Die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn, und die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, die Brandenburgische Wissenschafts-, Forschungs- und Kulturministerin Prof. Dr. Johanna Wanka, haben am Dienstag in Berlin die neue Ausgabe des OECD-Berichts „Bildung auf einen Blick“ („Education at a Glance“) vorgestellt. In der Veröffentlichung werden die Bildungssysteme der OECD-Staaten sowie einer Reihe von weiteren Staaten anhand einer Vielzahl von Indikatoren dargestellt. Dabei werden Bildungsbeteiligung, Bildungsabschlüsse und Bildungsinvestitionen sowie Erwerbstätigkeit und Erwerbseinkommen in Relation zur Bildungsqualifikation gesetzt. Die Analyse zeigt die Entwicklung der verschiedenen Systeme. Datenbasis sind die Jahre 2002 und 2003.
Darüber hinaus werden in der diesjährigen Ausgabe Ergebnisse zu mathematischen Kenntnissen und Problemlösungsfähigkeiten der Bildungsstudie PISA 2003 einbezogen.
Anteil der öffentlichen Bildungsausgaben an den öffentlichen Gesamthaushalten leicht gestiegen
Investitionen in die Bildung sind Investitionen in die Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft. Insgesamt stieg der Anteil der öffentlichen Ausgaben für Bildung als Anteil an den öffentlichen Gesamtausgaben in Deutschland seit 1995 leicht um 0,1 Prozentpunkte auf 9,8 %. Im OECD-Mittel betrug der Anstieg allerdings einen vollen Prozentpunkt von 11,9 % auf 12,9 %. Das Bild dürfte sich in den kommenden Jahren zugunsten Deutschlands verändern: Denn künftig werden sich die Ausgaben des Ganztagsschulprogramms der Bundesregierung mit einem Gesamtvolumen von 4 Milliarden Euro für Investitionsmaßnahmen sowie die Programme der Länder zur Ausgestaltung des Ganztagsunterrichts und zur Qualitätsentwicklung in den Schulen positiv auswirken. Hinzu kommt die von der Bundesregierung angeregte und im Juni 2005 zwischen Bund und Ländern vereinbarte Exzellenzinitiative zur Profilbildung der Universitäten mit einem Gesamtvolumen von 1,9 Mrd. Euro. Es ist davon auszugehen, dass sich damit auch der Anteil der öffentlichen und privaten Bildungsausgaben am BIP erhöhen wird. Dieser Anteil war im Jahr 2002 mit 5,3 % stabil und lag wie im Vorjahr unter dem OECD-Ländermittel von 5,8 %.
Deutliche Unterschiede bei den Bildungsausgaben in den unterschiedlichen Bildungsbereichen
Die Bildungsausgaben je Schüler/Studierenden steigen vom Primarbereich bis zum Tertiärbereich an. Während die Ausgaben im Primar- und Sekundarbereich I in Deutschland deutlich unter dem OECD-Durchschnitt liegen, bewegen sie sich im Sekundarbereich II darüber.
So werden in Deutschland im Primarbereich je Schüler 17 % des BIP pro Kopf (2002) aufgewendet und damit weniger als im internationalen Durchschnitt (20 %). Im Sekundarbereich I liegen die Ausgaben je Schüler in Deutschland bei 21 % des BIP pro Kopf. Auch dieser Wert liegt unter dem OECD-Mittel, das 23 % beträgt. Im Sekundarbereich II, also der gymnasialen Ober-stufe an allgemein bildenden Schulen, den beruflichen Gymnasien der Fachoberschulen sowie den Berufsfachschulen und der Ausbildung im Dualen System der beruflichen Bildung, liegt der Anteil der Ausgaben je Schüler/ Auszubildenden am BIP pro Kopf in Deutschland bei 37 % (O-ECD-Mittel 28 %).
An den Fachschulen, Fachhochschulen und Hochschulen des Tertiärbereichs in Deutschland werden je Schüler und Studierenden 41 % des BIP pro Kopf ausgegeben (OECD- Durchschnitt: 43 %). Hierbei bestehen jedoch deutliche Unterschiede zwischen dem Tertiärbereich B (u. a. Fachschulen und Schulen des Gesundheitswesens) mit 22 % und dem Tertiärbereich A (Universitäten und Fachhochschulen) mit 44 %. Deutschland liegt somit beim Tertiärbereich A um zwei Punkte über dem OECD-Mittel (42 %), während es im Tertiärbereich B deutlich darunter (29 %) liegt.
