung bei 13.000 Euro: Die veranstaltungsbezogenen Kosten von 30.000 Euro zuzüglich einer Organisationspauschale in Höhe von 10 Prozent beliefen sich auf 33.000 Euro. Aus dem Ticketverkauf wurden 20.000 Euro erzielt. Die Finanzierungslücke beträgt also 13.000 Euro. Dies ist die maximale Förderung der Wirtschaftlichkeitshilfe.
Ohne die Hilfe wäre die Kulturveranstaltung wirtschaftlich nicht tragfähig, da eine Lücke von 10.000 Euro zwischen Kosten und Einnahmen klafft. Sie würde daher nicht stattfinden. Durch den Wirtschaftlichkeitsbonus kann die Veranstaltung stattfinden, die Künstlerin ihre Gage erhalten, die Bühnentechniker bezahlt werden und die Veranstalterin ihr Unternehmen am Laufen halten.
Antragstellung: Ein Antrag auf Wirtschaftlichkeitshilfe kann nach Durchführung der Kulturveranstaltung über die Landeskulturbehörde gestellt werden, in deren Bereich die Veranstaltung stattfand. Vor der Veranstaltung muss die Veranstaltung registriert werden. Dabei sind das Hygienekonzept oder ähnliche Dokumente einzureichen, die geplante und erwartete Auslastung anzugeben sowie die maximale Kapazität des Veranstaltungsorts. Damit die Bearbeitung der Anträge effizient erfolgen kann, gibt es die Möglichkeit, gebündelte Anträge zu stellen. Es muss sich jeweils um Kulturveranstaltungen handeln.
Ausfallabsicherung für kleinere Kulturveranstaltungen:
Die eigentliche Ausfallabsicherung (s.u.) ist für größere Kulturveranstaltungen vorgesehen. Aber auch für Kulturveranstaltungen mit unter 2.000 Besucherinnen und Besuchern wird es eine Ausfallabsicherung geben. Für den Fall, dass wegen der Verschärfung der öffentlichen Pandemiebestimmungen eine Kulturveranstaltung, die für die Wirtschaftlichkeitshilfe registriert war, nicht stattfinden kann, erhalten die Veranstalter eine Entschädigung. Diese beträgt 50 Prozent der nachgewiesenen, veranstaltungsbezogenen Kosten.
Ausfallabsicherung für größere Kulturveranstaltungen (ab 2.000 Personen)
Ob im Frühjahr 2022 Konzerttourneen durchgeführt werden und im Sommer nächsten Jahres Festivals stattfinden, entscheidet sich in den nächsten Monaten. Denn derartige große Kulturveranstaltungen erfordern eine intensive Planung und Logistik. Sie haben oft eine lange Vorlaufzeit und benötigen entsprechende Planungssicherheit. Gleichzeitig ist das finanzielle Risiko einer Absage oder Verschiebung sehr hoch. Um Planungssicherheit zu geben und sicherzustellen, dass große Konzerte, Festivals und Kulturveranstaltung trotz der Corona-Pandemie wieder geplant werden, enthält der Sonderfonds des Bundes als zweites Element eine Ausfallabsicherung für Kulturveranstaltungen. Mit ihrer Hilfe werden Ausfall- oder Verschiebungskosten bezuschusst, sollte eine geplante Veranstaltung pandemiebedingt nicht stattfinden können. Die Ausfallabsicherung wirkt dabei ähnlich einer Versicherung. Derartige Versicherungen sind im Veranstaltungsgewerbe üblich - derzeit werden sie jedoch für Pandemierisiken am Markt nicht angeboten.
Antragsberechtigung: Der Sonderfonds sichert größere Kulturveranstaltungen ab, die unter Beachtung Corona-bedingter Hygienebestimmungen für mehr als 2.000 Besucherinnen und Besucher ab dem 1. September 2021 geplant werden.
Höhe: Im Falle einer pandemiebedingten Absage, Teilabsage oder Reduzierung der Teilnehmerzahl oder einer Verschiebung übernimmt der Ausfallfonds maximal 80 Prozent der dadurch entstandenen Ausfallkosten. Die maximale Entschädigungssumme beträgt 8 Millionen Euro pro Veranstaltung. Bei Teilabsagen oder Reduzierung der Teilnehmerzahl werden die erzielten veranstaltungsbezogenen Einnahmen von den Ausfallkosten abgezogen.
Förderfähige Kosten: Ähnlich wie bei der Überbrückungshilfe gibt es eine feste Liste an förderfähigen Kosten. Dazu zählen zum Beispiel Betriebskosten, Kosten für Personal, Anmietung, Wareneinsätze, Künstlergagen, beauftragte Dienstleister etc. Es ist den Vertragspartnern bekannt zu geben, dass eine Veranstaltung für eines der Module des Sonderfonds registriert ist. Das soll Transparenz zwischen den Vertragspartnern schaffen. Kosten können auch dann geltend gemacht werden, wenn sie vor der Antragstellung angefallen sind.
Registrierung für die Ausfallabsicherung: Die Veranstalter registrieren die Kulturveranstaltung vor der geplanten Durchführung auf der IT-Plattform der Länder und legen dabei auch eine Kostenkalkulation und ein geeignetes Hygienekonzept oder ähnliche Dokumente vor. Tritt der Schadensfall ein, kann die Förderung beantragt werden. Die konkreten Verluste und entstandenen Kosten werden dabei von den Veranstalterinnen und Veranstaltern nachgewiesen und von prüfenden Dritten bestätigt. Die Veranstalterinnen und Veranstalter verpflichten sich zu einem kostenminimierenden Verhalten. Die Verwaltung und Abwicklung erfolgt durch die Länder.