Was geschieht, wenn man den Sound der Berliner Philharmonie hört und dabei eine gotische Kirche sieht? Das Staatliche Institut für Musikforschung (SIM) der Stiftung Preußischer Kulturbesitz startet eine Versuchsreihe, um Empfindungen beim Hören und Sehen von Musik in unterschiedlichen Umgebungen messen zu können. Im »optoakustischen Forschungslabor« des SIM werden unter anderem das Empfinden von Räumen, ästhetische Eindrücke, audiovisuelle Zuordnungen und entsprechende Gedächtnisleistungen erforscht. In Verbindung mit einer ausbalancierten Versuchsmethodik wird es so möglich sein, zu untersuchen, was der Konzertbesucher sieht, wenn er hört – und umgekehrt. Das Forschungsprojekt zur audiovisuellen Wahrnehmung von Theater- und Konzerträumen ist Teil der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Forschergruppe Simulation and Evaluation of Acoustical Environments (SEACEN). Es wird in Kooperation mit der Technischen Universität Berlin und der RWTH Aachen ausgerichtet.

Außerdem geht eine interaktive Karte online, auf der sich das Berliner Konzertleben zwischen 1880 und 1945 rekonstruieren lässt. Die Karte steht seit heute unter der Domain www.topographie.simpk.de zur Verfügung und verzeichnet etwa 250 historisch-geografische Orte wie Konzertsäle, Ausbildungsstätten, Ministerien, Musikinstrumentenbauer, Musikverlage sowie Wohnorte von Interpreten und Komponisten. Das Topographie-Projekt leistet einen wichtigen Beitrag zur Dokumentation eines noch lückenhaft aufgearbeiteten Forschungsbereiches, die intuitive Bedienung der Karte lädt aber auch zum Stöbern und Entdecken ein. Ausgangsbasis sind Daten, die im Rahmen des SIM-Projekts »Archiv des Konzertlebens« ermittelt wurden, das seit Sommer 2013 am SIM läuft.

Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, würdigte beide Projekte: »Mit dem Virtuellen Konzertsaal betreibt eine SPK-Einrichtung Grundlagenforschung zur Wahrnehmungspsychologie. Noch vor zehn Jahren war es nicht möglich, alle Reize für Augen und Ohren so genau zu untersuchen, wie es jetzt möglich ist. Die Interaktive Karte zum Berliner Konzertleben lässt digital das Klangleben einer der bedeutendsten Musikmetropolen der Welt vom Ende des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts wiedererstehen. Das ist eine wunderbare Möglichkeit für jeden Musikliebhaber, diese Kulturstadt neu zu entdecken.«

Der Direktor des Staatlichen Instituts für Musikforschung, Thomas Ertelt: »Beide Projekte sind gute Beispiele für die Neuausrichtung der Arbeit des Instituts für Musikforschung. Im Mittelpunkt steht nicht mehr die immanente Auseinandersetzung mit musikalischen und musiktheoretischen Quellen, sondern die Wirklichkeit der Musik im Konzertsaal, in Geschichte und Gegenwart. Fragen der Aufführung und Interpretation von Musik werden dabei unter einer Vielzahl von Aspekten historisch und systematisch erforscht.«

Weiterführendes Informationsmaterial unter: http://www.sim.spk-berlin.de/aktuell_1584.html.

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