Laut, skurril und überaus exotisch ging es zu. Dann aber wieder ganz leise, eingängig und voller Gefühl. Da tanzten Pinguine selbstbewusst über die Bühne, die den sportlichen Akteuren, welche sich mutig von Schlagzeugpodesten stürzten, in nichts nachstanden. Unten dann kreischende Fans, die alles für ihre Lieblinge gaben, neben tanzenden Mengen, die sich vom Geist der Musik tragen ließen. Die 19. Final-Ausgabe des bundesweit stattfindenden Local Heroes-Wettbewerbs war ein Abend voller spannender Gegensätze - nicht nur kompositorischer Natur.

„Das Niveau ist insgesamt viel höher als im letzten Jahr“ - die einzelnen Bands viel künstlerischer. Die Botschaft „wir meinen es ernst“ sei stärker zu spüren gewesen als sonst, fasste Jury-Mitglied und Coach Daniel Heerdmann, Inhaber des Labels „tiefdruck-musik“ am Ende des Berliner Semi-Finales Mitte Oktober seine Eindrücke zusammen. Auf Europas größter Jugendmesse, der YOU 2009, haben 13 der talentiertesten Nachwuchsbands Deutschlands ihr Können unter Beweis gestellt. Am vergangenen Samstag folgte im Alten Theater zu Magdeburg nun die Krönung all ihrer Anstrengungen. Heerdmanns Urteil, so viel kann vorweggenommen werden, bewahrheitete sich auch in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts. Sieben vielversprechende Newcomerbands aus der gesamten Bundesrepublik waren am 7. November angetreten: Allesamt zeigten sie eindrucksvoll, dass der Musik-Experte sich nicht getäuscht hatte.

Doch nicht nur der Label-Chef sah sich bestätigt. Auch Dieter Herker, Projektleiter von Aktion Musik/local heroes e.V. hat in diesen Tagen allen Grund zu feiern. Denn er hatte gemeinsam mit seinem Team nicht nur die Ehre, eine, wie die Jury feststellte, besten Finalrunden der Vereinsgeschichte auszutragen, sondern beging zugleich ein rundes Jubiläum. „1989 gab es das erste große Treffen zwischen Ost und West“, blickte Herker auf die Anfänge zurück. Damals sei der Grundstein gelegt worden, der bereits ein Jahr später die Idee zu diesem Wettbewerb und 1991 dann das erste local heroes-Finale folgte. Umso stolzer eröffnete nun auch heuer wieder Magdeburgs Bürgermeister, Dr. Rüdiger Koch das Großereignis, das knapp 1000 Menschen anlockte.

„In Allem noch nen Zacken mehr!“

„Gute Musik, große Erfahrungen aus Workshops und Gigs, tolle Erinnerungen und Spaß“, so fassten die „Neon Pingu Pussys“ aus Werdau bereits kurz nach dem Halbfinale das zusammen, was sich die Band vorgenommen und erwartet hatte. Sicherlich konnten sie damals auch für das Gros ihrer 12 Mitstreiter sprechen. „In Allem noch nen Zacken mehr!“, lautete seitdem ihre Devise. Und in der Tat, an diesem Novemberabend spielten alle jungen Talente erneut auf den Punkt, setzten die Ratschläge aus den vorangegangenen Workshops wunderbar um und wahre „Soundwände“ flogen dem Publikum um die sichtlich glühenden Ohren. Die hoch motivierten Kandidaten, die sich auch hinter den Kulissen prächtig verstanden, sorgten dabei nicht nur für viel Abwechslung in musikalischer Hinsicht und manch originelle wie sportliche Einlage auf der Bühne, sondern vor allem für lautstarke Begeisterungsstürme unter den anwesenden Gästen.

Lange haben alle Anwesenden der Entscheidung an diesem Abend entgegenfiebern müssen. Denn gerockt wurde im Gegensatz zur Show in Berlin, die schon am frühen Abend endete, bis in die Morgenstunden. Schweißtreibend ging es hierbei vor als auch auf der Stage zu. Lauthals wurden alle Nachwuchskünstler von den vielen in Bussen mitgereisten Fans und dem heimischen Publikum angefeuert. Zugaberufe hallten durch den Raum und auch oben auf der Bühne wurde in den jeweils 20 Minuten Spielzeit gefeiert als gäbe es kein Morgen mehr.

