Das größte deutsche Festival für Roots, Folk und Weltmusik hat an diesem Wochenende einen erfolgreichen Neustart gefeiert. Mehr als 20.000 Musikfans kamen im Schnitt täglich ins thüringische Rudolstadt, wo seit Donnerstagabend Bands aus über 40 Ländern auftraten. In den zwei Jahren zuvor war das Festival pandemiebedingt abgesagt worden.

Festivaldirektorin Petra Rottschalk sprach von einem gelungenen 30. Jubiläum und zog eine positive Bilanz: „Wir haben gezeigt, dass die künstlerische Vielfalt und die internationale Ausstrahlung des Festivals ungebrochen sind. Angesichts der Unsicherheit, die durch die Folgen der Pandemie sowie die politische und wirtschaftliche Lage herrscht, war dies ein erfolgreicher Neustart. Auch wenn das Festival seit Jahren zum ersten Mal nicht ausverkauft war, konnten wir unter schwierigen Bedingungen an 2019 anknüpfen.“

Mit Blick auf kurzfristige Probleme wie Absagen wegen Corona-Erkrankungen und drohende Programmverschiebungen durch Flug- und Zugausfälle betonte Co-Chefin Simone Dake: „Es hätte uns deutlich schlimmer treffen können. Es hat sich ausgezahlt, dass wir schon vor Wochen begonnen haben, Flüge und Züge von Künstlern umzubuchen, um mögliche Folgen des teilweisen Reisechos aufzufangen.“

Eine Konzertabsage, die aber kompensiert werden konnte, vier entschuldigte Straßenmusik-Gruppen sowie drei Workshops, die ausfallen mussten, seien eine erträgliche Bilanz, sagte Programmdirektor Bernhard Hanneken. Inhaltlich hob er die geglückte Umsetzung des diesjährigen Länderschwerpunkts zu den Nachfolgestaaten Ex-Jugoslawiens hervor: „Unsere Absicht war es, eine oft unterschätzte Seite der Musik Jugoslawiens in den Vordergrund zu rücken. Die 13 eingeladenen Gruppen boten dem Publikum genau das. In umjubelten Konzerten zeigten sie teils überraschende Facetten und stellten unter Beweis, dass die sieben Staaten mehr zu bieten haben als Blechgewitter und Roma-Folklore.“

Der diesjährige Länderschwerpunkt war schon länger für 2022 geplant. Dass nun 30 Jahre nach dem Zerfall Jugoslawiens erneut Krieg in Europa herrscht, unterstreiche, was für eine Katastrophe wir gegenwärtig erlebten, so die Festivalleitung.

Zu den herausragenden Programmpunkten der über 300 Veranstaltungen gehörte entsprechend am Samstagabend die Premiere eines Ensembles überwiegend ukrainischer Künstlerinnen und Künstler um die Musikerin Mariana Sadovska. Die Beteiligten aus Kyiv, Lviv, Odessa, dem Donbass und anderen Regionen der Ukraine traten in Rudolstadt zum ersten Mal gemeinsam für dieses eigens arrangierte Konzert auf. Einige von ihnen sind nach Beginn des Krieges aus ihrer Heimat geflüchtet, andere leben schon länger in Deutschland.

Bevor das Festival am Abend zu Ende geht, sind noch weitere international bekannte Bands zu erleben, darunter die russische Gruppe Pussy Riot und die Goran Bregović Wedding and Funeral Band. Ein Highlight zum Abschlusstag ist auch das Konzert „Flug der Liebe“: Ein einmaliges Projekt zu Liedern Johann Gottfried Herders, das vom Festival in Auftrag gegeben und unter Leitung des dänischen Musikers Harald Haugaard erarbeitet wurde.

Das nächste Rudolstadt-Festival findet vom 6. bis 9. Juli 2023 statt. Der Länderschwerpunkt des Festivals ist dann Kuba gewidmet.