Was genau macht den Musikstandort Deutschland aus? Welche Städte spielen in diesem Zusammenhang eine Rolle, was charakterisiert sie im Einzelnen? Und welcher Ausschnitt davon kann Besuchern aus dem Ausland realistisch in sieben Tagen präsentiert werden? Diesen Fragen hat sich die Initiative Musik gGmbH angenommen – und unter dem Titel „On Tour in Germany“ eine Journalistenreise organisiert. Mit finanzieller Unterstützung des Auswärtigen Amtes wurden 14 Musikjournalisten aus Japan, China, Südkorea, Indien, Brasilien, den USA, England, Frankreich, Russland, Litauen, den Niederlanden und Polen für eine Woche nach Deutschland eingeladen. In den Städten Köln, Düsseldorf, Hamburg und Berlin sowie auf dem Melt-Festival in Gräfenhainichen wurde ihnen jeweils von lokalen Führern präsentiert, was die Popkultur des jeweiligen Ortes ausmacht. Bei dieser Reise lag der Schwerpunkt auf elektronischer Musik und Independent-Kultur.

„Das Auswärtige Amt unterstützt die Initiative Musik gGmbH aus einem dreifachen Motiv: Förderung des Kulturaustausches, des Deutschlandbildes im Ausland und der außenwirtschaftlichen Interessen. Mit der Einladung internationaler Journalisten zu dem Programm >On Tour in Germany< können sich Effekte in allen drei Bereichen verbinden: Vernetzung der Musikszene, Sympathie- und Imagegewinn, Steigerung des Bekanntheitsgrades und Markterfolgs im Ausland“, sagt Thomas Knaus, Vortragender Legationsrat beim Auswärtigen Amt. „Vorausgesetzt ist, dass die deutsche Rock-, Pop- und elektronische Musik tatsächlich so attraktiv ist, dass sie die eingeladenen ausländischen Experten überzeugt und veranlasst, über ihren Deutschlandbesuch positiv zu berichten. Dass die deutsche populäre Musik zur Weltspitze aufgeschlossen hat, ist die eigentliche These, die in der vergangenen Woche auf dem Prüfstand stand“, so Knaus weiter.

Der Höhepunkt des Tags in Köln war der Besuch des Kompakt-Labels. Hier empfing Kompakt-Gründer Wolfgang Voigt die Journalisten und führte sie persönlich durch das Ladengeschäft, die Studios, das Lager und die Büroräume – und erzählte wissenswertes rund um die Minimal-Techno-Szene Kölns. Zudem besuchten sie unter anderem das Kreativzentrum cc4711, in dem sich zum Beispiel die c/o pop, das Intro-Magazin und Electronic Beats vorstellten.

Pophistorisch sind Düsseldorf und die Band Kraftwerk voneinander untrennbar. Deshalb wurden hier die Besucher zu dem Kling-Klang-Studio, dem privaten Aufnahmestudio Kraftwerks, geführt. Zudem wurden die Gäste bei einem Spaziergang durch die Düsseldorfer Altstadt über die Geschichte der legendären Disko Ratinger Hof und der Vernetzung von Musik und Kunst in der Kneipe Creamcheese in den Siebzigern aufgeklärt. Bei einem Showcaseabend des Düsseldorfer Labels Italic im Salon des Amateurs gab es mit Auftritten von „Stabil Elite“ und „Harmonius Thelonius“ eine Klammer zur Gegenwart.

Natürlich gehören Hamburg und der Hafen eng zusammen: Zu einer Barkassenfahrt durch eben jenen gesellten sich die Musiker von Digitalism dazu und gaben einen kleinen Überblick über die Hamburger Musikszene im Allgemeinen und ihr persönliches Schaffen im Speziellen. Zudem wurden die Gäste durch den beliebten Club Übel und Gefährlich und den noch entstehenden Mojo-Club in dem Gebäude Tanzende Türme geführt und besuchten den Plattenladen des Labels Smallville.

Sven von Thülen, Autor des Buches „Klang der Familie. Berlin, Techno und die Wende“, zeigte den Journalisten die Clubs Tresor und Kater Holzig und erläuterte die Geschichte der Techno-Musik in Berlin seit den Neunzigern. Bei einer Bootstour auf der Spree präsentierten sich die deutschen Bands Me And My Drummer, I Heart Sharks und Douglas Greed mit kurzen Auftritten. Nach einem Besuch der Hansa Studios am nächsten Tag ging es weiter zum Melt-Festival nach Gräfenhainichen. Hier spielten über 40 Musiker aus Deutschland, so dass die Journalisten vor Ort die Möglichkeit hatten, zahlreiche deutsche Acts live kennen zu lernen. Bei einem Besuch des Bauhaus in Dessau wurde zudem die Verbindung zwischen Architektur und Musik hergestellt.

In den einzelnen Städten gab es Meet & Greet´s mit der jeweiligen Musikszene, so dass Kontakte geknüpft und Interviews geführt werden konnten. So trafen die Journalisten während ihrer Reise auf über 150 Musiker, Booker, Label-Mitarbeiter, Verbandsmitglieder und weitere Vertreter der Musikbranche.

„Als Brite und lebenslanger Fan deutscher elektronischer Musik von Stockhausen über Mouse on Mars bis Kraftwerk war für mich diese Reise eine wertvolle und sehr erfreuliche Erfahrung. Solche historischen Orte wie die Hansa-Studios zu besuchen, Wolfgang Voigt in seinem Kompakt-Label persönlich kennen zu lernen oder den weltberühmten Tresorclub von innen zu sehen – das war für mich und meine Arbeit sehr bereichernd“, sagt der britische Musikjournalist John Doran, der für Publikationen wie The Quietus, The Independent oder The Guardian tätig ist.

Die Initiative Musik organisierte zum ersten Mal im Oktober 2011 in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt eine Journalistenreise: Zu den „Berlin Music Days“ wurden sieben internationale Journalisten für fünf Tage nach Berlin eingeladen. “Es wäre toll, wenn das Besucherprogramm des Bundes in Zusammenarbeit mit uns künftig jährlich stattfinden könnte“, so Ina Keßler, Geschäftsführerin der Initiative Musik.