Am 14. Oktober dieses Jahres trafen sich erstmals offiziell der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Bernd Neumann, und alle Kulturminister der Länder sowie die Direktorin der Kulturstiftung des Bundes, Hortensia Völkers und die Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, Isabell Pfeiffer-Poensgen. Ein denkwürdiges erstes Treffen nach 12 Jahren real existierender Kulturpolitik des Bundes mit Kulturstaatsminister und Kulturausschuss des Deutschen Bundestages. Und ein Zeichen dafür, dass in Deutschland der kooperative Kulturföderalismus immer noch sehr lange braucht, um Realitäten zu akzeptieren und gemeinsam zu agieren.

Die Kulturminister von Bund und Ländern setzen sich, so war der Pressemitteilung von Kulturstaatsminister Neumann und dem Vorsitzenden der Kultusministerkonferenz, Minister Spaenle, zu entnehmen, über Parteigrenzen hinweg dafür ein, dass „trotz der notwendigen Konsolidierungsmaßnahmen bei den Haushalten von Bund und Ländern die Kultur von Kürzungen möglichst verschont bleiben soll.“

Ein bemerkenswerter Zufall ist es, dass am Tag darauf, am 15. Oktober, der Stabilitätsrat (www.stabilitaetsrat.de) tagte und unterstrich, dass „zur Einhaltung der neuen Schuldenregeln Bund und Länder noch erhebliche Konsolidierungsanstrengungen werden leisten müssten“. Der Stabilitätsrat wurde mit der Einführung der Schuldenbremse im Grundgesetz im Jahr 2009 im Rahmen der Föderalismusreform II eingeführt. Ihm gehören der Bundesfinanzminister, der Bundeswirtschaftsminister sowie die Finanzminister der Länder an. Zu den Aufgaben des Stabilitätsrates gehört es, die Länderhaushalte sowie den Bundeshaushalt zu überwachen. Bund und Länder sind verpflichtet, jährliche Stabilitätsberichte mit einer mittelfristigen Finanzplanung vorzulegen. Drohende Haushaltsnotlagen sollen so rechtzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Bund und Länder nehmen sich damit an die Kandare, um die Ziele der Haushaltskonsolidierung zu erreichen (siehe hierzu auch: Gabriele Schulz: Legislaturperioden auf der Zielgeraden, in politik und kultur 4/2009).

Bei vier Ländern hat der Stabilitätsrat am 15. Oktober dieses Jahres eine drohende Haushaltsnotlage festgestellt: Berlin, Bremen, Saarland und Schleswig-Holstein. Diesen Ländern wird jetzt ein Evaluierungsausschuss zur Seite gestellt, der im Mai 2011 berichten soll, ob ausreichende Maßnahmen zur Abwendung der Haushaltsnotlage ergriffen werden. Der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, Peter Harry Carstenden, hatte bereits bei der Einbringung des Haushaltsstrukturkonzeptes im Mai dieses Jahres massive Einsparungen im Kulturetat bis zur Schließung von Einrichtungen vorgesehen (siehe hierzu auch den Schwerpunkt Schleswig-Holstein in politik und kultur 4/2010). Zu vermuten ist, dass auch die Kulturfinanzierung in den anderen genannten Ländern mit drohender Haushaltsnotlage zur Disposition steht. Umso wichtiger ist daher das positive Signal in der Haushaltsplanung von Kulturstaatsminister Neumann. Sein Haushalt soll im kommenden Jahr stabil bleiben. Aus den Ländern und Kommunen sind indes weniger gute Signale zu hören. Halle, Hamburg oder auch Leipzig sind nur die überregional bekannteren Fälle der geplanten Einsparungen in den Kulturetats, die teilweise zu Schließungen von Kultureinrichtungen führen sollen.

Ein zentrales Thema der Mitgliederversammlung des Deutschen Kulturrates am 30. September 2010 war daher auch die Kulturfinanzierung. Am Tag zuvor hatte der Sprecherrat die Stellungnahme zur Kulturfinanzierung „Kunst und Kultur als Lebensnerv“ verabschiedet.

