Am 18./19. September veranstaltet der Landesmusikrat in Düsseldorf unter dem Titel „Jenseits von Pisa? Lernen mit Sinn(en) und Verstand“ eine Tagung zur musikalischen Bildung im Kindesalter. In den Gesprächsrunden zu „Feldern der Hör-Erfahrung“ wird Prof. Dr. Michael Dartsch zu sondieren versuchen, worum es in der anschließenden Podiumsdiskussion gehen soll: Wie kann man „Allianzen für eine Musikalisierung im frühen Kindesalter“ schaffen? Da der Einfluss von Bildungsinstitutionen auf Kinder in den ersten drei Lebensjahren noch nicht so groß ist, werden Instanzen in den Blick genommen, die für Eltern in dieser Zeit von großer Bedeutung sind: Kinderärzte, Medien, Elterninitiativen, die Arbeit von Familienbildungsstätten, aber auch institutionalisierte Angebote von Musikschulen wie z.B. die „Musikwichtel“ an der Musikschule Bochum für Kinder ab 18 Monaten oder die Initiative „Liedergarten“ des Sängerbunds.

Wenn man in der Breite etwas bewirken will, sind gerade solche Angebote gefragt, die viele erreichen. Daher werden neben der „Sendung mit der Maus“ auch die Zeitschrift „Eltern“ und der Kinderliedermacher Detlev Jöcker vertreten sein. Möglichkeiten und Probleme sollen benannt werden, Eltern und Kinder an praktische Erfahrungen mit Musik heranzuführen. Denn jeder, der Musik macht, weiß, dass Musik über angelesenes Wissen und bloßes Hören nicht vermittelt werden kann. Wie lassen sich aber niederschwellige Angebote für Eltern schaffen, die keinen Zugang zum eigenen Musizieren, auch nicht zum Singen mit ihren Kindern mehr haben? Grundlegend ist dabei zunächst das Bewusstsein, dass Kinder durch den Kontakt mit Musik, das aufmerksame Hören, das Sich-Bewegen zu Musik profitieren. Prof. Dr. Gerd E. Schäfer wird in seinem Vortrag über „Ästhetische Erfahrung als Basis frühkindlicher Bildung“ einige Hinweise hierzu geben können.

Leider ist zu bemerken, dass die verengende Sicht, die durch die Diskussion um die Ergebnisse der PISA-Studie entstanden ist, den ästhetischen Bereich ausklammert und nur die sogenannten Hauptfächer in den Blick nimmt. Dass der Verstand aber nicht im luftleeren Raum arbeitet, sondern an sinnliche Erfahrungen gebunden ist, wird dabei häufig vergessen. Ästhetische Erfahrungen öffnen Kanäle, um das Leben zu erkunden und zu begreifen, sie geben einen Anreiz, um aufmerksam zu sein, um zu handeln, um sich anzustrengen und um Verbindungen und Sinn herzustellen – also nicht zuletzt, um den Verstand zu gebrauchen. Die Komplexität dieser Zusammenhänge lässt vor allem im frühen Kindesalter noch keine Trennung zwischen Lernen, Spielen und „nutzlosem Tun“ oder „Freude am Schönen“ zu.

Je älter Kinder werden, desto bessere Möglichkeiten gibt es, über Tageseinrichtungen für Kinder und über Schulen Angebote für musikalische Erfahrungen zu machen und damit schließlich alle Kinder – auch solche aus in dieser Hinsicht nicht privilegierten Elternhäusern – zu erreichen. In der Realität sieht es aber so aus, dass immer weniger Erzieherinnen einen praktischen Zugang zur Musik haben und selbst das Singen mit den Kindern schwer fällt. In den Schulen fehlen Fachlehrer für Musik, sodass Lehrer mit Musikkenntnissen „fachfremd“ unterrichten oder der Musikunterricht gar nicht stattfindet. Dieses grundlegende Problem ist sicher nicht durch Kooperationen allein zu lösen, aber immerhin ergeben sich hierdurch Möglichkeiten, die manchen Kindern zugute kommen können, vor allem da in Nordrhein-Westfalen durch den Ausbau von offenen Ganztagsgrundschulen in Zukunft verstärkt außerunterrichtliche Musikangebote vorgesehen sind. Noch gibt es nur einzelne Beispiele, von denen einige im zweiten Tagungsteil, der nach dem „Mehrwert durch Kooperationen“ fragt, vorgestellt werden. Diskutiert werden soll hierbei auch, inwieweit sich die Laienmusik mit ihren Musikvereinen vor Ort (wo es vielleicht keine Musikschulen gibt) in diesem Bereich stärker engagieren könnte.

In der abschließenden Podiumsdiskussion werden die vorhandenen Möglichkeiten, Kindern in NRW einen besseren Zugang zu Musik und praktischem Musizieren zu verschaffen, im Gespräch mit Vertretern des Schulministeriums, des Städtetags und des Deutschen Kulturrats noch einmal auf den Prüfstand gestellt. Dabei geht es um Fragen von Qualität und Finanzierbarkeit, um Formen der Zusammenarbeit und Hemmnisse bei der praktischen Umsetzung. Ist ein „Bündnis für Musikerziehung“ in NRW leistbar, das Kinder nicht nur zu unwissenden Konsumenten von Musik macht, sondern zu „Musik-Machern“ und „Musik-Verstehern“?

Aufgrund der begrenzten Platzzahl in den Räumlichkeiten der Villa Horion (Horionplatz 1, gegenüber dem Düsseldorfer Landtag) ist eine Anfrage bei der Geschäftsstelle des Landesmusikrates NRW, ob eine Teilnahme an der Tagung noch möglich ist, dringend erforderlich. Die Tagungsgebühr beträgt für Donnerstag (Tagungsbeginn 14 Uhr) 7,50 EUR, für Freitag 15 EUR, für beide Tage 20 EUR.
Quelle: www.lmr.netzlift.de