Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, sieht für das Jahr 2006 mehr Schatten als Licht in der Kulturpolitik.

Das herausragende kulturpolitische Ereignis war im Jahr 2006 die Föderalismusreform. Hier haben die Länder darauf gepocht, dass die so genannte Kulturhoheit zum Kern ihrer Eigenstaatlichkeit gehört. Sie haben daher eine Machtverschiebung zu Gunsten der Länder in Fragen der Kulturpolitik angestrebt und durchgesetzt. Erreicht haben die Länder, dass künftig ein Ländervertreter die Bundesrepublik Deutschland im EU-Kulturministerrat vertritt, wenn in der Schul-, der Rundfunk- oder der Kulturpolitik Fragen behandelt werden, die in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fallen. Die Landtagspräsidenten verhandeln zur Zeit, wie die Landtage in diese Entscheidungsprozesse einbezogen werden können, damit die Landesregierungen nicht ohne Einschaltung der Parlamente agieren. Zugleich wurde in diesem Jahr mit Berlin in einem dritten Land das Kulturressort abgeschafft. Nach Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ist nun auch in Berlin der Ministerpräsident zugleich Kulturminister. Die parlamentarische Debatte zu kulturpolitischen Fragen wird damit, das zeigen die ersten Erfahrungen aus Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, deutlich erschwert. Dieses geschieht, obwohl die Länder kulturpolitisch an Gewicht gewonnen haben und damit eigentlich auch der fachliche Abstimmungsprozess der Länder in der Kultusministerkonferenz an Bedeutung zunehmen müsste.

Ihren Machtzuwachs erprobten die Länder bei der angestrebten Fusion der Kulturstiftung des Bundes und der Kulturstiftung der Länder. Sie beharrten darauf, dass mit der Fusion auch die Bedingungen der künftigen Kulturförderung des Bundes geregelt würden. Dabei sollte der Bund, laut dem im Zuge der Föderalismusreform in der Grundgesetzbegründung erwähnten Eckpunktepapier zur Systematisierung der Kulturförderung des Bundes und der Länder, neue Kulturförderungen den Ländern anzeigen, die diese dann genehmigen. Diese mit der Fusion der beiden Stiftungen inhaltlich nicht verbundenen Bedingungen waren für den Bund unannehmbar. Kulturstaatsminister Bernd Neumann, MdB hat daher die Notbremse gezogen. Die Fusion der beiden Stiftungen wurde für diese Legislaturperiode auf Eis gelegt.

Mit dem geplanten Verkauf des Gemäldes von Claude Monet „House of Parliaments" in Krefeld sowie der Handschriften der Badischen Landesbibliothek, Karlsruhe brach ein Damm. Erstmals wurde in größerem Umfang der Verkauf wertvoller Museums- bzw. Bibliotheksbestände von der öffentlichen Hand geplant, um Finanzlücken zu stopfen. Obwohl beide Verkäufe nicht realisiert wurden, ist die Gefahr insgesamt nicht gebannt. Es wurde offenkundig, dass bislang niemand an einen Ausverkauf von öffentlichem Kulturgut gedacht hat und daher die bestehenden Sicherungsmechanismen wie das „Verzeichnis national wertvollen Kulturguts", mit dem der Verkauf in das Ausland verhindert werden kann, nicht für Kulturgut im Besitz der öffentlichen Hand greifen. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.

Gleich zu Beginn des Jahres 2006 legte das Bundesjustizministerium den Zweiten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vor. Enthielt schon der erste Entwurf gravierende Schlechterstellungen für die Künstler, ist der zweite Entwurf noch künstlerfeindlicher. Statt die Künstler in den Mittelpunkt des Gesetzes zur rücken, wird bei den vorgeschlagenen Neuregelungen zur Vergütungsabgabe einseitig die Computerindustrie bevorzugt. Die Anhörungen im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags im November 2006 haben die vom Deutschen Kulturrat formulierte Kritik bestätigt. Jetzt sind die Parlamentarier gefragt, den Gesetzesentwurf des Bundesjustizministeriums zu ändern.

Bei der anstehenden Reform des Gemeinnützigkeitsrechts haben sich glücklicherweise die Sachverständigen des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesfinanzministeriums nicht durchgesetzt. Sie hatten im August 2006 eine massive Einschränkung der Gemeinnützigkeit gefordert, die gerade im Kulturbereich eine deutliche Verschlechterung für ehrenamtlich Engagierte mit sich gebracht hätte. In seinem Maßnahmenkatalog „Hilfen für Helfer" macht der Bundesfinanzminister im Dezember 2006 konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Bürgerschaftliches Engagement. Hier werden die Debatten in der ersten Jahreshälfte 2007 beginnen.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat die 3. Novelle des Künstlersozialversicherungsgesetzes erarbeitet. Ziel ist die Stärkung der Künstlersozialversicherung. Dafür muss die Beitragsgerechtigkeit auf Seiten der Verwerter durch eine bessere Erfassung sichergestellt und die Berechtigung der Versicherten stärker geprüft werden. Die parlamentarische Behandlung wird in der ersten Jahreshälfte 2007 anfangen.

Immer noch in der Warteschleife befindet sich die Verankerung des Staatsziels Kultur im Grundgesetz. Bei der Föderalismusreform wurde das Vorhaben zurückgestellt, weil es föderalismusneutral ist. In der ersten Jahreshälfte 2007 stehen nun Beratungen im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags an.

Dem Kulturstaatsminister Bernd Neumann, MdB ist es im Jahr 2006 gelungen seinen Etat zu steigern und für das Jahr 2007 ebenfalls eine Etatsteigerung zu erreichen. Und auch bei der Auswärtigen Kulturpolitik wurden bei den Haushaltsberatungen im Jahr 2006 für das Jahr 2007 Etatsteigerungen erreicht.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: "Im Jahr 2006 überwogen die Schatten das Licht in der Kulturpolitik. Das Schlimmste wie z.B. der Verkauf der Badischen Handschriften oder aber eine Fusion der Kulturstiftung des Bundes und der Kulturstiftung der Länder unter Aufgabe einer eigenständigen Kulturpolitik des Bundes konnte verhindert werden. Mit den geplanten Reformen der Künstlersozialversicherung und des Gemeinnützigkeitsrechtes zeigt sich für das kommende Jahr Licht am Horizont. Es steht zu hoffen, dass 2007 eine besseres Jahr für die Kulturpolitik wird."

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