Mit einem zweiten Abschlusskonzert endeten gestern Abend in der Bonner Beethovenhalle zehn Tage, die ganz im Zeichen internationaler Nachwuchsdirigenten und der Musik Ludwig van Beethovens gestanden hatten. Professor Kurt Masur: „Dieser Nachwuchs ist großartig und würdig, das Erbe Beethovens einer neuen Generation nahe zu bringen.“
Zu den internationalen Meisterkursen für Dirigieren, die vom Beethoven-Haus Bonn in enger Kooperation mit dem Beethoven Orchester Bonn und dem Dirigentenforum des Deutschen Musikrats veranstaltet wurden, waren diesmal von Kurt Masur und seinen Beratern Peter Gülke und Andreas Bausdorf (Dirigentenforum Deutscher Musikrat) aus über 100 Bewerbern zwölf junge Musiker ausgewählt worden. Nach zwei vorangegangenen Veranstaltungen 2006 und 2008 mit ausschließlich deutschen Teilnehmern waren in diesem Jahr erstmals Dirigentinnen und Dirigenten aus aller Welt eingeladen, mit dem Beethoven Orchester Bonn zu musizieren. Sie stammten aus Litauen, Korea, Bulgarien, Ungarn, Niederlanden, Australien, Spanien, Singapur, Deutschland sowie den USA. Hebe de Champeaux aus den Niederlanden kommentiert das hohe Niveau der teilnehmenden Dirigenten: „Ich habe schon an mehreren Meisterkursen teilgenommen, und dort waren es von zehn Teilnehmern vielleicht vier, die richtig gut waren. Hier waren alle sehr gut, das ist schon etwas sehr Besonderes!“
Hinter den auserwählten zwölf jungen Talenten liegen ereignis- und aufschlussreiche Tage – eine für junge Musiker wohl einmalige Chance, am Geburtsort Ludwig van Beethovens von renommierten Musikern und erfahrenen Forschern Einblick in das Schaffen des großen Sohnes der Stadt zu erlangen und ihre Eindrücke künstlerisch umzusetzen. Die koreanische Dirigentin Eun Sun Kim über ihre Erfahrungen bei den Meisterkursen: „Ich habe viel darüber gelernt, wie wichtig es ist, mit Bildern und Stimmungen zu arbeiten und diese dem Orchester zu vermitteln.“ Ihr Kollege Vladimir Kulenovic aus den USA ergänzt: „Es hat mich sehr bereichert, von den Erfahrungen von Maestro Masur profitieren zu können. Außerdem konnte ich zum ersten Mal mit einem Profi-Orchester arbeiten. Bisher habe ich mit Studentenorchestern gearbeitet, die technisch auch sehr gut sind. Aber man kann sie natürlich nicht mit professionellen Orchestern vergleichen.“
Den Auftakt zu den Meisterkursen bildete das Quellenstudium im Beethoven-Haus am 26. Oktober 2009. Im Kammermusiksaal führten die Mitarbeiter des Beethoven-Archivs, der wissenschaftlichen Forschungsstelle im Beethoven-Haus, die Teilnehmer in historische und philologische Aspekte zu Beethovens Symphonien Nr. 5 bis 8 ein. An zwei probenfreien Tagen standen außerdem eine Führung durch Beethovens Geburtshaus mit einem Blick in den Tresor, in dem die wertvolle Beethoven-Sammlung des Beethoven-Hauses aufbewahrt wird, und eine Führung durch die Spezialbibliothek für die Dirigentinnen und Dirigenten auf dem Programm.
Kurt Masur legt besonderen Wert darauf, dass die jungen Musiker diese Einblicke in die Arbeit des Beethoven-Hauses bekommen, weil sie daraus wertvolle Anregungen für ihre zukünftigen Interpretationen gewinnen können. Dieser wissenschaftliche Teil der Meisterkurse macht die Meisterkurse des Beethoven-Hauses zu einem ganz besonderen Angebot für den künstlerischen Nachwuchs. Im praktischen Teil unterwies Kurt Masur seine in zwei Gruppen aufgeteilten zwölf Schüler im Rahmen öffentlicher Proben in Beethoven-Sinfonien Nr. 6, Nr. 5 und die Leonoren Ouvertüre II (Meisterkurs I) sowie Nr. 8, Nr. 7 und die Fidelio-Ouvertüre (Meisterkurs II).
Bereits diese dank Kurt Masur stets lebhaften, für den musikbegeisterten Zuschauer faszinierenden Proben mit dem Beethoven Orchester Bonn stießen auf immenses Interesse. Über 3.500 Zuschauer strömten zu den morgendlichen und abendlichen Erarbeitung der Werke in die Bonner Beethovenhalle. Maestro Masur selbst hob das hohe Niveau der Meisterkurse hervor und äußerte nach einer gelungenen Generalprobe: „Meine Damen und Herren, ich will uns nicht loben, aber so eine 6. Sinfonie hören Sie so schnell nicht wieder.”
Um die Eindrücken und Erfahrungen aus den Proben bereichert, dirigierten dann bei den Abschlusskonzerten am 30. Oktober und am 4. November jeweils sechs junge Dirigenten das Bonner Beethoven Orchester. Vor einem jeweils mit rund 1.600 Besuchern ausverkauften Konzerthaus verstanden es die jungen Dirigenten, ihre noch frischen Einsichten in das Werk des Komponisten auf dem Podium auf packende Weise umzusetzen. Wenn zum Schluss dann der Meister sogar selbst ans Pult trat, um Ludwig van Beethovens Musik, die ihn sein ganzes Leben lang beschäftigt hat, aus ganz eigener Perspektive erklingen zu lassen, dann erahnten die Konzertbesucher ebenso wie die jungen Dirigenten in der Beethovenhalle auf eindrucksvolle Weise das ganze Ausmaß der Tiefe im Oeuvre des großen Bonners.
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