„Das Keyboard ist das neue Saxophon“

“Neon Pingu Pussys“ haben sich gemeinsam mit „Bubble Session“ aus Brandenburg, „Elephant Party“ aus Schleswig-Holstein, „Intermediate“ aus Bremen, „Frames“ aus Niedersachsen, „Liquid Lightning“ aus Nordrhein-Westfalen und schließlich „The Drakes“ aus Sachsen-Anhalt in einem kräftezehrenden Wettstreit auf ein Neues „den Arsch abgespielt“. Doch „Musik zu beurteilen ist schwer“, gab schon im vergangenen Jahr das bekannte Jurymitglied Christof Stein-Schneider, Gitarrist von Fury in the Slaughterhouse, zu bedenken. „Sie müssen mich überzeugen“, legte er deshalb als Kriterium für seine Beurteilung fest, was die Jury heuer durch zahlreiche weitere Punkte ergänzte. Fest stand für sie aber von der ersten Beratungsminute an: Das Niveau hat sich im Vergleich zu 2008 noch einmal gesteigert und auch innerhalb dieser Runde gab es einen echten Schub nach vorne. Daneben wurde jedoch auch ein neuer Trend ausgemacht: „Das Keyboard ist das neue Saxophon“, schmunzelte Daniel Heerdmann und spielte damit auf die Tendenz fast aller Teilnehmer an ihrer Musik vermehrt elektronische Elemente hinzuzufügen.

Während die siebenköpfige Fachjury, bestehend aus erfahrenen Musikern, Journalisten und Veranstaltern also intensive Diskussionsrunden über Stilistik, Technik, Bühnenpräsenz und neue Tendenzen abhielten, hatte das Publikum die Qual der Wahl. Zwei Stimmen mussten abgegeben werden, die am Ende zwar nicht über Wohl und Wehe, aber immerhin über einen „Platz auf dem Treppchen“ mitentschieden. Das vorgegebene 40:60-Konzept des Traditions-Contests (40 Prozent für das Publikum, 60 Prozent für die Jury) bewährte sich auch diesmal. Eine leichte Entscheidung war es allerdings nicht. „Musik ist ein Für- und Miteinander“, stellte Moderator Phil, Gitarrist der Gruppe Dario, die Philosophie des Abends heraus. Um Konkurrenz ginge es hier eigentlich gar nicht. Denn alle Beteiligten vereine der Spaß an der Musik und gerade die Menschen hinter den Kulissen von Local Heroes würden jede Menge Herz in diese Sache hängen. Und so galt es, ein weiteres Mal nicht nur den heißbegehrten Titel „Beste Newcomerband 2009“ zu vergeben, sondern darüber hinaus den Publikumsliebling des Abends sowie die Gewinner des diesjährigen Jurypreises zu ermitteln.

Nun hat Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt gewählt: Die Local Heroes 2009 stehen fest: Den Gesamtsieg als auch den Jurypreis räumten „Liquid Lightning“ aus Nordrhein-Westfalen ab. Das Publikum krönte „Bubble Session“ aus Brandenburg zu ihren Lieblingen. Sichtlich überrascht und noch gar nicht fassend, was da gerade mit ihnen geschehen war, nahmen diese ihre Preise entgegen. „Bubble Session“ können sich auf 100 Fan-Shirts, gesponsert von EMP freuen sowie einen Tourbus für eine komplette Woche, der von der Deutschen Rockmusik Stiftung zur Verfügung gestellt wird. „Liquid Lightning“ erhielten gar ein „Komplett-Paket“, wie es die Jury bezeichnete. An sie ging ein Zuschuss zu einer Songproduktion, gestiftet vom Kulturminister Sachsen-Anhalts. Produziert wird der Song von EOR Media Studio. Local Heroes wird diesen im Anschluss 1500 Mal auf CD bannen und im Anschluss im Radio promoten. „Der Song wird sich später bei Amazon, itunes und vielen weiteren Portalen finden“, so die Jury. Das sei eine echte Chance für diese Band weiter voran zu kommen. Die Freude war dementsprechend riesig. Doch am Ende war man sich einig: Sieger, das sind sie alle, weswegen an diesem Abend keine Truppe mit leeren Händen nach Hause ging. Immerhin waren es am Ende genau ihre Talente, die aus 150 Einzelveranstaltungen mit rund 1700 Teilnehmern und 100.000 Besuchern hervorgebracht wurden.

Euphorie gepaart mit außergewöhnlichen Momenten...

... lautete das Resümee für diese abwechslungsreiche Nacht. Angefeuert durch den mitreißenden Support der bekannten Band 4LYN, die den Wettbewerb gebührend beschlossen sowie zahlreiche ehemalige local-heroes-Teilnehmer, die sich heuer erstmals auf einer eigenen Unplugged-Bühne tummelten, liefen sie alle zu wahrer Höchstform auf. Ihnen und ihren Mitstreitern war es gelungen, das Motto von Aktion Musik/local heroes e.V. noch einmal deutlich zu unterstreichen. Denn wie in jedem Jahr, so hieß es auch diesmal: “Ihr spielt die Musik!”

Die Teilnehmer im Überblick:

1. SACHSEN: Neon Pingu Pussys
2. BRANDENBURG: Bubble Session
3. SCHLESWIG-HOLSTEIN: Elephant Party
4. BREMEN: Intermediate
5. NIEDERSACHSEN: Frames
6. NORDRHEIN-WESTFALEN: Liquid Lightning
7. SACHSEN-ANHALT: The Drakes