Seit einem Jahr berät und begleitet die Themis Vertrauensstelle Betroffene von sexueller Belästigung und Gewalt in den Branchen Film, Fernsehen, Bühne und zieht eine erste positive Bilanz. Die Nachfrage an Unterstützung und Rat ist im ersten Jahr sehr gut angenommen worden.
"Die #MeToo-Debatte ist bei den Verantwortlichen von Film, Fernsehen und Bühne nicht auf taube Ohren gestoßen. Auf Initiative des Schauspielverbandes BFFS hat sich ein breites Bündnis bestehend aus den großen Sendern, ver.di, dem Bühnenverein und den Branchenverbänden – die sowohl die Seite der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmenden vertreten – zusammengeschlossen und eine überbetriebliche und neutrale Beschwerdemöglichkeit geschaffen,“ so Eva Hubert, Vorstand der Themis Vertrauensstelle.
Vor genau einem Jahr hat die Themis die Arbeit aufgenommen und es melden sich täglich Ratsuchende, das sind in der großen Mehrheit Betroffene, um juristische und psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen. Die Vorfälle, die Betroffene schildern, reichen von verbalen Belästigungen bis zu schweren Straftaten wie Vergewaltigungen. Es melden sich aber auch Unternehmen, die Informationen zum Umgang mit Beschwerden oder zu Präventionsmaßnahmen wünschen.
"Die Arbeit des erstens Jahres zeigt, dass die Themis der sichere und geschützte Raum ist, den Betroffene brauchen, um ihre Stimme wiederzufinden“, so das Fazit von Horst Brendel, Vorstand der Themis Vertrauensstelle. "Dennoch ist es den Allermeisten nicht möglich aus der Anonymität herauszutreten und eine Beschwerde an das Unternehmen zu richten. Die Befürchtungen, dass ihnen nicht geglaubt wird oder sie berufliche Nachteile erleiden, sind zu groß. Gerade in Branchen, in denen viele kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse gelten, sehr viele Selbstständige arbeiten und wo starke Abhängigkeitsverhältnisse bestehen, kann der Ruf, ‚schwierig’ zu sein, das berufliche Aus bedeuten“, fügt er hinzu.
Finanziell unterstützt wird dieses Best Practice-Modell von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien Prof. Monika Grütters: "Nach einem Jahr Themis können wir sagen: Die Zeit des Schweigens ist vorbei! Das haben die zahlreichen Gespräche gezeigt, die die Themis-Mitarbeiterinnen inzwischen geführt haben und die bestätigen, wie wichtig es war, eine überbetriebliche Anlaufstelle einzurichten. Themis trägt hoffentlich zu einem Kulturwandel in der Kunst- und Kreativbranche bei und kann so strukturellem Machtmissbrauch entgegenwirken. Deshalb wünsche ich mir sehr, dass künftig auch weitere Verbände und Branchenvertreterinnen und -vertreter aus Kultur und Medien die Vertrauensstelle unterstützen.“
"Da in der Film-, Fernseh- und Theaterbranche oft kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse gelten, hier besonders viele Selbstständige arbeiten und starke Abhängigkeitsverhältnisse bestehen, ist das Angebot einer externen und auch örtlich getrennten Beschwerdemöglichkeit, ein unerlässliches Angebot. Steile Hierarchien, großer Konkurrenzdruck sowie die Tatsache, dass das körperliche Miteinander oftmals Arbeitsgrundlage ist, können Machtmissbrauch in Form von sexueller Belästigung und Gewalt begünstigen,“ beschreibt Bernhard Störkmann, Justiziar des Schauspielverbandes und Initiator der Vertrauensstelle die Motivation hinter der Beteiligung seines Verbandes an der Gründung.
"#MeToo hat die Notwendigkeit für einen Kulturwandel auch an den Theatern und Orchestern offenbart. Es geht dabei unter anderem um respekt- und vertrauensvollen Umgang und um Transparenz. Der Deutsche Bühnenverein verfolgt die Umsetzung des Kulturwandels mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen. In diesem Zusammenhang ist die Arbeit der Vertrauensstelle Themis ein ganz wichtiger Baustein“, unterstreicht der geschäftsführende Direktor des Deutschen Bühnenvereins Marc Grandmontagne.
"Trotz des Vertrauens, dass die vielen Betroffenen der Juristin und der Psychologin, die in der Vertrauensstelle arbeiten, bereits entgegen gebracht haben, stehen wir mit der Aufbauarbeit der Themis gerade erst am Anfang. Vor einem Jahr haben wir gesagt, dass wir Neuland betreten. Und dies wurde durch die Betroffenen bestätigt. Es gibt in der Branche viel Unsicherheit im Umgang mit Grenzüberschreitungen. Die Rechte, die sich aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz ergeben, sind leider nicht genug bekannt. Und auch auf Seiten vieler Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gibt es im Umgang mit Beschwerden viel Informationsbedarf“, ergänzt seine Vorstandskollegin Barbara Rohm.
"Ohne der Evaluierung vorzugreifen, die im November vorliegen wird, hat das erste Jahr Arbeit der Themis Vertrauensstelle gezeigt, dass wir mit dem Angebot für Betroffene genau richtig liegen, es aber in der Branche noch bekannter werden muss. Zusätzlich benötigen wir eine Studie, die das Angebot der Themis auf eine noch solidere Basis stellt. Als nächsten wichtigen Schritt in Richtung Kulturwandel im Umgang mit sexueller Belästigung und Gewalt möchten wir das Thema Prävention auf unsere Agenda setzen“, beschreibt Eva Hubert die künftigen Herausforderungen.
Themis Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt e.V.
Themis-Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt wurde von siebzehn Brancheneinrichtungen der Film-, Fernseh- und Theaterbranche gegründet. Dazu gehören ARD, ZDF, Bundesverband Casting, Bundesverband Regie, Bundesverband Schauspiel, Bundesvereinigung Maskenbild, Deutsche Akademie für Fernsehen, Deutsche Filmakademie, Deutscher Bühnenverein, Interessenverband Synchronschauspieler, Pro Quote Film, Verband der Agenturen, Verband Deutscher Nachwuchsagenturen, Verband Deutscher Filmproduzenten, Allianz Deutscher Produzenten - Film & Fernsehen, Verband Privater Medien, Ver.di.
Namenspatin ist die griechische Göttin Themis; sie tritt für Gerechtigkeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt ein.
Finanziert wird die Vertrauensstelle durch Beiträge öffentlich-rechtlicher und privater Fernsehsender, der Allianz Deutscher Produzenten, der Verwertungsgesellschaft der Auftragsproduzenten und dem Deutschen Bühnenverein. Die Vertrauensstelle Themis erhält öffentliche Förderung von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Prof. Monika Grütters.