„Musik als geistiger Widerstand“ lautet das Thema der Antrittsvorlesung samt Konzert des neuen Weimarer Professors für die Geschichte der jüdischen Musik: Prof. Dr. Jascha Nemtsov lädt am Dienstag, 3. Dezember um 19:30 Uhr zu diesem Ereignis in den Festsaal Fürstenhaus ein. Bereits seit Beginn des Sommersemesters 2013 lehrt der Musikwissenschaftler und Pianist am gemeinsamen Institut für Musikwissenschaft der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar und der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Sein Forschungsgebiet umfasst das ganze Spektrum der jüdischen Musiktradition, von zweieinhalb Jahrtausende alten Motiven, den so genannten Tropen, bis hin zur Neuen Jüdischen Schule im 20. Jahrhundert. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei!

Die Antrittsvorlesung wird von einem umfangreichen Musikprogramm begleitet, das Prof. Nemtsov persönlich am Flügel präsentiert. So erklingen, passend zu den Inhalten seines Vortrags, unter anderem eine Sonate von Weimar richtet Professur für die Geschichte der jüdischen Musik einGideon Klein (entstanden 1943 in Theresienstadt), das Werk „Nigun/Arie“ von Jakob Schönberg aus der „Chassidischen Suite“ (Berlin, 1937) und drei Volkstänze von Alexander Weprik (Moskau, 1926). Komplettiert wird das Konzert von einer Uraufführung: Es erklingen Auszüge aus dem Zyklus „24 Präludien und Fugen“ des Komponisten Vsevolod Zaderatsky (komponiert 1937/38 im Gulag). Im Rahmen dieses Abends wird auch die von Jascha Nemtsov im Harrassowitz Verlag (Wiesbaden) herausgegebene Schriftenreihe „Jüdische Musik. Studien und Quellen zur jüdischen Musikkultur“, darunter drei Neuerscheinungen, vorgestellt.

In der Vorlesung geht es primär um die Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts, die wesentlich durch den Totalitarismus geprägt war. Mehrere herausragende Komponisten wurden Opfer des Nationalsozialismus und des Stalinismus. Die entrechteten, isolierten und schließlich der elementaren Lebensvoraussetzungen beraubten Menschen konnten ihrem Widerstandswillen zumeist – wenn überhaupt – nur im Geiste Ausdruck verleihen. Dazu gehörte vor allem die Bewahrung ihrer eigenen Menschlichkeit trotz der unmenschlichen Bedingungen. Einige fanden damals die Kraft, unter diesen Umständen dennoch Musik zu komponieren.

Ermöglicht wurde die Einrichtung der Professur für die Geschichte der jüdischen Musik durch Mittel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Zusammenhang mit dem 2011 neu gegründeten „Zentrum Jüdische Studien Berlin-Brandenburg (ZJS)“. Ein Partner des ZJS ist neben den drei großen Berliner Universitäten auch das Abraham Geiger Kolleg an der Universität Potsdam, das sich der Ausbildung von Rabbinern und jüdischen Kantoren widmet. Die Kantorenausbildung wird durch die in Weimar neu geschaffene Professur für die Geschichte der jüdischen Musik unterstützt und in ein größeres Netzwerk eingebettet. Es ist der erste, voll ausgestattete Lehrstuhl für jüdische Musikgeschichte in Europa.

Prof. Dr. Jascha Nemtsov ist Mitglied des Instituts für Jüdische Studien an der Universität Potsdam und des Editorial Board des Milken Archive of Jewish Music (Santa Monica/New York). Seit 2010 wirkt er zudem als Mitglied des Direktoriums und als Leiter des Kantorenseminars des Abraham Geiger Kollegs (Berlin/Potsdam). Er promovierte 2004 und wurde 2007 habilitiert. Seine wissenschaftlichen Arbeiten konzentrieren sich auf jüdische Musik und jüdische Komponisten im 20. Jahrhundert. Die Ergebnisse seiner Forschungen legte er in fünf Monographien sowie vielen weiteren Publikationen vor. Er hielt Gastvorlesungen und gab Meisterkurse an zahlreichen europäischen Universitäten und Musikhochschulen, in Israel, Kanada und in den USA. Im Sommersemester 2011 übernahm er eine Gastprofessur für jüdische Musik und Kultur an der Universität Lüneburg. Jascha Nemtsov ist neben seinen musikwissenschaftlichen Forschungen auch als Pianist hervorgetreten. Sein besonderes Interesse gilt der Musik jüdischer Komponisten. Bis jetzt nahm Jascha Nemtsov insgesamt 26 CDs mit zahlreichen Weltersteinspielungen auf.

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