Viele Wochen mit Demonstrationen für die freien Künstler und Veranstalter, alle angeschlossenen Berufsgruppen und Aktiven sowie weitere, freie Berufsgruppen liegen hinter uns. Wochen, in denen die Betroffenen in diesen schwierigen Zeiten zuerst Berufsverbot hatten und ihnen aktuell trotz Lockerungen weiterhin die Möglichkeit fehlt, ihrem Beruf nachzugehen. Konzerte, Theater und andere Veranstaltungen mit Mindestabstand sind, für den Großteil der bislang frei arbeitenden Aktiven, unmöglich wirtschaftlich durchzuführen.
Ein weiteres Mal haben die STUMMEn KÜNSTLER in der mittlerweile sechsten Dresdner Demonstration auf dem Neumarkt vor dem Lutherdenkmal die dramatische Lage des freien Kulturbetriebes und der Veranstaltungswirtschaft - immerhin einer der größten Wirtschaftszweige in Deutschland! - in die Öffentlichkeit gebracht und für Aufmerksamkeit in Politik und Gesellschaft gesorgt. Diese sechste Dresdner Demonstration wird die letzte vor einer Demo-Sommerpause sein – endete jedoch mit dem dringenden Appell an die Politik, noch VOR der politischen Sommerpause die Weichen in die richtige Richtung zu stellen und die Substanz des freien Kulturbetriebes und der gesamten Veranstaltungswirtschaft zu erhalten.
Nach dem Verlesen eines Grußwortes von Andreas Lutz, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD), starteten die Reden, prominent besetzt, mit David Erler (Sänger). Er hat die erste große und erfolgreiche Petition "Hilfen für Freiberufler und Künstler“ ins Leben gerufen. Erler sandte mahnende Worte an die Bundespolitik und stellte etliche Zitate aus Bundestagsreden und Interviews unterschiedlicher Bundesminister und weiterer Verantwortungsträger auf den Prüfstand. Zu oft werde hier versucht, einzelne Berufsgruppen, Interessenverbände oder Wirtschaftszweige gegeneinander auszuspielen. An zahlreichen Beispielen entlarvte er diese Praktiken als das was sie sind: Ablenkungs- oder Täuschungsmanöver, die unterschiedliche Gruppen schwer von der Krise Betroffener gegeneinander aufbringen sollen anstatt den Finger gemeinsam in die richtige Wunde zu legen: die Politik zu adressieren, die die Maßnahmen zur Bewältigung dieser Krise mit einem möglichst hohen Maß an Gerechtigkeit steuern muss zum Wohl der gesamten (!) Bevölkerung.
Hartmut Ebbing MdB, Kulturpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, war aus Berlin angereist, um seine Solidarität mit der freien Kulturszene zu bekunden und seinen unbedingten Willen zum Engagement für die Kulturszene zum Ausdruck zu bringen. In seiner Funktion und an seinem Platz im Bundestag arbeite er an allen ihm möglichen Stellen daran, die Entscheidungen in eine für die Kulturszene unterstützende Richtung zu bewegen. Trotz dass der Erfolg häufig auf sich warten lasse, werde er seine Unterstützung an jeder möglichen Stelle einbringen und weiter für die Kulturszene kämpfen.
Vor der Kulisse der Dresdner Frauenkirche trat zuletzt der Musiker ans Mikrophon, der deren Wiederaufbau maßgeblich mit initiiert und gestaltet hat: Ludwig Güttler. Er richtete mahnende und deutliche Worte an die Politik auf allen Ebenen. Kultur sei nicht der Zuckerguss, sondern Lebensmittel im wahrsten Sinne des Wortes. Der Schutz der Kultur, der Künstler und damit deren Veranstalter und aller, die an der Verwirklichung von Kulturgenuss im weitesten Sinn beteiligt seien, ist ureigenste Aufgabe politischer Entscheidungsträger. Er forderte umgehende Gespräche, zu denen er auch spät nachts zur Verfügung stehe. In diesen könnten Rahmenbedingungen für Konzerte und sonstige Veranstaltungen festgelegt werden, mit denen auch gearbeitet werden könne und die Kulturszene tatsächlich wieder aktiv werden könne, was mit den aktuellen Hygieneregeln unmöglich sei.
Die Demonstration wurde weiterhin von einem Beitrag des Kabarettisten und Sängers Alexander Pluquett zum Thema "Abstand in der Kunst“, von einer neuen Tanzversion zum Song "Volare“ von Flamencotänzerin Sabine Jordan und von einer Darbietung des Figurentheaters von Cornelia Fritzsche begleitet. Die inoffizielle Hymne der Stummen Künstler – Freude schöner Götterfunken – wurde unter anderem von der Sopranistin Tichina Vaughn gesungen. Der gesamte Demonstrationschor wurde dirigiert von Christian Garbosnik, Dirigent der Staatsoperette Dresden. Die Blechlawine leitete die Veranstaltung mit kraftvollen Beats ein – und beendete sie auch, gemeinsam mit dem kubanischen und seit vielen Jahren in Dresden lebenden Timbalisten Alexis Herrera Estevez.
Kilian Forster, in dieser Demo Moderator und Initiator der Aktion richtete abschließend noch einmal eindringliche Worte an die politischen Akteure in Bund, Land und Kommune. Das Hilfsprogramm der Bundesregierung in Höhe von gesamt 1 Milliarde Euro, von Bundesministerin Grütters als Meilenstein und sichtbares Zeichen der Wertigkeit, die der Kultur beigemessen wird, bezeichnet, stelle in Wahrheit eher ein Bonsai-Programm dar. Dieses habe zum einen den Fokus erneut nicht ausreichend auf den Protagonisten des freien Kulturbetriebes, die am schwersten durch die Krise betroffen sind und bislang am wenigsten Unterstützung erfahren. Zum anderen spreche der Blick auf Summen, die an anderer Stelle für die Kultur ausgegeben werden, wie die Renovierung der Stuttgarter Staatsoper mit Gesamtkosten von ebenfalls 1 Milliarde Euro in der Relation zum aktuellen Hilfsprogramm Bände. Auf der einen Seite die Renovierung eines einzigen Opernhauses – auf der anderen Seite die "Rettung“ des gesamten Kulturbetriebes unter den aktuellen Maßnahmen. Hier ist vielen der Ernst der Lage nicht klar und wohl auch der immense Reichtum unserer Kulturlandschaft, die neben den staatlichen und städtischen Häusern und Einrichtungen besteht, nicht im Blick der dafür zuständigen Ministerin.
Weiterhin mahnt Forster erneut die umgehende Unterstützung der freien Kultur- und Veranstaltungsakteure noch im Sommer und für im Sommer stattfindende kulturelle Tätigkeiten an. Die Bundesmittel zur Unterstützung der Kommunen müssen dringend und umgehend in den mit am härtesten von der Krise betroffenen Kultur- und Veranstaltungsbereich fließen, um den Akteuren im Sommer Unterstützung bei deren Projekten und Aktivitäten zu gewähren. Weitere Aktionen der STUMMEn KÜNSTLER in Dresden sind nach der Sommerpause geplant.
Aktuell finden STUMME-KÜNSTLER-Demonstrationen statt:
Donnerstag, 25. Juni 2020, 17 Uhr – Würzburg, Alter Hafen
Freitag, 26. Juni 2020, 17 Uhr – Augsburg, Rathausplatz