Ein deutlich anderes Bild ergibt sich für den Tertiärbereich jedoch, wenn nur die lehrbezogenen Bildungsausgaben betrachtet werden, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung also nicht mit einbezogen werden. Dann fallen die Ausgaben pro Schüler/Studierenden im Tertiärbereich im Verhältnis zum BIP pro Kopf auf 25 % und liegen damit sowohl unter dem entsprechenden OECD-Mittel (34 %) als auch unter dem Anteil der Ausgaben pro Auszubildenden/Schüler des deutschen Sekundarbereichs II.
Gute öffentliche Unterstützung für Schüler und Studierende
Leistungsfähige Bildungssysteme müssen für Menschen unabhängig von deren finanziellen Voraussetzungen offen stehen. Damit junge Menschen sich optimal entwickeln können, muss die Förderung frühzeitig beginnen. In Deutschland wurden im Jahr 2002 5 % der öffentlichen Bildungsausgaben zur Unterstützung von Lernenden in Bereichen unterhalb des Tertiärbereichs verwendet. Deutschland lag damit über dem OECD-Durchschnitt von 3,4 %.
Die finanziellen Hilfen in Deutschland steigen im Tertiärbereich (Fachschulen, Fachhochschulen und Hochschulen) und liegen mit einem Gesamtanteil von 16,6 % geringfügig über dem OECD-Durchschnitt (16,5 %). In Deutschland werden diese Hilfen überwiegend als Zuschüsse ge-währt.
Diese im internationalen Vergleich gute Position Deutschlands ist auch eine Folge der großen BAföG-Reform des Jahres 2001. Auch hier sind für die nächsten Jahre weitere positive Effekte zu erwarten, die erst in den zukünftigen Ausgaben von Bildung auf einen Blick abgebildet werden können. Zwischen 1998 und 2003 betrug der Zuwachs bei den Geförderten nahezu 50 %. Bund und Länder verdoppelten im selben Zeitraum die Ausgaben für die Ausbildungsförderung von 1,2 Milliarden Euro auf über 2 Milliarden Euro. 2004 stiegen die BAföG-Leistungen weiter um 4,3 %. Der Anteil der Vollgeförderten – also derjenigen, die den Förderhöchstsatz erhalten – ist auf nahezu die Hälfte aller Geförderten (48,7 %) gestiegen.
Zahl der Studienanfänger und Hochschulabsolventen weiter gestiegen
Die BAföG-Reform ist ein wichtiger Baustein unter den Maßnahmen, die dazu geführt haben, dass die Zahl der Studienanfänger in den vergangenen Jahren in Deutschland deutlich größer geworden ist. Während im Jahr 1998 die Studienanfängerquote in Deutschland bei lediglich 28 % lag, nahmen im Jahr 2003 in Deutschland schon 36 % eines Altersjahrgangs ein Studium auf. Dieser Wert lag zwar immer noch unter dem Durchschnitt aller OECD-Staaten (53 %). Der positive Trend setzt sich aber weiter fort. So betrug die Studienanfängerquote in Deutschland im Jahr 2004 bereits 38 %.
Erfreulich ist die Entwicklung der Abschlussquote an Fachhochschulen und Universitäten. Sie ist von 16 % eines Altersjahrgangs im Jahr 1998 auf 19,5 % im Jahr 2003 gestiegen. Der Durchschnitt der OECD-Staaten betrug 32,2 %. Zwar liegt Deutschland damit immer noch auf einem hinteren Platz. Die steigenden Studienanfängerzahlen werden sich in den nächsten Jahren positiv bei den Absolventenzahlen niederschlagen. Sie werden insbesondere auch durch die vermehrte Wahl von Bachelor- und Masterstudiengängen, deren stärkere Strukturierung einen früheren berufsqualifizierenden Abschluss erlaubt, ansteigen. Im Jahr 2003 nahmen bereits 34 000 Personen und damit 9 % der Studienanfänger einen Bachelor- oder Masterstudiengang auf.
