Benny Anderson, Charles Aznavour, Pedro Almodovar, James Blunt, Miguel Bose, Patrick Doyle, Bryan Ferry, Robin Gibb, David Gilmour, Julio Iglesias, Maurice Jarré, Marc Knopfler, Michel Legrand, Paco de Lucia, Sir Paul McCartney, Ennio Morricone, Krysztof Penderecki, Nicoal Piovani, Sade, Alejandro Sanz, Caetano Veloso, Gabriel Yared, u.a.
gehören zu den zahlreichen Künstlerinnen und Künstlern, die Anfang Juni Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso um eine Anhörung baten, um ihrer ernste Sorge über eine geplante EU-Entscheidung Ausdruck zu verleihen, die der kulturellen Vielfalt und einem lebendigen, kreativen Musikschaffen in Europa entgegen stehen könnte: es geht um die zukünftige Regelung europaweiter Lizenzierung von Musik!
In einer Sitzung mit dem Kabinett des EU-Präsidenten Barroso am 3. Juli und in einer grundsätzlichen Erklärung bei der anschließenden Pressekonferenz erneuerten Robin Gibb (Bee Gees), Patrick Doyle (Film-Komponist), Laurent Petitgirard (Film- und E-Musikkomponist) und David Ferguson – im Namen des europäischen Komponistendachverbands ECSA (European Composer & Songwriter Alliance) und im Namen der gesamten Gemeinschaft der Kreativschaffenden in Europa – ihr Ersuchen an den EU-Präsidenten:
„Herr Präsident Barroso, jetzt ist der Zeitpunkt, da wir Ihre politische Führung benötigen. Hunderte und tausende Existenzen von UrheberInnen und kleinen und mittleren VerlegerInnen stehen ohne Ihre Hilfe auf dem Spiel. Wir glauben, dass die Strategie der Kommissionspolitik zu einem dauerhaften Schaden für uns alle in Europa – sowohl kulturell, sozialals auch ökonomisch – führen wird. Wir bitten Sie daher auf das Dringlichste, an diesem Punkt der Verhandlungen eine Pause zu gewähren, und wirklich alle Seiten und Interessen der Musikwirtschaft, einschließlich uns, der UrheberInnen von Musik, zu berücksichtigen [
] damit wir gemeinsam mit Ihnen eine positive Richtung für die Wertigkeit der Kreativität des Musikschaffens in einem digitalen Europa formulieren und einschlagen können.“
Zum Hintergrund
Die Kreativschaffenden in Europa haben erfahren, dass die Europäische Kommission erwägt, eine Entscheidung im sog. „CISAC-Case“ herbeizuführen – einer Beschwerdeklage bezüglich eines möglichen Wettbewerbsverstoßes europäischer Verwertungsgesellschaften, denen multinationale Rechtenutzer (wie z.B. global agierende Medienkonzerne) eine wettbewerbsrechtliche Verletzung bei der multi-territorialen Lizenzierung von Musikrechten in den Bereichen Online, Satellit und Kabel vorwerfen. (sogenannte „Statement of Objections“ der EU aus dem Jahre 2006).
„Die EU-Kommission für Wettbewerb,“ so die Autoren weiter, „ empfindet das Prinzip Wettbewerb als die alleinige Lösung aller Probleme und scheint die Verwertungsgesellschaften vorschnell und nachteilig als „Monopole“ zu verurteilen. Wenn, wie es die Wettbewerbskommission vorzuschlagen gedenkt, die nationalen Verwertungsgesellschaften in Europa zum Preiskampf gegeneinander aufgefordert werden, stürzt in Folge das gesamte bewährte System der Rechteverwertung ein: die größten Rechtehalter werden ihr Repertoire aus dem Verwertungsgesellschaften-System herausnehmen und über Exklusiv-Agenturen vermarkten [
] oder sie werden die Rechteverwertung einfach und auf direktem Wege selbst in die Hand nehmen.“
Wenn diese Optionen von der Kommission bestätigt werden würden, würde sich das im höchsten Maße nachteilig und auf ganzer Linie negativ auf die Interessen der Schöpfer von kreativen Leistungen als auch für ihre Verwertungsgesellschaften auswirken. Aber auch die Entwicklung des Online- Marktes würde nicht wirklich begünstigt, denn:
- Für die KomponistInnen und Kreativschaffenden führte dies zu drastischen Einbußen des Einkommens in Europa und weltweit. Zudem würde es den meisten AutorInnen von Musik nicht mehr möglich sein, von der Arbeit als Künstlerin oder Künstler zu leben. Der Konkurrenzkampf zwischen den Verwertungsgesellschaften und das Wettrennen um die potentesten Nutzer und den niedrigsten Preis würden den Wert von Urheberrecht und Vergütung auf ein Minimum reduzieren.
- Für Benutzer (Online-Diensteanbieter, Radio- und Fernsehstationen, etc.) würde dies zu einer weiteren Fragmentierung des Repertoires führen und ein absolutes Durcheinander wie auch eine rechtliche Ungewissheit auf Seiten der Rechtenutzer bezüglich ihrer Lizenzverträge entstehen, die das Recht auf die Verwertung von Musik im Online-Bereich, im Kabelnetz oder in der Satellitenübertragung regeln.
- Für die Öffentlichkeit würde diese Entscheidung den Zugang der VerbraucherInnen zur Musik erschweren und grundsätzlich die Piraterie im Urheberrechtemarkt fördern
- Die nationalen Verwertungsgesellschaften würden in ihrer Fähigkeit deutlich geschwächt, die Interessen der UrheberInnen, die sie vertreten und in deren Auftrag sie als Schnittstelle zu den Nutzern fungieren, zu verteidigen und eine entsprechend angemessene Vergütung für die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken zu verhandeln.
- Im europäischen Onlinemarkt würde dies zu einem großen Schaden europäischer Kulturpolitik führen und einschlägig das Potential verringern, dass Europa echte Kulturgüter jeglichen Wertes für den „Weltkulturmarkt“ kreieren kann.
„Die Verwertungsgesellschaften und ihre Mitglieder – die VerlegerInnen und UrheberInnen, wie auch die Benutzer von Musik – haben seit einigen Jahren, und auch mit Unterstützung der Europäischen Kommission, viel daran gearbeitet, sich der Nachfrage nach Urheberrechtslizenzen in der „Online-Welt“, die grenzüberschreitend funktioniert, anzupassen. Dieses bezieht eine grundlegende Änderung im Bereich der territorialen Rechteverwertung, so wie es bisher gehandhabt und verwaltet wurde, mit ein. Viele bedeutsame Änderungen haben bereits stattgefunden und der Prozess der Entwicklung ist schon im laufenden Gange. Es muss daher die Möglichkeit unterstützt werden, dies stetig, aber in behutsamer Art und Weise fortsetzen zu können, während unbedingt auch all diejenigen mit einbezogen werden müssen, die im Geschäft der Musiklizensierung direkt in ihrer Existenz betroffen sind – die KomponistInnen und AutorInnen – um eben eine solide Grundlage für den Online-Musikmarkt zu erarbeiten“.
So fordern es die Komponistinnen und Komponisten in Europa unter der Federführung ihres europäischen Netzwerkes ECSA (European Composer & Songwriter Alliance) und erklärten dies in ihrem Appell an Kommissions-Präsident Barroso.