Zum Anlass der zehnten Ausgabe der Brennerstudie, die 2011 veröffentlicht und mit Ausweitung auf die Film- und Buchbranche in „Studie zur Digitalen Content-Nutzung (DCN)“ umbenannt wurde, hat der Bundesverband Musikindustrie e. V. aktuell ein Kompendium mit den zentralen Erkenntnissen aus zehn Jahren zusammengestellt. Der Rückblick veranschaulicht das Ausmaß, in dem Musik im vergangenen Jahrzehnt gebrannt, gespeichert oder illegal heruntergeladen wurde. Im Rahmen der Zehn-Jahres-Bilanz wurde erstmals die Gesamtzahl aller illegalen Musik-Downloads in Deutschland auf Track-Basis beziffert, indem die illegal heruntergeladenen Alben zu Einzeltracks umgerechnet wurden. Dabei zeigte sich, dass in diesem Zeitraum insgesamt knapp sieben Milliarden Songs illegal heruntergeladen wurden, 2010 wurde mit 900 Millionen Titeln im Laufe eines Jahres der bislang höchste Wert gemessen.

Dr. Florian Drücke, Geschäftsführer des Bundesverbandes Musikindustrie e. V.: „Die Auswertung zeigt, welche tiefen Spuren der digitale Wandel in der Musikwirtschaft hinterlassen hat. Insgesamt wurde das Umsatzvolumen der Branche im ersten Jahrzehnt der Studie annähernd halbiert. Als Erst- und zugleich Schwerstbetroffene der digitalen Revolution haben wir nicht nur zuerst die Folgen der illegalen Mediennutzung zu spüren bekommen, wir waren mit der Brennerstudie auch die ersten, die die Umsonstversorgung mit Musik konsequent analysiert und dabei immer neue Trends aufgezeigt haben“.

Neben dem kontinuierlichen Aufbau eines legalen Online-Musikangebots, das heute vom Download-Shop bis hin zum Live-Streaming in Deutschland knapp 70 Services umfasst, wurde 2004 vor dem Hintergrund der weiteren Zunahme der illegalen Musik-Nutzung mit der rechtlichen Verfolgung begonnen. Den massenhaften Urheberrechtsverletzungen folgten massenhafte Verfahren: „Als Konsequenz auf die zunehmende illegale Musik-Nutzung wurde beschlossen, die Rechte konsequent zu verteidigen und durchzusetzen und damit der Erosion, die unsere Branche erfasst hatte, entgegenzuwirken“, kommentiert Drücke. Die gegenwärtig in einigen Kreisen vollzogene pauschale Gleichsetzung von Rechtsdurchsetzung mit Rechtsmissbrauch sei inakzeptabel: „Sie zeigt, welche Strecke wir als Gesellschaft noch vor uns haben, um ein breites Bewusstsein dafür zu schaffen, dass gesetzliche Rahmenbedingungen auch im Internet ihre Geltung haben“.

Eine konsequente Haltung, die nicht wirkungslos blieb. Zwar sei die Zahl der illegalen Musik-Downloads auf Trackbasis weiter angestiegen, nicht aber die Anzahl der illegalen Downloader: „Mit etwa drei Millionen Menschen, die in Deutschland noch immer illegale Musik-Angebote im Internet nutzen, bewegen wir uns derzeit auf dem Niveau von 2001. Zwar ist diese Anzahl immer noch zu hoch, aber die Tatsache, dass sie trotz Verdreifachung der Breitbandanschlüsse nicht weiter angestiegen ist, lässt erkennen, dass die Abschreckung ihre Wirkung nicht verfehlt hat“.

Mit Blick auf den nachhaltigen Schutz von Rechten des geistigen Eigentums wurden im Rahmen der Studie auch Fragen zu einem Warnmodell bei Urheberrechtsverletzungen im Internet eingefragt. Nach der DCN-Studie des vergangenen Jahres sind 57 Prozent der Bevölkerung der Meinung, dass Personen, die illegal Medieninhalte anbieten oder herunterladen, ihr Handeln nach einer Verwarnung einstellen würden. Bei den aktiven Usern von Filesharing-Diensten sind sogar 81 Prozent dieser Ansicht. „Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass ein Warnmodell zu einer nachhaltigen Reduzierung der Internet-Piraterie führen kann“, stellt Drücke fest. Darauf deutet auch eine Evaluation des 2010 in Frankreich implementierten Ansatzes zur Eindämmung von Rechtsverletzungen im Internet hin. Seit Versendung der ersten Warnhinweise ging die Nutzung von Filesharing-Systemen (P2P) in Frankreich um 26 Prozent zurück (IFPI/Nielsen), der Verkauf von Einzeltracks bei iTunes stieg um 23 Prozent über das Niveau, das ohne HAPODI erreicht worden wäre (Danaher et al.). Dennoch kann ein Warnmodell allein die aktuelle Piraterie-Problematik nicht lösen, wie Drücke weiter ausführt: „Es muss klar sein, dass das vieldiskutierte Warnmodell nur eine Komponente bei der nachhaltigen Reduzierung von Rechtsverletzungen im Internet sein kann und dass es weiterer flankierender Regelungen bedarf, vor allem auch mit Blick auf Urheberrechtsverletzungen durch Cyberlocker wie Megaupload oder Streaming-Portale wie z.B. kino.to.“

Musik im digitalen Wandel: Eine Bilanz aus 10 Jahren Brennerstudie (pdf)