Der Dirigent, Komponist, Pianist und Violinist Günter A. Buchwald (69) aus Freiburg wird mit dem diesjährigen Baden-Württembergischen Ehrenfilmpreis ausgezeichnet. Der undotierte Preis wird bei der 27. Filmschau Baden-Württemberg (1. bis 5. Dezember 2021) in Stuttgart vergeben. Mit der Auszeichnung werden Menschen geehrt, die den Medien- und Filmstandort Baden-Württemberg mitgestalten, durch ihre Arbeit nachhaltig unterstützen und einen wichtigen Beitrag zur Wahrnehmung des Standortes auch über die Landesgrenzen hinaus leisten, so das Filmbüro Baden-Württemberg.
Günter A. Buchwald gehört zu den eher stillen Stars im Südwesten, der einer der wenigen weltweit gefragten Stummfilmmusiker ist und in Zusammenarbeit mit internationalen Filmarchiven das Erbe der frühen Filmgeschichte rettet, bewahrt und der Öffentlichkeit zugänglich macht.
Als Solist, mit der von ihm gegründeten Silent Movie Music Company oder großen Orchestern ist der Mitbegründer der Stummfilm-Renaissance seit 1978 ein geschätzter Interpret auf den großen Stummfilmfestivals der Welt. Aus San Francisco, Kyoto, Tampere, Bristol, Zürich oder Wien rufen die Veranstalter in Freiburg an, um Buchwald für große Silent-Movie-Events zu gewinnen. Er schreibt ebenso für restaurierte stumme Klassiker der Universal Studios in Hollywood die Musik oder spielt vor großem Publikum die noch erhaltenen original Kompositionen. Gastspiele in kleinen Filmtheatern im Schwarzwald gehören ebenso zu seinen Herzensprojekten wie etwa die Uraufführung des 'Golem' im Konzerthaus Wien mit Giora Feidman und dem Arditti
Streichquartett. Zuletzt wurde seine Komposition zum restaurierten Klassiker ‚Casanova‘ von Alexander Wolkoff aus dem Jahre 1927 mit dem ‚L’Orchestre National de Lyon‘ von Publikum und Medien in Frankreich stürmisch gefeiert. Sein Repertoire umfasst 3.500 Stummfilme.
Im Rahmen der 22. Filmschau Baden-Württemberg 2016 steuerte Buchwald gemeinsam mit dem Schlagzeuger Frank Bockius die Live-Musik für die Deutschlandpremiere des restaurierten Klassikers 'The Last Warning' aus dem Jahr 1929 bei. Universal in Hollywood favorisierte den Freiburger für diese einmalige Premiere im Carl-Laemmle-Jubiläumsjahr. Im Rahmen der historischen Filmarbeit gibt es auch dank Günter A. Buchwald eine lebendige Pflege des Stummfilms. Der Stummfilmmusiker ist bestens vernetzt mit Archivaren und Filmfestival um die alten Filme wieder ins Kino zu bringen und lebendig zu machen. „Momentan befinden wir uns in einer sehr wichtigen Phase, in der die alten Stummfilmschätze restauriert und digitalisiert werden. Manche Filme sind zwar unwiederbringlich verloren, nur ihre Titel sind noch bekannt“, gibt er zu bedenken. Wenn sich Filmarchive und Stummfilmmusiker nicht gegenseitig animieren würden, wäre mancher Film nicht restauriert worden. Denn die Musiker schaffen eine Öffentlichkeit, um diese Filme einem größeren Publikum bekannt zu machen. Eines, so gestand er bei der Premiere in Stuttgart, würde ihn wirklich interessieren, ob es irgendwo von Carl Laemmles 'Der Glöckner von Notre Dame' noch ein vollständiges Original der Notenblätter gibt.
Günter A. Buchwald war das große Glück vergönnt, noch vielen Zeugen aus der Stummfilmzeit zu begegnen. Auf der Berlinale 1995, wo er in der Retrospektive '100 Jahre Kino' einen Stummfilm von Buster Keaton begleitete, schüttelte ihm hinterher Eleonor Keaton, die Witwe des unvergessenen Stummfilmstars, die Hände. Buchwald traf Charlie Chaplins Kinder oder Jean Darling, das kleine Mädchen mit den weißen Locken aus 'Kleine Strolche'.
Sein Lebens- und Arbeitsmittelpunkt ist und bleibt seine Geburtsstadt Freiburg. Buchwald ist seit 2007 ständiger Gastdirigent des Freiburger Philharmonischen Orchesters, lehrte Musikpädagogik am Jazzcampus der Schweizer Hochschule für Musik Basel und ist Gastdozent für Filmmusik an den Universitäten Zürich und Freiburg. Günter A. Buchwald ist musikalischer Leiter des ‚Bristol Slapstick Silent Festivals‘, wo der ‚Pink Panther‘-Animator Richard Williams in seiner ‚Bristol Band‘ Trompete lange Zeit Trompete spielte. Ausgezeichnet wurde er unter anderem mit dem Reinhold-Schneider-Kulturpreis der Stadt Freiburg, der Goldenen Filmspule der Kommunalen Kinos des Allgäus, dem Preis des Zeltmusikfestivals Freiburg und dem Prix Européens der Regiostiftung Oberrhein.