Im Rahmen des Berliner Künstlerinnenprogramms der Berliner Kulturverwaltung in Kooperation mit der Musikakademie Rheinsberg wurde der mit 10.000 Euro dotierte Berlin-Rheinsberger-Kompositionspreis für zeitgenössische Musik an Clara Iannotta vergeben.

Die diesjährige Preisträgerin des Berlin-Rheinsberger-Kompositionspreises, Clara Iannotta, wurde 1983 in Rom geboren und musste zunächst zum Komponieren überredet werden. Ihre musikalische Laufbahn begann sie am Conservatorio Santa Cecilia in Rom, wo sie Flöte studierte, bevor sie, angeregt durch einen ihrer Lehrer dort, ein Kompositionsstudium begann.

„... meine ganze Kindheit über arbeitete ich darauf hin, Flötistin zu werden. Mein Lehrer in Harmonielehre hat mich dann mehr oder weniger gezwungen, Komposition zu studieren, was ich dann auch von 2003 an tat. Ein Jahr später erst realisierte ich, dass das Komponieren die Kunst ist, die mir am meisten entspricht“.
Immer wieder waren und sind es vor allem die persönlichen Begegnungen, so mit Alessandro Sobiati in Mailand, mit Yan Maresz am IRCAM, mit Franck Bedrossian oder Steven Takasugi, aus denen sie Gewinn für ihr eigenes kompositorisches Fortkommen zieht.

Seit 2007 baut sie ein Oeuvre auf und jede neue Komposition ist für sie immer auch ein Experimentierfeld, um die eigene musikalische Sprache zu präzisieren. Al di là del bianco für Bassklarinette und Streichtrio (2009), Il Colore dell’ombra für Klavier Trio (2010), Limun für Violine, Viola und 2 Umblätterer (2011), Aphones für 17 Musiker (2011), Clangs für Celle und 15 Musiker (2012), Glockengießerei für Cello und Elektronik (2012), D’Après für 7 Musiker (2012) - auch wenn es die Titel ihrer Werke zuweilen nahe legen, sie sind mitnichten Wegweiser, die die Richtung für das Ohr vorgeben. Wenn überhaupt, markieren sie bestimmte Lebensphasen oder Lebensumstände, in denen die Werke entstanden sind. Wohl aber ist den Kompositionen Iannottas eine bestimmte „Theatralität“ eigen. Theatralität, die die Körperlichkeit des Klanges, seine innere Bewegtheit, seine Erregungszustände, seine instrumentalen Genese aus der Stille heraus meint und die ihn nicht losgelöst von der Geste, die ihn hervorbringt und der Inszenierung im Kontext eines jeweils unterschiedlichen instrumentalen Gefüges betrachtet. So sind ihre Partituren voll von minutiösen Spielanweisungen, angefangen von Anweisungen wie die Instrumenten zu präparieren sind, wie Gegenständen wie Stricknadeln, Musikboxen, Klebestreifen u.v.a.m. zur Erweiterung des Klanges zu benutzen sind bis hin zur detaillierten Auskomposition des Geigenbogenspiels. Die Partituren wirken wie Choreografien, nach denen die Klänge in den Aufführungen von den Instrumentalisten buchstäblich geformt und zum Leben erweckt werden.

Clara Iannotta lässt sich von besonderen Höreindrücken anregen – etwa von Glockenklängen und deren komplexe Klangspektren, beobachtet und imaginiert Klangphänomene. Sie tastet sie mit einem mikroskopisch fein eingestellten Ohr ab, entdeckt dabei unendlich feine Binnendifferenzierungen, findet eine unglaublich komplexe und präszise Formulierung dafür in ihren Partituren und projiziert diese Prozesse mit ihrem kompositorischen Können in ein für unser Ohr – eigentlich für unser Auge - zugängliches Format. Die Dichotomie von Ton und Geräusch, von elektroakustisch und akustisch hat sie dabei hinter sich gelassen. Es sind vielmehr hybride Klangphänomene, mit denen sie uns überrascht. Wenn man nicht sieht, welche instrumentale Aktion genau die von ihr entworfenen Klangwelten hervorbringt, das Ohr allein ist verloren.1984 in Belgrad, Serbien geboren. Sie studierte Komposition, Klangregie und elektronische Musik an der Fakultät für Musik in Belgrad. Weiterführend studierte Sie am Conservatoire National de Région de Strasbourg in der Klasse von Prof. Ivan Fedele (2007 – 2009). Darüber hinaus hat sie in den Jahren 2009 bis 2010 am Programm Cursus am Institut ICRAM in Paris teilgenommen und war Stipendiatin der Cité Internationale des Arts in Paris. An der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ absolvierte sie bei Prof. Hanspeter Kybutz von 2011 bis 2013 ein Zusatzstudium.

Der 9. Berlin-Rheinsberger Kompositionspreis wird während des Eröffnungskonzertes der „Rheinsberger Pfingstwerkstatt Neue Musik“ am 6. Juni um 20 Uhr im Schlosstheater Rheinsberg verliehen. Die Vergabe des Preises verfolgt sowohl das Ziel, das bisherige Werk einer Komponistin auszuzeichnen, als auch die weitere künstlerische Arbeit zu unterstützen. Die Auszeichnung beinhaltet einen zweimonatigen Aufenthalt an der Bundes- und Landesakademie Rheinsberg. Während dieses Aufenthaltes wird die geplante Komposition ausgearbeitet und zusätzlich werden die vielfältigen Möglichkeiten des Kontaktes und künstlerischen Austauschs in der Musikakademie genutzt. Das Projekt mündet in einer Uraufführung dieser Komposition sowohl in Rheinsberg als auch in Berlin.
Während ihres Arbeitsaufenthaltes in Rheinsberg wird Clara Iannotta an einem Konzert für Klavier und Ensemble arbeiten, welches in der Saison 2015/2016 in Lyon uraufgeführt werden soll. Es ist ein Auftragswerk des Ensembles Orchestral Contemorains.