Erstmals setzt sich der Deutsche Kulturrat in dieser Stellungnahme umfassend mit der Kulturfinanzierung durch Bund, Länder und Kommunen, die Kirchen, Stiftungen sowie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auseinander. Die besondere Bedeutung von Kunst und Kultur für die Gesellschaft wird herausgestellt und zugleich unterstrichen, dass angesichts des demografischen Wandels von den Kultureinrichtungen erhebliche Veränderungen abverlangt werden.

Elf konkrete Forderungen werden an den Bund, die Länder, die Kommunen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die Kirchen und die privaten Stiftungen zur Sicherung der Kulturfinanzierung gestellt. Konkret wird u.a. die Gemeindefinanzkommission aufgefordert, Vorschläge zur besseren finanziellen Absicherung der Kommunen zu machen, damit diese ihrer Aufgabe der Kulturfinanzierung nachkommen können. Es wird unterstrichen, dass freiwillige Leistung, wie die Kulturfinanzierung, nicht nachrangige Aufgabe bedeutet. Im Gegenteil, die kommunalen Aufsichtsbehörden werden aufgefordert, ein kulturelles Leben in den von ihnen beaufsichtigten Kommunen zu ermöglichen. Die gleiche Forderung gilt es auch, an den Evaluationsrat zu richten, der in den kommenden Monaten die Haushaltskonsolidierung in Berlin, Bremen, dem Saarland und Schleswig-Holstein beobachten und beurteilen wird.

Aber nicht nur der Staat ist gefragt. Auch die privaten Stiftungen werden in der genannten Stellungnahme in den Blick genommen. In den vergangenen zehn Jahren wurde das Stiftungswesen durch Veränderungen im Stiftungszivil- und im Stiftungssteuerrecht nachhaltig unterstützt.

Durch Verbesserungen im Stiftungssteuerrecht sowie zuletzt durch die Reform des Gemeinnützigkeitsrechts im Jahr 2007 hat der Staat auf Einnahmen zu Gunsten gemeinnütziger Stiftungen verzichtet. Jetzt sind die Stiftungen am Zug, um zu zeigen, dass sie tatsächlich langfristige und nachhaltige Entwicklungen im Blick haben. Statt kurzfristige Projekte zu finanzieren, die zumeist auf der bestehenden Infrastruktur aufbauen, sollte die langfristige Sicherung der kulturellen Infrastruktur stärker in den Vordergrund rücken.

Die größte Herausforderung der nächsten Jahre wird darin bestehen, die Solidarität untereinander zu erhalten. Die Demonstrationen um das Schauspielhaus Wuppertal im Frühjahr 2010 sind ein Beispiel wie auch die Solidarisierung der Hamburger Museen mit dem von Schließung bedrohten Museum Altona. Doch was passiert, wenn es neben den Museum in Altona, dem Theater in Wuppertal, dem Kinder- und Jugendtheater in Halle, dem Naturkundemuseum in Leipzig, um immer mehr Kultureinrichtungen geht, die von der Schließung bedroht sind? Kann auf Dauer mit Negativmeldungen Solidarität geschaffen werden?

Von der Mitgliederversammlung des Deutschen Kulturrates im September 2010 gehen zwei Signale aus: Zum einen Solidarität ist wichtig, d.h. die einzelnen künstlerischen Sparten, Einrichtungen und Professionen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Zum anderen plant der Deutsche Kulturrat für den 21.05.2011, dem internationalen „Tag der kulturellen Vielfalt“, einen bundesweiten Aktionstag. An diesem Tag soll auf positive Weise gezeigt werden, was kulturelle Vielfalt bedeutet und es soll deutlich werden, dass diese kulturelle Vielfalt gesichert werden muss. Dieses ist auch ein Signal an die Verantwortlichen in Bund, Ländern und Gemeinden, gemeinsam für das kulturelle Leben in Deutschland einzutreten. Damit das gelingt, brauchen wir alle, die im Kulturbereich engagiert sind.

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