Erstmals ist nun Beethovens Violine auf einer CD zu hören. Der renommierte Geiger Daniel Sepec spielte auf dem historischen Instrument die Violinsonaten op. 23 und op. 30 sowie die Figaro-Variationen WoO 40 von Beethoven ein, begleitet von Andreas Staier auf dem Hammerflügel von Conrad Graf aus dem Jahre 1824, der sich ebenfalls im Besitz des Beethoven-Hauses befindet.
Sehr geehrt habe er sich gefühlt, erzählt Daniel Sepec, als er gebeten wurde, die Aufnahme auf Beethovens Geige zu machen. Denn, so Sepec, „von so einer Anfrage träumt ja eigentlich jeder Geiger". Er beschreibt die Geige als „feines, intimes Instrument", das seine Klangfarben vor allem im piano-Bereich entfalte.

Erst vor rund elf Jahren kam die Violine aus amerikanischem Privatbesitz in das Bonner Beethoven-Haus. Im Frühjahr 1995 nahm eine Frau Gerda Taussig, geb. Nass, telefonisch Kontakt zum Beethoven-Haus auf. Die bereits hochbetagte Dame hatte eine bewegende Lebensgeschichte zu erzählen. Der Anschluss Österreichs durch die Nationalsozialisten hatte sie 1938 gezwungen, ihren Geburtsort Wien zu verlassen. Nach Zwischenstationen in Zürich und London emigrierte sie gemeinsam mit ihrem Gatten Walter Taussig 1946 in die USA. 1992 starb ihre Tante Leontine Elber, die mit dem Zürcher Geiger Fritz Elber verheiratet gewesen war. Sie vermachte ihrer Nichte eine etwas vernachlässigte Violine. Gerda Taussig nun wandte sich an das Beethoven-Haus, weil sie meinte, dass diese Violine in Verbindung mit Beethoven stehen könnte. Schon die Fotos, die sie anschließend dem Beethoven-Haus schickte, ließen erkennen, dass das bis dahin in der Beethoven-Literatur nirgendwo erwähnte Instrument wahrscheinlich Beethovens Siegel trug sowie eine eingeritzte Initiale “B” aufwies. Bei einem Besuch von Michael Ladenburger, Kustos der Sammlungen des Beethoven-Hauses, in New York im Oktober 1995 drückte Gerda Taussig ihm das Instrument spontan vertrauensvoll in die Hand und gab es ihm zur weiteren Prüfung mit nach Bonn. Später überliess sie es dem Beethoven-Haus gegen einen symbolischen Betrag ganz, weil sie und ihr Sohn Eric davon überzeugt waren, dass das Beethoven-Haus die richtige Stätte zur Aufbewahrung und Präsentation der Violine sei.

Dem Musikwissenschaftler Kai Köpp gelang es schließlich, in minutiöser detektivischer Kleinarbeit die Spuren des Instruments zurückzuverfolgen. Demnach stammte die Violine (wahrscheinlich eine Salzburger Arbeit um 1700) ursprünglich aus Beethovens Nachlass und wurde im Herbst 1827 von einem Musikliebhaber ersteigert. Eingehende Untersuchungen ergaben, dass das Instrument zu einem Satz von Streichquartett-Instrumenten gehörte, die Beethoven im Jahr 1800 von Fürst Karl Lichnowsky zum Geschenk erhalten hatte. Drei dieser Streichquartett-Instrumente werden bereits seit langer Zeit im Beethoven-Haus aufbewahrt (Dauerleihgabe des Staatlichen Instituts für Musikforschung – Musikinstrumentenmuseum Berlin). Auch diese Instrumente weisen auf dem Boden den Siegelabdruck und die Initiale “B” auf.

Wie ein eingeklebter Reparaturzettel belegt, wurde die Geige 1848 einer durchgreifenden Modernisierung unterzogen. Bei der jüngsten Restaurierung wurde sie wieder weitgehend in den Zustand zurückversetzt, den Beethoven kannte.
Um der Klangvorstellung Beethovens möglichst nahe zu kommen, muss jedoch nicht nur das Instrument dem Stand der Zeit entsprechend eingerichtet sein. Es muss auch der Spieler sich mit viel Sympathie dem Instrument widmen und eingehende Kenntnisse der Aufführungspraxis der Beethoven-Zeit mitbringen. Bei Daniel Sepec, einem ausgewiesenen Spezialisten für historische Instrumente und Aufführungspraxis, war die Einspielung daher in den besten Händen.

Auf der neu entdeckten Violine wurde aller Wahrscheinlichkeit nach 1802 erstmals Beethovens Sonate für Violine und Klavier c-Moll op. 30 Nr. 2 aufgeführt. Diese Sonate ist nun auch auf der gerade erschienen CD zu hören.

Die CD ist derzeit nur im Beethoven-Haus erhältlich (Bestellung über die Internet-Seite www.beethoven-haus-bonn.de oder im Museumsshop).