Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat gestern über urheberrechtliche Ansprüche hinsichtlich einer Tonaufnahme der Oper „Götterdämmerung“ von Richard Wagner entschieden, die im Jahre 1951 bei den ersten Bayreuther Festspielen nach dem Zweiten Weltkrieg unter der Leitung des Dirigenten Hans Knappertsbusch stattgefunden hat.
Der von dem Vorstand des Bayreuther Festspielorchesters in Anspruch genommene Beklagte stellt her und vertreibt Tonträger unter Verwendung dieser Aufnahme. Deren Verwertung ist dem Beklagten von den Orchestermitgliedern nicht erlaubt worden. Der Orchestervorstand hat daher unter Berufung auf die Vorschrift des § 80 Abs. 2 UrhG, nach der Ansprüche der bei Aufführungen mitwirkenden Künstlergruppen wie Chor, Orchester und Ballett durch deren Vorstand geltend gemacht werden, wegen Verletzung der Leistungsschutzrechte der Mitglieder des Festspielorchesters des Jahres1951 Klage auf Unterlassung, Auskunft über die begangenen Verletzungshandlungen und auf Feststellung der Schadensersatzpflicht erhoben. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Der gegenwärtige Vorstand sei zur Geltendmachung der Leistungsschutzrechte der Orchestermitglieder des Jahres 1951 befugt, weil das Bayreuther Festspielorchester als alljährlich zusammentretendes Gremium von Musikern eine auf Dauer angelegte Einrichtung zur Durchführung der Festspiele und deshalb ungeachtet des häufigen Mitgliederwechsels und des Umstands, daß mit den Musikern jeweils nur auf die betreffende Festspielsaison befristete Verträge abgeschlossen würden, ein einheitliches Orchester sei, dessen Vorstand die in § 80 Abs. 2 UrhG eingeräumten Befugnisse zustünden.
Der Bundesgerichtshof hat zwar die Auffassung der Vorinstanzen, daß der gegenwärtige Orchestervorstand grundsätzlich auch zur Geltendmachung von Leistungsschutzrechten der Mitglieder des Orchesters des Jahres 1951 berechtigt sei, bestätigt. § 80 Abs. 2 UrhG sehe aus Gründen der Rechtssicherheit und der Praktikabilität auch im Interesse der einzelnen ausübenden Künstler die einheitliche Wahrnehmung der Rechte durch einen oder mehrere Vertreter der Künstlergruppe vor. Im Hinblick darauf genüge es für die Annahme einer einheitlichen Künstlergruppe im Sinne dieser Vorschrift, daß die jeweils mitwirkenden Orchestermitglieder durch die alljährliche Durchführung der Bayreuther Festspiele miteinander verbunden seien.
Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aber aufgehoben. Hinsichtlich des Anspruchs auf Unterlassung hat er die Klage endgültig abgewiesen, weil die Schutzfrist, nach deren Ende die Rechte der ausübenden Künstler erlöschen, 50 Jahre nach der Aufführung, also zum 31. Dezember 2001 abgelaufen ist. Hinsichtlich der Ansprüche wegen vor dem Ablauf der Schutzfrist begangener Handlungen hat der Bundesgerichtshof die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht hat dem Vortrag nachzugehen, daß die Orchestermitglieder des Jahres 1951 der damaligen Festspielleitung ihre Rechte übertragen hätten. Zur Geltendmachung von etwaigen Verwertungsrechten der Festspielleitung ist der Vorstand des Orchesters nach § 80 Abs. 2 UrhG nicht berechtigt.
Urteil vom 25. November 2004 – I ZR 145/02
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