Mit der Gründung eines neuen Kompetenzzentrums, dass sich mit Fragen rund um digitale Editionspraxis beschäftigt, baut das Musikwissenschaftliche Seminar, das in einer Kooperation zwischen der Hochschule für Musik Detmold und der Universität Paderborn besteht, seine Vorreiterrolle auf diesem Gebiet aus.

Nachdem bereits in der Vergangenheit schon Projekte erfolgreich initiiert wurden, wird nun mit der Bündelung der Kompetenzen der drei Hochschulstandorte in Ostwestfalen-Lippe ein Zentrum geschaffen, dass aus namhaften Forschern der Studiengänge Musikwissenschaft, Medienwissenschaft und Informatik besteht. Ausgehend von der weltweit konkurrenzlosen Software Edirom werden mit der Gründung des neuen Kompetenzzentrums „Musik – Edition – Medien“ die Standards neu gesetzt. „Wir können unterschiedliche Fassungen und Varianten, Tonaufnahmen, Bild- oder filmisches Material sowie vielfältigste Dokumente zur Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte integrieren“, erklärt Prof. Dr. Joachim Veit als Sprecher des Kompetenzzentrums.

Für Forschung, Entwicklung und Nachwuchsförderung stehen 1,7 Millionen Euro für drei Jahre bereit. Das Bundesbildungsministerium finanziert das Kompetenzzentrum „Musik – Edition – Medien“ als eines von deutschlandweit drei neuen Zentren für Digitale Kulturwissenschaften. Schon jetzt sind die fast 20 beteiligten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen international gefragte Experten für neue digitale Projekte, für Musikverlage und Bibliotheken: Beratungen, Schulungen und Kooperationen werden im Zentrum weiter ausgebaut.

Geplant ist zudem ein neuer Masterstudiengang „Digital humanities“ mit Beteiligung aller Partner. „Das Zentrum bündelt auf ideale Weise unsere Kompetenzen im IT- und geisteswissenschaftlichen Bereich und verkörpert unseren kooperativen und fachübergreifenden Ansatz“, kommentiert Prof. Dr. Nikolaus Risch, Präsident der Universität Paderborn, den Erfolg der bewilligten Forschungsmittel. Für den Präsidenten der Hochschule OWL, Prof. Dr. Oliver Herrmann, und den Rektor der HfM Detmold, Christian Martin Vogel, ist besonders erfreulich, „dass damit das von beiden Hochschulen gegründete Zentrum für Musik- und Filminformatik schon so rasch neue, herausfordernde Aufgaben in einem größeren Verbund wahrnehmen kann“.

So ein Online-Archiv sei für Musikwissenschaftler nicht nur ein Traum, weil sie losgelöst von Zeit und Raum auf das Material zugreifen und gemeinsam forschen können, „die Digitalisierung der Noten erleichtert den akribischen Vergleich historischer Quellen enorm und eröffnet ganz neue Möglichkeiten, um dem Wandel der Überlieferung nahe zu kommen“, so Joachim Veit. Hatte der Musikwissenschaftler bislang Kopien der unterschiedlichen Fassungen einer Sinfonie oder Oper – und das können auch mal zehn oder mehr sein – auf dem Schreibtisch verteilt, kann er mit der Software jetzt direkt zum gewünschten Takt springen, die auf dem Bildschirm vereinten Fassungen vergleichen, online mit anderen Wissenschaftlern diskutieren und Unterschiede in einer vom Computer umsetzbaren standardisierten Sprache festhalten. Änderungen, die der Komponist an Noten, Betonungen oder Übergängen vorgenommen hat, werden per Mausklick direkt hörbar. Dem Forscherteam ist es aber besonders wichtig, nicht nur Wissenschaftlern weltweit, sondern auch praktischen Musikern, z. B. Dirigenten, die Arbeit künftig zu erleichtern: Sie bekommen einfacheren Zugang zu den Quellen und können ihre Interpretation Takt für Takt mit überlieferten Versionen vergleichen. Ihre Eintragungen im Notenmaterial können sie automatisch vom Computer für die verschiedenen Orchesterstimmen umsetzen lassen – zuvor eine aufwändige manuelle Prozedur.