Deutsche Hochschulen attraktiv für ausländische Studierende
Der steigende Bedarf an hochqualifizierten Fachkräften wird in den nächsten Jahren den internationalen Wettbewerb um die besten Studierenden verschärfen. Deutschland hat sich dafür gut positioniert. So wählen bereits 11 % aller Studierenden in der OECD, die nicht in dem Land ihrer Nationalität studieren, ihren Studienplatz in Deutschland. Damit liegt Deutschland an dritter Stelle der beliebtesten Gastländer hinter den Vereinigten Staaten (28 %) und dem Vereinigten Königreich (12 %). Die konzertierte Aktion „Internationales Marketing für den Bildungs- und For-schungsstandort Deutschland“ und das DAAD-Projekt „Initiative GATE (Guide for Academic Training and Education)“ haben wesentlich dazu beigetragen. Deutsche Hochschulen gehören zu den klaren Gewinnern des internationalen Austauschs von Studierenden. Inzwischen ist mehr als jeder zehnte Studierende in Deutschland ein Ausländer. Ihr Anteil stieg von 1998 bis 2003 um ein Drittel von 8,2 % auf 10,7 %. Zum Vergleich: In den Vereinigten Staaten liegt der Anteil bei 3,5 % (nach 3,2 % im Jahr 1998) und im Ländermittel der OECD-Staaten beträgt der Anteil 6,4 % (5,8 % im Jahr 1998); er ist damit sowohl in den Vereinigten Staaten als auch im Ländermittel weniger stark gewachsen als in Deutschland.
Schulstudie PISA 2003: Deutschland holt auf
Bildung auf einen Blick 2005 greift auch Schwerpunkte der Schulleistungsstudie PISA 2003 auf. In den Bereichen Mathematik und Naturwissenschaften wurden Verbesserungen erreicht. Sie sind eine Bestätigung der Arbeit der deutschen Schulen in den vergangenen Jahren. So zeigen die 15-jährigen Schülerinnen und Schüler gute Fähigkeiten, Probleme zu lösen, eine entscheidende Grundlage für das Lernen und die erfolgreiche Teilhabe an der Gesellschaft. Deutschland erreicht hier einen Platz im oberen Mittelfeld.
Im Bereich der Mathematik erreicht Deutschland nach dem schlechten Abschneiden bei PISA 2000 inzwischen einen Platz im Mittelfeld bei PISA 2003. Im Untersuchungsbereich „Quantitatives Denken“ liegt das Durchschnittsergebnis der Schüler in Deutschland sogar über dem OECD-Durchschnitt.
Die Reformbemühungen im deutschen Bildungssystem wirken. Zur Stärkung der mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenz wird das von Bund und Ländern gemeinsam entwickelte SINUS-Programm in den Schulen weiter ausgebaut. Einen entscheidenden Beitrag leisten die von den Ländern beschlossenen sieben Handlungsfelder zur Qualitätsverbesserung des Bildungswesens, insbesondere die bundesweiten Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz. Zur Weiterentwicklung, Normierung und Prüfung der Standards haben die Länder das Institut zur Qualitätssicherung im Bildungswesen (IQB) an der Humboldt-Universität zu Berlin gegründet.
Unbefriedigend bleibt, dass der sozio-ökonomische Hintergrund der Schüler in Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten einen nach wie vor stärkeren Einfluss auf den Erwerb bestimmter Kompetenzen hat. Für Deutschland bleibt die Verbesserung der Leistungsergebnisse - auch durch die Entkopplung von sozialer Herkunft und erreichter Kompetenz - die große Herausforderung in der Bildungspolitik. Die Kultusministerkonferenz hat hierzu entscheidende Reformschritte eingeleitet. Diese zielen vor allem auf die frühe, differenzierte und individuelle Förderung vor und während der Schulzeit, insbesondere von Kindern und Jugendlichen aus bildungsbenachteiligten Familien. Hierzu tragen das Ganztagsschulprogramm der Bundesregierung und die Ganztagsschulangebote der Länder entscheidend bei. Allein im Jahr 2004 stieg die Anzahl der Ganztagsschüler um 12 %.
Absätze
Quelle
http://www.kmk.org